Das Weiße Haus in Washington
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Ukraine-Krieg ++ Berater sagen Putin wohl nicht die Wahrheit ++

Stand: 31.03.2022 00:47 Uhr

Nach Einschätzung der US-Regierung bekommt Russlands Präsident Putin von seinen Beratern keine ehrliche Beschreibung der Lage in der Ukraine. Präsident Biden hat Selenskyj weitere Finanzhilfe zugesagt. Die Entwicklungen vom Mittwoch zum Nachlesen.

31.03.2022 • 00:47 Uhr

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Hiermit beenden wir den Liveblog für heute und bedanken uns für Ihr Interesse. Der Liveblog vom Donnerstag hält Sie weiter auf dem Laufenden.

Agrarminister Özdemir sieht keine Versorgungskrise in Deutschland. Der Hunger in der Welt werde aber zunehmen, dafür sorge auch die Klimakrise. In den tagesthemen fordert Özdemir daher eine krisenbeständigere Landwirtschaft.

"Ich rate dringend dazu, die eine Krise nicht gegen die andere Krise ausspielen", Cem Özdemir, Bundeslandwirtschaftsminister

tagesthemen, tagesthemen, 30.03.2022 22:15 Uhr

Indien würde sich nach Angaben aus US-Kreisen einem "hohen Risiko" aussetzen, wenn es seine Käufe von Öl aus Russland jetzt deutlich hochfahre. "Die USA haben keine Einwände dagegen, dass Indien russisches Öl kauft, vorausgesetzt, es kauft es mit einem Preisnachlass", sagt ein Insider der Nachrichtenagentur Reuters. Bedingung sei, dass die Menge nicht wesentlich höher sei als in den Vorjahren. Russlands Außenminister Sergej Lawrow wird zu einem zweitägigen Besuch in Indien erwartet. Das Land hat seit dem Beginn des Krieges am 24. Februar mindestens 13 Millionen Barrel Öl aus Russland gekauft, verglichen mit fast 16 Millionen Barrel im Gesamtjahr 2021.

Die russischen Streitkräfte haben nach US-Angaben mit einem Rückzug von der Zone um die Atomruine Tschernobyl begonnen. Russische Soldaten würden die Gegend verlassen und in das benachbarte Belarus abziehen, sagte ein Vertreter des US-Verteidigungsministeriums. "Wir denken, dass sie gehen. Ich kann nicht sagen, dass alle gegangen sind." Der Pentagon-Vertreter sprach von einer "Neupositionierung" der Streitkräfte.

Russland hatte gestern angekündigt, Militäraktivitäten in der Region um die ukrainische Hauptstadt Kiew und in der Gegend um die Stadt Tschernihiw im Norden der Ukraine deutlich zurückzufahren.

Russlands Präsident Wladimir Putin bekommt von seinen Beratern nach Einschätzung der US-Regierung keine ehrliche Beschreibung der Lage im Ukraine-Krieg. Die Kommunikationsdirektorin des Weißen Hauses, Kate Bedingfield, sagte in Washington unter Berufung auf Geheimdienstinformationen: "Wir glauben, dass er von seinen Beratern nicht richtig darüber informiert wird, wie schlecht das russische Militär agiert und wie die russische Wirtschaft durch die Sanktionen gelähmt wird." Putins hochrangige Berater hätten "zu viel Angst, ihm die Wahrheit zu sagen".

Bedingfield sagte weiter, den Geheimdienstinformationen nach habe sich Putin vom russischen Militär getäuscht gefühlt, was anhaltende Spannungen zwischen dem russischen Präsidenten und seiner militärischen Führung verursache. Konkreter wurde Bedingfield nicht. Auf die Frage, warum die US-Regierung diese Informationen offenlege, sagte sie, dies solle zum Gesamtbild beitragen und zum Verständnis, dass der Angriff auf die Ukraine ein großer strategischer Fehler Russlands sei.

Der Sprecher des US-Verteidigungsministeriums, John Kirby, sagte, es sei Anlass zur Sorge, wenn Putin falsch oder nicht informiert sei über die Vorgänge in der Ukraine. "Es ist sein Militär. Es ist sein Krieg. Er hat ihn gewählt." Die Tatsache, dass der russische Präsident vielleicht nicht alle Zusammenhänge kenne und vielleicht nicht ganz verstehe, in welchem Ausmaß seine Streitkräfte in der Ukraine versagten, sei beunruhigend.

