Schild an der Bahn-Konzernzentrale

Ramelow zu Tarifstreit "Die Verantwortung trägt der Bahnvorstand"

Stand: 14.03.2024 11:00 Uhr

Bislang stand in der öffentlichen Debatte über den Bahn-Tarifstreit vor allem die GDL in der Kritik. Thüringens Ministerpräsident Ramelow sieht hingegen in erster Linie die Bahn in der Verantwortung. Das Management müsse "juristisch abrüsten".

Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow war zweimal Schlichter in Tarifkonflikten zwischen der Deutschen Bahn und der Lokführergewerkschaft GDL. Im aktuellen Streit zeigt er Verständnis für das Agieren der GDL.

"Erst wenn der Bahnvorstand begreift, dass ein juristischer Krieg schon verloren ist, indem er ihn begonnen hat, wenn er diesen Teil der Abrüstung mal vornimmt, wird es eine Chance geben, in eine Schlichtung zu kommen", sagte der Linken-Politiker der Nachrichtenagentur dpa. "Die Verlierer in dem Prozess sind die Bahnkunden. Aber die Verantwortung dafür trägt der Bahnvorstand."

Bodo Ramelow

Linken-Politiker Ramelow (Archivbild) argumentiert ähnlich wie GDL-Chef Weselsky und wirft dem Bahn-Management schwere Fehler vor.

Schlichter in den Jahre 2015 und 2017

Ramelow war in den Jahren 2015 und 2017 zusammen mit dem SPD-Politiker Matthias Platzeck Schlichter bei Bahn-Tarifkonflikten. "Ja, als jemand, der die Schlichtung zweimal gemacht hat, hätte ich nicht geglaubt, dass der Bahnvorstand das dritte Mal den gleichen Fehler wieder macht", sagte Ramelow.

Er gehe aber inzwischen davon aus, "dass der Bahnvorstand dabei ist, wieder denselben Scherbenhaufen anzurichten, indem er der Meinung ist, er kann die GDL als Organisation zerstören". Das sei der eigentliche Konflikt. "Und das hat bisher immer zur Solidarität der Lokführer geführt. Die haben sich ihre Organisation nicht kaputt machen lassen", sagte Ramelow.

"Kollektives Arbeitsrecht ist Teil der Demokratie"

Ramelow schließt sich damit einer zentralen Argumentation von GDL-Chef Claus Weselsky an, der dem Bahn-Vorstand vorwirft, einen "Vernichtungsfeldzug" gegen seine Gewerkschaft zu führen. Ramelow sagte dazu in dem dpa-Interview, die Lokführer kämpften um die Existenz ihrer Tariforganisation. "Und der, der versucht, die kaputt zu machen, der treibt diesen Streik immer weiter."

Zur Diskussion über Beschränkungen im Streikrecht sagte Ramelow, die GDL wende Verfassungsrecht an. "Ich weiß nicht, ob wir die Inanspruchnahme eines Verfassungsrechts auf einmal als lästig ansehen, weil dann wird Demokratie auch lästig, dann wird alles lästig, was nicht so optimal läuft." Im Gespräch sind Verschärfungen des Streikrechts, die ausschließlich für Betriebe der kritischen Infrastruktur gelten sollen - etwa, dass Streiks mit einem bestimmten Vorlauf angekündigt werden müssen.

Er habe Verständnis für die Menschen, die unter den Arbeitsniederlegungen litten, so Ramelow. "Keine Reise ist derzeit planbar. Und insofern ist Streik immer ein Eingriff in normale Abläufe des Lebens", sagte Ramelow. GDL-Vorsitzender Weselsky vertrete "den Vertrag, in dem die Regeln drin sind". Kollektives Arbeitsrecht sei Teil der Demokratie.

Kritik an GDL aus Politik und Wirtschaft

Bislang stand hauptsächlich die GDL in der Kritik - vor allem, seitdem Weselsky auf "Wellenstreiks" ohne frühzeitige Ankündigung setzt. Wirtschaftsvertreter bezeichneten die Aktionen als Missbrauch des Streikrechts und als Belastung für den Standort Deutschland. Die Bahn sprach von einer Zumutung für Millionen von Bahnreisenden und die Wirtschaft. Auch Fahrgastverbände kritisierten die Streiktaktik der GDL.

Auch seitens der Politik gab es scharfe Töne in Richtung GDL. Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) bezeichnete den Konflikt als zunehmend nicht mehr nachvollziehbar. "Wer vom Streikrecht Gebrauch macht, der muss auch Verantwortung übernehmen und das heißt konstruktiv verhandeln."

Habeck: "Das können wir uns im Moment nicht leisten"

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck äußerte sich unterdessen kritisch zu den derzeit generell vielen Streiks in Deutschland. Im Moment werde ein bisschen zu viel für immer weniger Arbeit gestreikt beziehungsweise geworben, sagte der Grünen-Politiker. "Und das können wir uns in der Tat im Moment nicht leisten." Konkrete Tarifkonflikte nannte Habeck nicht.

Im festgefahrenen Streit bei der Deutschen Bahn streikt die Lokführergewerkschaft GDL für eine Absenkung der Arbeitszeit auf 35 Stunden pro Woche. Die Bahn hatte einen Kompromissvorschlag der beiden Moderatoren Thomas de Maizière und Daniel Günther akzeptiert. Dieser sah vor, die Arbeitszeit in zwei Schritten auf 36 Stunden zu senken. Die GDL lehnt das ab.

Auch dringt die Bahn laut GDL auf den Wegfall bisheriger Urlaubswahlmodelle. Das wollen die Lokführer nicht akzeptieren. Zudem zeigte sich die Gewerkschaft mit der bislang angebotenen Lohnerhöhung und der Laufzeit des Tarifvertrages unzufrieden: Die vorgeschlagenen 30 Monate seien weiterhin deutlich zu lang.