EIn Elektrofahrzeug lädt an einer Ladestation.

Brief der Spitzenverbände E-Auto-Käufer bangen um ihre Prämie

Stand: 08.12.2022 12:05 Uhr

Einen Antrag auf die Kaufprämie können E-Auto-Besitzer erst nach der Zulassung stellen. Die zuständigen Stellen sollten daher bis Ende des Jahres arbeiten, fordert die Autoindustrie. Denn 2023 ändert sich so einiges.

Von Till Bücker, ARD-Finanzredaktion

Für Verbraucher, die sich kürzlich ein Elektroauto gekauft haben, könnte der Umweltbonus deutlich geringer sein als erwartet oder im schlimmsten Fall sogar komplett wegfallen. Denn für die Höhe der staatlichen Förderung ist nicht das Datum des Kaufvertrages entscheidend, sondern das der Zulassung - was zum Jahresende zu einem Engpass führen könnte. "Uns erreichen aktuell besorgniserregende Meldungen, dass einige Zulassungsstellen schon zur Monatsmitte schließen wollen", schreiben der Verband der Automobilindustrie (VDA), der Verband der Internationalen Kraftfahrzeughersteller (VDIK) und der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) in einem Brief an die kommunalen Spitzenverbände, der tagesschau.de vorliegt. Der Erhalt eines Fahrzeugscheins noch in diesem Jahr dürfte also knapp werden.

Bezuschussung ändert sich ab dem kommenden Jahr

Daher fordern die Spitzenverbände Städte, Kreise und Gemeinden dazu auf, "die Arbeitsfähigkeit der Kfz-Zulassungsstellen auch in den letzten Tagen dieses Jahres aufrechtzuerhalten, damit Fahrzeuge mit alternativen Antrieben noch im laufenden Jahr zugelassen werden können". Nur so könne sichergestellt werden, dass die Kunden in vollem Umfang von der Subvention Gebrauch machen können und nicht leer ausgehen.

Hintergrund des zeitlichen Drucks sind die geänderten Regeln zur Bezuschussung von Elektroautos. Bislang umfasste die deutsche E-Auto-Förderung den 2016 eingeführten Umweltbonus, der sich aus einem staatlichen Anteil und einem Herstelleranteil zusammensetzt, sowie die Innovationsprämie. Diese wurde 2020 ergänzt und verdoppelt den staatlichen Anteil noch einmal. Somit erhielten Käufer eines batteriebetriebenen Wagens abhängig vom Listenpreis des Modells bislang bis zu 9000 Euro, Besitzer von Plug-in-Hybriden bis zu 6750 Euro.

Zwar werden Autos mit E-Antrieb auch über das Jahr 2022 hinaus staatlich gefördert; allerdings wird die Subvention deutlich verringert. Ab 2023 soll laut dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) der Anteil des Bundes an den Fördersätzen für Autos, die weniger als 40.000 Euro kosten, von derzeit 6000 auf 4500 Euro sinken. Für Autos, die einen Nettolistenpreis von 40.000 Euro bis 65.000 Euro haben, soll es künftig nur noch 3000 Euro statt bisher 5000 Euro geben. Dazu kommt noch der Zuschuss vom Hersteller.

Genehmigungsverfahren wird offenbar nicht geändert

Darüber hinaus wird auch der gesamte Fördertopf für die Prämien auf ein bestimmtes Gesamtbudget begrenzt. Für die kommenden zwei Jahre stehen insgesamt 3,4 Milliarden Euro aus dem Klima- und Transformationsfonds (KTF) zur Verfügung. Für 2023 sind 2,1 Milliarden eingeplant, für das Folgejahr 1,3 Milliarden. Ist das Geld weg, endet auch die Förderung. Zudem wird der Zuschuss künftig auf rein batterieekeltrische Fahrzeuge konzentriert - Plug-in-Hybride fallen damit weg.