Die Kaukasusregion Südossetien plant eine Volksbefragung über einen möglichen Beitritt zur russischen Föderation. "Natürlich müssen wir das Volk nach seiner Meinung fragen", sagte der Präsident des Gebietes, Anatoli Bibilow, im russischen Fernsehen. Das könne rasch getan werden. "Wie man so schön sagt, ist es eine technische Frage". Er selbst sei überzeugt, dass es ein "jahrhundertealter Traum" des ossetischen Volkes sei, sich Russland anzuschließen.

Russland hatte die Unabhängigkeit der pro-russischen Separatistenregion Südossetien und des benachbarten Abchasiens nach einem kurzen militärischen Konflikt mit Georgien im August 2008 offiziell anerkannt. Seitdem sind russische Streitkräfte dort ständig stationiert.

Russland hat eigenen Angaben zufolge für morgen eine Feuerpause in der umkämpften ukrainischen Stadt Mariupol zur Evakuierung von Zivilisten angeboten. "Russlands Streitkräfte erklären - ausschließlich zu humanitären Zwecken - am 31. März ab 10.00 Uhr (9.00 Uhr MESZ) eine Feuerpause", sagte Generalmajor Michail Misinzew Abend der Agentur Interfax zufolge.

Der vorübergehende Waffenstillstand solle dazu dienen, damit Zivilisten aus der umkämpften Hafenstadt am Asowschen Meer erst ins westlich gelegene Berdjansk und dann weiter nach Saporischschja fliehen könnten. Die ukrainische Seite habe bis um 6.00 Uhr am Morgen (5.00 Uhr MESZ) Zeit, um ihrerseits eine Feuerpause zu erklären und darüber Russland sowie die Vereinten Nationen und das Internationale Rote Kreuz schriftlich zu informieren.

Die Ukraine und Russland hatten sich zuletzt immer wieder gegenseitig beschuldigt, die Flucht von Einwohnern aus Mariupol zu sabotieren.

In den vergangenen 24 Stunden haben sich nach Angaben des Pentagons einige russische Truppen in den Gebieten um Kiew nach Norden in Richtung Belarus bewegt. "Wahrscheinlich etwa 20 Prozent der Truppen", sagte Pentagon-Pressesprecher John Kirby. Die USA betrachteten dies nicht als Rückzug, sondern als einen Versuch Russlands, die Truppen neu zu versorgen, umzurüsten und dann neu zu positionieren. "Wir wissen nicht genau, wohin diese Truppen gehen werden", sagte er. Kirby wies jedoch auf CNN und Fox Business darauf hin, dass Russland einer Eroberung der Donbass-Region Priorität eingeräumt habe. Verteidigungsminister Lloyd Austin und Generalstabschef Mark Milley würden weiterhin versuchen, mit ihren russischen Gesprächspartnern zu sprechen, aber diese hätten nicht geantwortet.

In einem Telefonat mit Bundeskanzler Olaf Scholz hat der russische Präsident Wladimir Putin erklärt, dass sich beim Bezahlen der russischen Gaslieferungen für die europäischen Vertragspartner nichts ändern werde. Das teilte Regierungssprecher Steffen Hebestreit mit.

Putin habe in dem Telefon zwar gesagt, das Gaslieferungen ab dem 1. April in Rubel zu begleichen seien, so Hebestreit. Zugleich habe der russische Präsident aber zugesichert, dass europäische Unternehmen ihre Rechnungen für russisches Gas weiterhin in Euro begleichen können.

Scholz habe dem nun von Putin erläuterten Verfahren nicht zugestimmt, erklärte Hebestreit weiter. Der Kanzler habe "lediglich um schriftliche Informationen gebeten, um das Verfahren genauer zu verstehen".

