Weltkonferenz für Künstliche Intelligenz in Shanghai, China
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Wettbewerb um neue Technologie Wie weit ist China bei Künstlicher Intelligenz?

Stand: 10.07.2023 10:23 Uhr

Auch chinesische Tech-Konzerne bringen sich für das rasant wachsende Milliardengeschäft Künstliche Intelligenz in Stellung. Wie weit sind sie dabei? Und wo sind bislang ihre Grenzen?

Eine Gruppe Roboter, menschengroß, wie aus einem Science-Fiction-Film, tanzt zu traditioneller chinesischer Musik. Das ist einer der Hingucker auf der Weltkonferenz für Künstliche Intelligenz (KI) vergangene Woche in Shanghai. Eine technologische Revolution sei das, verspricht zumindest der Werbespot.

Dabei ist das US-Unternehmen OpenAI, das mit seinem Textroboter ChatGPT die KI-Revolution ins Rollen brachte, gar nicht mit dabei. Dafür aber andere große Tech-Unternehmen vor allem aus den USA und China: Google, Apple, Microsoft, Huawei, Baidu und Tencent. Auch das Weltraumunternehmen SpaceX - und Tesla-Chef Elon Musk, der kürzlich erst in China war, war zur Eröffnung der Konferenz live zugeschaltet.

Sprachmodelle "nicht so ausgereift"

Aus Deutschland angereist ist Jivka Ovtcharova, die Leiterin des Instituts für Informationsmanagement im Ingenieurwesen in Karlsruhe. Wie weit ist China bei den großen Sprachmodellen wie ChatGPT, bei denen man in einem Chat eine Frage eintippt und eine Maschine darauf komplex antwortet?

"Bei der sogenannten chinesischen Art von ChatGPT wir sind nicht so begeistert. Die Sprachmodelle sind noch nicht so weit, die sind nicht so ausgereift", sagt Ovtcharova. "Was wirklich einen sehr guten Eindruck gemacht hat, war mehr das autonome Fahren." Hier habe es in China schon eine ziemlich große Entwicklung gegeben.

Insgesamt sei ihr Eindruck, dass sehr viel über das Thema geredet werde. "Aber etwas wirklich Einzigartiges, Besonderes oder ein ganz typisch chinesisches Produkt habe ich noch nicht gesehen."

Sehr viel Rechenleistung ist nötig

Chinesische Chatbots, die ähnlich wie ChatGPT funktionieren, konnte man sich auf der Konferenz anschauen: zum Beispiel von den großen chinesischen Tech-Konzernen Baidu und Alibaba. Doch Experten wie Cai Hengjin, ein chinesischer Professor für Künstliche Intelligenz an der Universität in Wuhan, sehen in den Sprachmodellen chinesischer Unternehmen noch Luft nach oben im Vergleich zum bislang modernsten Sprachmodell GPT 4.0.

"Soweit ich weiß, gibt es in China Dutzende von Unternehmen, die an großen Sprachmodellen arbeiten, aber nur sehr wenige, die das 3,5er-Niveau erreichen können. Ganz zu schweigen vom 4,0-Niveau", so der Experte. "Die überwiegende Mehrheit der Modelle ist schätzungsweise nicht in der Lage, dieses Niveau zu erreichen."

Cai Hengjin sieht China in der Entwicklung Künstlicher Intelligenz auf Platz 3 hinter den USA und Großbritannien; letzteres, weil Google Deepmind seinen Sitz in London hat. Andere Experten sehen China auf Platz 2. "Der Abstand ist immer noch sehr groß, es sei denn, wir ändern unsere Strategie und folgen nicht mehr der Technologie des Auslands", sagt er.

Der Fachmann ist überzeugt: Falls es chinesischen Unternehmen gelingen sollte, eine Art der Künstlichen Intelligenz zu erfinden, die nicht so viel Rechenleistung braucht wie zum Beispiel ChatGPT, könnten sie aufholen.

Beschränkter Zugang zu Cloud-Diensten?

China ist aktuell von internationalen Computerchip-Restriktionen betroffen. Die USA und andere Länder wie die Niederlande und Japan haben Exportbeschränkungen eingeführt für bestimmte Mikrochips und Maschinen, die Chips herstellen können. Sie wollen so verhindern, dass China Künstliche Intelligenz womöglich im Militär einsetzen könnte.

Antonia Hmaidi vom China-Forschungsinstitut Merics glaubt allerdings, dass chinesische Unternehmen auch Alternativen finden können - ohne so leistungsfähige Chips einzusetzen. Man bräuchte nur mehr davon, mehr Strom, mehr Ressourcen. Außerdem könnten Unternehmen im Internet Rechenleistung mieten. "Das ist teuer, aber man kann das machen", so Hmaidi. Doch die US-Regierung bereitet sich offenbar darauf vor, auch den Zugang chinesischer Unternehmen zu diesen sogenannten Cloud-Computing-Diensten zu beschränken. Das berichtete kürzlich das "Wall Street Journal".

In allen Bereichen seien die Vereinigten Staaten allerdings nicht Vorreiter, sagt Hmaidi. Bei Gesichtserkennung zum Beispiel und spezieller industrieller Anwendungen sei China besser - und bei Social-Media-Algorithmen. "Natürlich ist der TikTok-Algorithmus nach allem, was wir wissen, mit der Beste auf dem Markt."

Kommunistische Partei will die Kontrolle behalten

Auch die Diskussion über Künstliche Intelligenz - die Chancen, Risiken und Gefahren - gibt es in China. Außerdem hat China - ähnlich wie kürzlich die EU - einen Entwurf vorgelegt für staatliche Regulierung: Künstliche Intelligenz solle sicher sein, verstehbar und nicht zu sozialer Destabilisierung beitragen.

Doch hinter letzterem verberge sich in dem autokratisch regierten Einparteienstaat auch ein politisches Eigeninteresse der Kommunistischen Partei, sagt Hmaidi. Es gehe auch darum, dass die Partei die Kontrolle behalte, dass "keine Informationen, mit der die Partei nicht übereinstimmt, geteilt werden".

Das Internet hat die Volksrepublik mit einer strikten Zensur bereits unter Kontrolle gebracht. Sie versucht es auch bei Künstlicher Intelligenz. Chat GPT von OpenAI ist in China nicht verfügbar.