Eine zerrissene ukrainische Flagge hängt an einem Draht vor einem Wohnhaus, das während des ukrainisch-russischen Konflikts in der südlichen Hafenstadt Mariupol (Ukraine) am 14. April 2022 zerstört wurde.
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Krieg gegen die Ukraine ++ Kiew meldet Abwehr von neun Drohnen ++

Stand: 30.03.2024 22:36 Uhr

Nach Angaben der ukrainischen Luftwaffe wurden in der Nacht neun von zwölf russischen Drohnen zerstört. Nach Ansicht von Altbundespräsident Gauck kann Deutschland mehr für die Ukraine tun. Die Entwicklungen vom Samstag zum Nachlesen.

30.03.2024 • 22:36 Uhr

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Das russische Militär rekrutiert nach Einschätzung britischer Experten pro Monat etwa 30.000 Menschen für seinen Angriffskrieg in der Ukraine. Das ging aus dem täglichen Geheimdienstbericht des Verteidigungsministeriums in London hervor.

Moskau werde so wohl auch weiterhin Verluste bei seinen Soldaten ausgleichen und seine Angriffe in dem Abnutzungskrieg gegen die Ukraine fortsetzen können, hieß es in der auf der Plattform X verbreiteten Mitteilung. Russland hat demzufolge auch hinsichtlich Munition und Ausrüstung weiterhin einen quantitativen Vorteil gegenüber den Ukrainern. 

Westlich der kürzlich von den russischen Angreifern eingenommenen Ortschaft Awdijiwka können die Russen demnach weiterhin schrittweise vorstoßen, so die Mitteilung weiter. Ende März seien mit großer Wahrscheinlichkeit auch die Dörfer Tonenke und Orliwka in die Hände der Russen gefallen. Weitere seien umkämpft. Trotz zahlreicher anhaltender Angriffe an anderen Stellen der Frontlinie schätzen die Briten die russischen Fortschritte in den vergangenen Wochen als gering ein.

Im Osten der Ukraine sind nach Angaben Kiews mindestens zwei Menschen durch russischen Beschuss getötet worden. Die Stadt Krasnohoriwka "stand in der Nacht und am Morgen unter feindlichem Beschuss", teilte der Gouverneur der Region Donezk, Vadym Filaschkin, im Onlinedienst Telegram mit. Eine 70-jährige Frau und ein 73-jähriger Mann seien getötet worden. Filaschkin forderte die dort noch lebenden Zivilisten auf, die Stadt zu verlassen.

Krasnohoriwka liegt direkt an der Frontlinie in der östlichen Region Donezk, die zu mehr als der Hälfte von den russischen Streitkräften kontrolliert wird. In der Nacht von Freitag auf Samstag schoss die ukrainische Luftwaffe nach eigenen Angaben neun von insgesamt zwölf russischen Sprengstoffdrohnen in den Regionen Cherson, Odessa, Dnipropetrowsk und Poltawa ab.

Die ukrainischen Streitkräfte berichten seit Monaten von "schwierigen" Kämpfen an der östlichen Front, da sie mit Munitionsknappheit zu kämpfen haben und Russland unerbittlich Luftangriffe fliegt. Moskau sei Kiew an den Frontlinien um das Sechsfache überlegen, was zu Verlusten an Truppen und Stellungen führe, hatte der kürzlich ernannte ukrainische Armeechef Oleksandr Syrsky gestern gesagt.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat einen langjährigen Mitarbeiter und mehrere Berater entlassen. Gehen muss sein langjähriger Assistent Serhij Schefir, der dem ukrainischen Staatschef seit 2019 gedient hatte, sowie drei Berater und zwei Vertreter des Präsidialbüros, die für Freiwilligenarbeit und die Rechte von Soldaten zuständig waren.