Die Vertreter der Krimtataren haben die Regierung in Kiew aufgefordert, bei den Verhandlungen mit Moskau auf eine Rückgabe der von Russland annektierten Schwarzmeer-Halbinsel Krim an die Ukraine zu bestehen. "Die Wiederherstellung der territorialen Integrität der Ukraine in ihren international anerkannten Grenzen" - darunter die "autonome Republik" Krim - müsse eine "zwingende Voraussetzung" in den Gesprächen sein, erklärte der Vorsitzende des Medschlis des Krimtatarischen Volkes, Refat Tschubarow. Der Medschlis ist die zentrale Vertretung der Krimtataren.

Die Krimtataren stellten vor der russischen Krim-Annexion 2014 rund zwölf bis 15 Prozent der dortigen Bevölkerung. Das von Moskau organisierte und von der internationalen Gemeinschaft nicht anerkannte Referendum zum Anschluss der Krim an Russland im selben Jahr wurde von den meisten Krimtataren boykottiert. Nach der Krim-Annexion wurde der Medschlis von den russischen Behörden als "extremistisch" eingestuft und verboten. Dutzende Vertreter der Volksgruppe wurden festgenommen. Etwa 30.000 Krimtataren flohen nach der Annexion in andere ukrainische Landesteile. 

Die US-Regierung will der Ukraine weitere finanzielle Unterstützung in Millionenhöhe zukommen lassen. US-Präsident Joe Biden habe seinem ukrainischen Kollegen Wolodymyr Selenskyj in einem Telefonat 500 Millionen US-Dollar (rund 448 Millionen Euro) an direkter Haushaltshilfe zugesagt, teilte das Weiße Haus mit. Beide hätten außerdem darüber gesprochen, wie die USA der Ukraine weiter militärische, wirtschaftliche und humanitäre Hilfe zukommen lassen könnten.

Deutschland wäre im Falle eines Friedensabkommens grundsätzlich bereit, für die Ukraine als Sicherheitsgarant zu fungieren, sagt der Regeirungssprecher. Doch was das genau bedeutet, sagte er nicht - und prompt folgte Kritik.

Die Bundesregierung steht offenbar vor weiteren Waffenlieferungen an die Ukraine. Nach Informationen der "Süddeutschen Zeitung" liegt der Regierung eine Liste mit Rüstungsgütern im Wert von etwa 300 Millionen Euro vor, die kurzfristig an die Ukraine geliefert werden könnten. Dabei handele es sich nicht um Waffen und Ausrüstung aus Beständen der Bundeswehr, sondern um Güter, die die Industrie sofort oder ohne großen Vorlauf liefern könne.

Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht habe "keine Bedenken" gegen die Lieferungen, berichtete die Zeitung unter Berufung auf das Ministerium. Dort werde allerdings darauf verwiesen, dass zuvor der geheim tagende Bundessicherheitsrat darüber entscheiden müsse. Auch sei noch nicht geklärt, wer die Verträge schließt und wer dafür bezahlt. Am Wochenende hatte Ministerin Lambrecht versichert: "Insgesamt gilt: Wir liefern, und wir liefern konsequent."

Russlands Verteidigungsministerium hat eine "Umgruppierung" seiner Truppen bei den ukrainischen Städten Kiew und Tschernihiw bestätigt. "In den Gebieten Kiew und Tschernihiw findet eine geplante Umgruppierung von Truppen statt", sagte Ministeriumssprecher Igor Konaschenkow. Russlands Soldaten hätten dort ihre Hauptaufgaben erfüllt. Das Ziel der Truppenverlegung sei "vor allem der Abschluss der Operation zur vollständigen Befreiung des Donbass".

Nach Gesprächen mit der Ukraine hatte Russland am Dienstag zugesagt, seine Kampfhandlungen bei Kiew und Tschernihiw deutlich zurückzufahren. Die ukrainische Militärführung sprach daraufhin bereits von einer Umgruppierung. Der "sogenannte Truppenabzug" sei eher eine Rotation von Einheiten, mit der die ukrainische Militärführung getäuscht werden solle, teilte der ukrainische Generalstab in der Nacht mit. Auch solle damit das falsche Bild gezeichnet werden, dass der Plan zur Einkesselung Kiews aufgegeben werde.