Der ADAC plädiert aus diesen Gründen schon länger für eine Reservierung der Fördersumme. Für diejenigen, die sich in diesem Jahr noch ein Fahrzeug bestellt haben und mit der hohen Prämie rechnen konnten, sollte es nach Ansicht des Automobilclubs einen Bestandsschutz geben. Außerdem solle in Zukunft die volle Summe schon zum Zeitpunkt der Bestellung bewilligt werden, forderte ADAC-Sprecherin Katrin van Randenborgh bereits im Juli im Gespräch mit tagesschau.de. Die Auszahlung könne dann bei der Zulassung erfolgen, um Missbrauch zu verhindern.

Ende der Woche will das BMWK die neue Förderrichtlinie im Bundesanzeiger veröffentlichen. Trotz der drohenden Probleme bei den Zulassungsbehörden sollen die Genehmigungsverfahren offenbar nicht geändert werden. "Maßgeblich für die Förderung bleibt weiterhin das Datum des Förderantrags, der die Fahrzeugzulassung voraussetzt", sagte eine Sprecherin dem "Handelsblatt". Die Umstellung hätte zu einem großen bürokratischen Mehraufwand geführt.

Jeder fünfte Neuwagen im November mit Elektroantrieb

Für viele Kunden sei eine Zulassung ausgelieferter Fahrzeuge noch vor Jahresfrist also von großer Bedeutung, heißt es von VDA, VDIK und ZDK. Die Automobilwirtschaft bittet die für die Zulassungsstellen zuständigen Gebietskörperschaften deshalb um Unterstützung. "Konkret geht es darum, dass Zulassungsstellen auch bis zum letzten Tag des Jahres Zulassungen bedarfsgerecht, also auch bei größeren Fahrzeugzahlen, umsetzen, auch wenn diese sehr kurzfristig beantragt werden."

Der Aufwärtstrend bei den elektrischen Antrieben hält derweil an: Im November sind in Deutschland nach Angaben des Kraftfahrt-Bundesamts (KBA) fast 58.000 Elektroautos neu zugelassen worden. Das waren 44 Prozent mehr als im Vorjahresmonat. Mehr als jeder fünfte Neuwagen verfügte laut KBA über einen Elektroantrieb - Plug-in-Hybride ausgenommen.

"Der Absatz von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben konnte trotz der anhaltenden Krise gesteigert werden", bestätigen die Spitzenverbände. Zum 1. November seien bereits 1,65 Mio. Elektrofahrzeuge auf Deutschlands Straßen unterwegs. Damit befinde sich die Branche auf dem Pfad zum Ziel der Bundesregierung, bis 2030 15 Millionen Elektro-Pkw auf Deutschlands Straßen zu haben.

E-Auto-Boom in Deutschland könnte bald enden

Nach einer Studie des Center Automotive Research (CAR), über die das "Handelsblatt" heute berichtet, könnte der Boom von Elektroautos in Deutschland jedoch bald enden. Schon jetzt ebbt das Wachstum von reinen Stromern und Plug-in-Hybriden danach merklich ab. Die Zuwachsrate liege derzeit bei 4,5 Prozent. Im Vorjahr waren es laut der CAR-Studie noch 73 Prozent. 2023 und 2024 dürfte der Markt sogar schrumpfen.

Bereits Anfang Dezember hatte Auto-Experte Ferdinand Dudenhöffer prognostiziert, dass sich die Absatzzahlen von 720.000 Autos im laufenden Jahr auf nur noch 362.000 E-Autos 2024 verringern. Damit würde sich auch der Marktanteil der mit Strom betriebenen Automobilen von 27,8 Prozent auf 14 Prozent nahezu halbieren. Wichtige Gründe für den Niedergang seien neben den hohen Strompreisen besonders die Kappung der staatlichen Fördermittel.

Inwiefern die Kürzungen tatsächlich Einfluss auf die Nachfrage nach E-Autos nehmen, bleibt abzuwarten. Doch laut ADAC-Sprecherin van Randenborgh verschwindet damit ein großer Pluspunkt: "Wir gehen davon aus, dass ein Großteil der Käufer sich auch deshalb für ein E-Fahrzeug entschieden hat, weil es die hohe Förderung gab." Dieser Anreiz falle nun ein Stück weit weg. Mit der Fördersumme für 2023 können nach ADAC-Angaben grob überschlagen 460.000 Fahrzeuge gefördert werden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR Aktuell Hörfunk am 10. Juli 2022 um 06:14 Uhr.