Eine Erklärung lieferte Selenskyj zunächst nicht. In den vergangenen Monaten hatte er mehrfach teils ranghohe Mitarbeiter entlassen. Erst am Dienstag musste Olexij Danilow, Sekretär des Nationalen Rates für Sicherheit und Verteidigung, seinen Posten verlassen.

Die russischen Behörden haben nach eigenen Angaben Tausende Kinder aus der Grenzregion Belgorod evakuiert. "5.000 unserer Kinder sind bereits außerhalb der Region. Gestern kamen 1.300 Kinder in St. Petersburg, Brjansk und Machatschkala an", erklärte der Gouverneur der Region, Wjatscheslaw Gladkow.

In der vergangenen Woche hatten die Behörden angekündigt, 9.000 Minderjährige in andere Regionen bringen zu wollen. Kinder, die in der Region blieben und in grenznahen Gemeinden sowie der Stadt Belgorod lebten, würden ab dem kommenden Monat per Distanzunterricht beschult, erklärte Gladkow. Die wegen der ukrainischen Angriffe geschlossenen Geschäfte dürften erst wieder öffnen, wenn das Personal in erster Hilfe geschult sei und die Fenster gesichert seien.

Bundesfinanzminister Christian Lindner hat davor gewarnt, bei der Unterstützung der Ukraine nachzulassen. "Unser Frieden und unsere Freiheit sind bedroht. Es geht Putin nicht nur um die Ukraine, er will die Friedens- und Freiheitsordnung in Europa verändern", sagte der FDP-Chef dem "Kölner Stadt-Anzeiger". "Er will Macht über uns, um unsere Lebensweise und unseren Wohlstand zu kontrollieren. Wer müde wird, die Ukraine zu unterstützen, weil das zu anstrengend oder zu teuer ist, sollte also die Folgen bedenken. Die Gefahr von Krieg würde näher an uns heranrücken."

Kanzler Olaf Scholz hat die Bereitschaft zur Unterstützung der Ukraine bekräftigt. "Wir alle sehnen uns nach einer friedlicheren Welt", sagte er in einer Videobotschaft anlässlich der Osterfeiertage. Aber Frieden ohne Gerechtigkeit gebe es nicht. "Frieden ohne Freiheit heißt Unterdrückung." Deshalb unterstütze Deutschland die Ukraine "entschlossen und besonnen" in ihrem Kampf für einen gerechten Frieden. Dies geschehe auch im Interesse Deutschlands. Der Frieden in Europa beruhe auf dem Prinzip, dass Grenzen nicht mit Gewalt verschoben werden dürften.

Die Theologin Margot Käßmann hat ihre Forderung nach einer diplomatischen Initiative zur Beendigung des Ukraine-Krieges bekräftigt. Die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland sagte im RBB, sie hoffe auf eine Wende in der öffentlichen Diskussion. Es dürfe nicht ständig nur über Waffen und Waffensysteme gesprochen werden. Vielmehr müsse es darum gehen, wie dieser Krieg beendet werden kann.

"Nur noch mehr Waffen" brächten nach ihrer Überzeugung keinen Frieden. Käßmann betonte jedoch: "Wir sind keine Putin-Versteherinnen und Putin-Versteher." Der Friedensbewegung gehe es darum, dass das Töten ein Ende findet. Jeden Tag würden Soldaten und Zivilisten in diesem Krieg sterben.

"Auf jeden Fall braucht es jetzt doch mal Diplomatie-Strategen statt Militär-Strategen", sagte die frühere EKD-Ratsvorsitzende. Käßmann kritisierte in diesem Zusammenhang auch Aussagen von Verteidigungsminister Boris Pistorius: Sie wolle nicht "kriegstüchtig", sondern "friedenstüchtig" werden.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich via X bei den Rettungskräften, Sanitäterinnen und Sanitätern an der Front bedankt. Diese arbeiteten unter "schwierigsten Bedingungen".