Die Slowakei weist unter Verweis auf Geheimdienstinformationen 35 russische Diplomaten aus. Das Land werde "das Personal der russischen Botschaft in Bratislava um 35 Personen reduzieren", sagte ein Sprecher des Außenministeriums. "Wir bedauern, dass die russische diplomatische Vertretung nach früheren Ausweisungen russischer Diplomaten in den vergangenen Jahren kein Interesse an einer korrekten Arbeit in der Slowakei gezeigt hat."

Am Dienstag hatten bereits Belgien, die Niederlande, Irland und Tschechien dutzende russische Diplomaten ausgewiesen. Die Länder verwiesen auf Spionageaktivitäten. Moskau kündigte darauf umgehend Vergeltung an. Zuvor hatte das russische Außenministerium bereits die Ausweisung von insgesamt zehn Diplomaten aus den baltischen Staaten Lettland, Estland und Litauen verkündet.

Russlands Präsident Wladimir Putin und Bundeskanzler Olaf Scholz haben sich nach russischen Angaben darauf verständigt, dass Experten der jeweiligen Länder Gespräche über Gaskäufe in Rubel führen sollen. Sie wollten darüber beraten, wie die Zahlung für die russischen Gasexporte in der russischen Währung geleistet werden könnten, berichtet die Agentur Tass unter Berufung auf den Kreml.

Der britische Premierminister Boris Johnson hat einen vollständigen Abzug der russischen Truppen aus der Ukraine zur Voraussetzung für eine Lockerung der gegen Russland verhängten Sanktionen erklärt und zunächst ein Verschärfung der Strafmaßnahmen gegen Moskau gefordert. Eine Lockerung der von den G7-Staaten verhängten Sanktionen im Gegenzug für eine "russische Waffenruhe in der Ukraine" würde Kreml-Chef Wladimir Putin "in die Hände spielen", warnte Johnson im Parlament in London. "Ich bin der Ansicht, dass wir die Sanktionen durch ein rollierendes Programm intensivieren sollten, bis jeder einzelne seiner Soldaten aus der Ukraine abgezogen ist", sagte Johnson. Mit Blick auf die britischen Militärhilfen für die Ukraine kündigte Johnson an, "einen Gang höher zu schalten". 

Bundesarbeitsminister Heil, SPD, zur Perspektive ukrainischer Arbeitskräfte

tagesschau24 16:45 Uhr

UN-Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet hat großangelegte und wahllose Angriffe Russlands in bewohnten Gebieten der Ukraine als "äußerst besorgniserregend" bezeichnet. Sie könnten "Kriegsverbrechen gleichkommen", sagte Bachelet vor dem UN-Menschenrechtsrat in Genf. Bachelet betonte, dass "die massive Zerstörung ziviler Objekte und die hohe Zahl ziviler Opfer stark darauf hindeuten, dass die grundlegenden Prinzipien der Unterscheidung, der Verhältnismäßigkeit und der Vorsorge nicht ausreichend beachtet wurden". Ihr Büro habe seit dem 24. Februar 1189 zivile Todesopfer in der Ukraine bestätigt, darunter 98 Kinder. Sie warnte jedoch, dass die tatsächliche Zahl sicherlich weitaus höher sei.

Der russische Einmarsch in der Ukraine sollte nach Worten eines US-Generals zu einer erneuten Überprüfung der permanenten Präsenz der NATO in Osteuropa führen. Auf die Frage nach der Möglichkeit einer stärkeren dauerhaften Stationierung von US-Soldaten in den baltischen Staaten und andernorts antwortet der Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte in Europa, Tod Wolters: "Das soll sich ändern".

Nach Deutschland hat auch Österreich die Frühwarnstufe für die Gasversorgung ausgerufen. Grund dafür sei die Ankündigung Russlands, dass Gaslieferungen künftig nur noch in Rubel bezahlt werden sollen, teilte das Wiener Bundeskanzleramt mit. Die Frühwarnstufe ist der erste Schritt eines dreistufigen Notversorgungsplans. Damit werde die Überwachung des Gasmarktes noch weiter verschärft, hieß es.