Altbundespräsident Joachim Gauck spricht sich für eine bessere Unterstützung der Ukraine. "Wir sind nicht am Ende unserer Möglichkeiten. Deutschland kann noch mehr tun", sagte er den Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland. Es stimme zwar, dass Deutschland die Ukraine stärker unterstütze als es europäische Nachbarstaaten täten. "Aber gemessen an Wirtschaftsleistung und Bevölkerungsstärke ist etwa der Beitrag der baltischen Länder höher."

"Wer meint, das sei nicht unser Krieg und die Kosten seien zu hoch, der kann ein übles Erwachen erleben", sagte Gauck weiter. "Wenn wir der Ukraine nicht helfen, sich zu verteidigen und den Aggressor zurückzudrängen, dann gerät die europäische Friedensordnung insgesamt ins Wanken - mit unabsehbaren Folgen auch für weitere Länder." Anders als Bundeskanzler Olaf Scholz sieht Gauck nach eigenen Angaben keine deutsche Kriegsbeteiligung bei einer Lieferung von "Taurus"-Marschflugkörpern an die Ukraine. Relevante Völkerrechtler und Militärexperten würden diese auch nicht sehen, sagte Gauck und warnte vor zu großer Ängstlichkeit.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat in der Washington Post in drastischen Worten um Militärhilfe aus den USA geworben. "Wenn es keine US-Unterstützung gibt, bedeutet das, dass wir keine Flugabwehr haben, keine 'Patriot'-Raketen, keine Störsender für die elektronische Kriegsführung, keine 155-Millimeter-Artilleriegeschosse", sagt er der Zeitung. "Das bedeutet, dass wir zurückweichen, uns zurückziehen, Schritt für Schritt, in kleinen Schritten", sagte er. "Wir versuchen einen Weg zu finden, uns nicht zurückzuziehen."

Derzeit gibt es keine neue Militärhilfe für die Ukraine, weil die Republikaner diese im Kongress blockieren.

Die ukrainische Luftwaffe meldet den Abschuss von neun Drohnen bei nächtlichen Angriffen. Insgesamt habe Russland mit zwölf "Shahed"-Flugkörper von der Krim aus gegen Ziele in der Ukraine eingesetzt, schreibt die Zeitung "Kyiv Independent". Zudem habe die russische Armee vier S-300-Raketen auf Ziele in der Region Donezk gestartet. Tote und Verletzte soll es nicht gegeben haben.

Der Rüstungskonzern MBDA fordert schnellere Entscheidungen der Bundesregierung über Aufträge. "Hier können wir in Deutschland wesentlich besser und schneller werden", sagte der Chef der deutschen Konzerntochter, Thomas Gottschild, der Augsburger Allgemeinen. Trotz Verbesserungen gebe es noch viel Potenzial, Rüstungsgüter schneller zu beschaffen. Das Gemeinschaftsunternehmen von Airbus, BAE Systems und Leonardo ist unter anderem Produzent der "Taurus"-Marschflugkörper und von "Patriot"-Flugabwehrraketen.

Gottschild verwies darauf, dass "Taurus"-Flugkörper nicht mehr hergestellt würden, da die Rüstungsbranche nicht ohne Aufträge auf Vorrat produzieren dürfe. Eine Unterbrechung der Produktion sei eine "Herausforderung", sagte der Manager. "Denn unsere Zulieferer, die häufig kleine und mittelständische Unternehmen sind, haben in solchen Fällen ihre Produktion eingestellt." Bei Neuaufträgen müssten sich Zulieferer erst neu aufstellen und beispielsweise Rohstoffe sichern. Engpässe bestünden angesichts weltweit hoher Nachfrage vor allem bei Grundstoffen für Sprengstoffe.

Der ukrainische Armeechef Syrsky fordert dringend mehr Militärhilfe. Russland verfüge über sechsmal mehr Munition als die Ukraine. Experten sprechen von russischen Geländegewinnen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Inforadio am 30. März 2024 um 06:32 Uhr.