Energielenkungsmaßnahmen, wie etwa Rationierungen, seien vorerst nicht vorgesehen und würden erst ab Stufe drei zum Einsatz kommen. "Wir werden alles dafür tun, um die Gasversorgung in Österreichs Haushalte und Betriebe sicherzustellen", sagte Bundeskanzler Karl Nehammer. Derzeit würden die Gaslieferungen aus Russland uneingeschränkt laufen. Die heimischen Gasspeicher seien zu 13 Prozent gefüllt, was dem Durchschnitt der letzten Jahre entspreche.

"Kiew wird weiter beschossen und auch Irpin ist weiter schwer umkämpft", Norbert Hahn, WDR

tagesschau 17:00 Uhr

Die russische Operndiva Anna Netrebko hat den "Krieg gegen die Ukraine" ausdrücklich verurteilt. In einer über ihren Anwalt verbreiteten Erklärung schrieb Netrebko, ihre Gedanken seien "bei den Opfern dieses Krieges und deren Familien". Gleichzeitig erklärte sie, weder "Mitglied einer politischen Partei" noch "mit irgendeinem Führer Russlands verbunden" zu sein sowie Staatschef Wladimir Putin "in meinem ganzen Leben nur eine Handvoll Mal getroffen" zu haben.

"Ich erkenne und bedauere, dass meine Handlungen oder Aussagen in der Vergangenheit zum Teil falsch interpretiert werden konnten", so Netrebko. Sie habe ansonsten nie finanzielle Unterstützung von der russischen Regierung erhalten. Mehrere Opernhäuser hatten zuletzt Auftritte von Netrebko abgesagt. Sie hatte sich öffentlich gegen den Krieg ausgesprochen - allerdings nicht gegen Putin. Sie hatte im vergangenen Jahr mit einer großen Gala im Kreml in Moskau ihren 50. Geburtstag gefeiert.

Im Kiewer Vorort Irpin sind nach Angaben des Bürgermeisters seit dem Beginn des Ukraine-Kriegs mindestens 200 Menschen getötet worden. "Ich denke, dass ungefähr 200 oder 300 Menschen leider gestorben sind", sagte Oleksandr Markuschin vor Journalisten. Während der heftigsten Kämpfe um die nordwestlich der ukrainischen Hauptstadt gelegene Stadt seien die Toten "einfach in Gärten oder Parks begraben" worden.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Russlands Präsident Wladimir Putin wird nach Angaben aus US-Kreisen von seinen Beratern über den Verlauf des Krieges und die Folgen der westlichen Sanktionen in die Irre geführt. "Wir glauben, dass Putin von seinen Beratern falsch informiert wird, wie schlecht die Leistung des russischen Militärs ist und wie sehr die russische Wirtschaft durch die Sanktionen gelähmt wird", sagt ein Insider unter Berufung auf Geheimdienstinformationen. "Seine hochrangigen Berater haben zu viel Angst, ihm die Wahrheit zu sagen."

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat vor dem norwegischen Parlament gewarnt, dass Russland das Fundament Europas zerstören wolle. Die Zukunft Europas werde jetzt entschieden, sagte er während eines Video-Auftritts vor dem 169 Mitglieder zählenden Storting. Für die Russen gebe es keine verbotenen Ziele, sagte er in Bezug auf die militärischen Aktivitäten Russlands.

Das russische Militär bereitet sich nach Angaben der Ukraine auf eine Wiederaufnahme von Offensiven vor. Die "Invasoren" versuchten insbesondere, ukrainische Einheiten im Osten des Landes einzukesseln, sagt ein Sprecher des ukrainischen Verteidigungsministeriums. Zudem versuchten die russischen Streitkräfte weiter Mariupol und andere Städte einzunehmen. Es sei kein größerer Abzug russischer Truppen aus der Umgebung von Kiew oder Tschernihiw zu erkennen.

Seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine sind laut den Vereinten Nationen mindestens 3.090 Zivilisten verletzt oder getötet worden. Durch Gewalt seien 1.189 Menschen ums Leben gekommen, 1.901 weitere hätten Verletzungen erlitten, teilte das UN-Hochkommissariat für Menschenrechte mit. Unter den Getöteten befinden sich den Angaben zufolge 108 Kinder. Weitere 142 Mädchen und Jungen seien verletzt worden. Die Angaben über zivile Opfer beziehen sich laut dem Hochkommissariat auf den Zeitraum seit Beginn der russischen Invasion am 24. Februar bis Dienstagnacht. Die tatsächliche Zahl der getöteten und verletzten Zivilisten dürfte wesentlich höher liegen, hieß es.

Die Ukraine ist nach russischen Angaben bereit, bei den Gesprächen die Kernforderungen Moskaus zu erfüllen. Russlands Verhandlungsführer sagt weiter, die Position der Regierung in Moskau zum Donbass und zur annektierten Krim bleibe jedoch unverändert. Sollte die Ukraine an ihren Versprechen festhalten, sei die Bedrohung vom Tisch, dass in der Ukraine ein NATO-Stützpunkt entstehe.

Der Bund lässt wegen geringerer Nachfrage weniger Sonderzüge zum dritten bundesweiten Drehkreuz für Ukraine-Flüchtlinge in Cottbus fahren. "Tatsächlich stellen wir seit dem Wochenende fest, dass die Sonderzüge aus Polen nur sehr schwach besetzt sind", sagte der Leiter des Krisenstabs zur Erstaufnahme im Brandenburger Innenministerium, Andreas Keinath. Die Passagierzahlen der Züge nach Cottbus lägen meistens im zweistelligen Bereich.

Die Planung des Bundes sehe nun vor, dass täglich nur noch zwei Sonderzüge aus Breslau nach Cottbus fahren. Von dort werde die Weiterleitung dann überwiegend mit Bussen organisiert. Es führen aber auch Züge nach Hannover ins dortige Verteilzentrum für Geflüchtete.

Geplant war zunächst, dass aus Polen bis zu sechs zusätzliche Züge pro Tag mit Flüchtlingen nach Cottbus kommen sollten. Später wurde mit fünf Zügen gerechnet, rund 1000 Geflüchtete wurden erwartet.

Aus der ukrainischen Regierung kommen nach den jüngsten Gesprächen mit Russland vorsichtig zuversichtliche Signale. "Ich habe einen optimistischen Eindruck von der Verhandlungsrunde in Istanbul", sagt der ukrainische Unterhändler, Mychailo Podoljak, der zugleich Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj ist. Bevor es eine Volksabstimmung über eine Friedensvereinbarung mit Russland geben könne, müsse sich das russische Militär aber auf die Positionen vom 23. Februar zurückziehen. Einen Tag später waren russische Truppen in die Ukraine einmarschiert.

Die Journalistenorganisation "Reporter ohne Grenzen" hat die russischen und die ukrainischen Behörden aufgefordert, die Sicherheit der Medienschaffenden in der Ukraine zu gewährleisten. Die russischen Streitkräfte hätten in den vergangenen fünf Wochen absichtlich auf mindestens acht Berichterstattende oder Medienteams geschossen. "Reporter ohne Grenzen" habe deshalb am 25. März beim Internationalen Strafgerichtshof erneut Beschwerde gegen die russischen Streitkräfte eingereicht - bereits die dritte seit Beginn des Krieges. Geschäftsführer Christian Mihr sagte, dass ein Viertel der seit Jahresbeginn weltweit getöteten Medienschaffenden während des Krieges in der Ukraine ums Leben gekommen seien. Ihre Berichterstattung sei für das Verständnis des Krieges unerlässlich

Deutschland ist im Grundsatz bereit, gemeinsam mit anderen Ländern eine Rolle als Garant für die Sicherheit der Ukraine zu spielen. Voraussetzung sei aber ein entsprechendes Friedensabkommen zwischen der Ukraine und Russland, sagte Regierungssprecher Steffen Hebestreit. Die Bundesregierung bleibe dabei ihrer Linie treu, "dass wir kein militärischer Akteur dieses Krieges werden", betonte er.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj habe Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in mehreren Telefonaten gefragt, ob Deutschland bereit wäre, sich an internationalen Sicherheitsgarantien für sein Land zu beteiligen - "und der Bundeskanzler hat eine generelle Bereitschaft signalisiert", sagte Hebestreit. Für konkrete Zusagen sei es aber noch zu früh, da unklar sei, wie ein mögliches Friedensabkommen aussehen könnte und wie genau die Sicherheitsgarantien definiert seien.

Rund zwei Millionen Kinder sind nach Angaben von Unicef bisher aus der Ukraine geflüchtet. Hinzu kommen 2,5 Millionen Kinder, die innerhalb des Landes vor dem Krieg fliehen mussten, teilte das UN-Kinderhilfswerk mit. Damit sei mehr als jedes zweite Kind nicht mehr in seinem bisherigen Zuhause.

Kinder machen demnach die Hälfte aller Kriegsflüchtlinge aus. Die meisten von ihnen, rund 1,1 Millionen, sind nach Polen geflohen. Unicef warnte - wie auch zuvor bereits die Behörden in Deutschland - vor einem erhöhten Risiko von Menschenhandel und Ausbeutung, dem diese Kinder ausgesetzt seien. Nach offiziellen UN-Angaben wurden bisher mehr als 100 Kinder während der russischen Invasion getötet. Weitere 134 seien verletzt worden. Die Dunkelziffer dürfte aber viel höher liegen.

Sollte Russland im Streit um Energielieferungen tatsächlich den Gashahn zudrehen, hätte das weitreichende Folgen.

Deutschland ist nach Angaben eines Sprechers des Verteidigungsministeriums einer der wichtigsten militärischen Unterstützer der Ukraine. Nach Gewicht liege man bei den Lieferungen wohl auf Platz zwei, nach Wert der Lieferungen auf Platz drei, sagt er. Details will er aber nicht nennen, auch nicht welche Waffentypen Deutschland liefert.

Mit verdeckten Ermittlern und hartem Durchgreifen will die Bundespolizei ukrainische Frauen am Bahnhof Hannover-Messe vor Männern aus dem Rotlichtmilieu schützen. Die Geflüchteten würden schon im Zug von Frankfurt/Oder mit Flyern über das Phänomen der unlauteren Anwerbeversuche hingewiesen, sagte Michael Schuol, Vize-Präsident der Bundespolizeidirektion Hannover.

Es gebe klare Hinweise, dass Personen aus dem organisierten kriminellen Milieu bewusst junge Frauen ansprechen, die im Rotlichtmilieu arbeiten sollten. Außerdem gebe es auch andere Männer, die Anschluss suchten, was strafrechtlich nicht relevant, aber nicht gewollt sei. Der Bahnhof Laatzen und das angrenzende Messegelände von Hannover sind zu einem Drehkreuz zur Verteilung der aus der Ukraine geflüchteten Menschen ausgebaut worden.

In der südukrainischen Hafenstadt Mariupol soll ein Gebäude des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) nach ukrainischen Angaben Ziel russischer Luftangriffe geworden sein. "Die Besatzer haben absichtlich ein IKRK-Gebäude in Mariupol bombardiert", schrieb Ljudmyla Denisowa, Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments, im Messengerdienst Telegram.

Es gebe noch keine gesicherten Informationen, ob bei dem Angriff Menschen getötet oder verletzt wurden. "Feindliche Flugzeuge und Artillerie schossen auf ein Gebäude, das mit einem roten Kreuz auf weißem Grund gekennzeichnet ist, was auf die Anwesenheit von Verletzten oder ziviler oder humanitärer Fracht hinweist", hieß es in der Erklärung von Denisowa.

Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Konfliktparteien als Quelle

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30.03.2022 • 14:08 Uhr

Norwegen liefert weitere Waffen

Norwegen hat die Ukraine mit weiteren Verteidigungswaffen ausgestattet. Den Ukrainern wurden rund 2000 Panzerabwehrhandwaffen vom Typ M72 zur Verfügung gestellt, wie das norwegische Verteidigungsministerium mitteilte. Bereits Anfang März hatte Norwegen rund 2000 Panzerabwehrwaffen sowie Schutzausrüstung in die Ukraine geschickt.

Der ukrainische Generalstab rechnet nicht mit einem großangelegten Abzug russischer Truppen aus Gebieten nahe der Hauptstadt Kiew. Der Gegner habe wegen seiner Verluste wohl nur "vorübergehend das Ziel aufgegeben, Kiew zu blockieren", teilte der Generalstab mit. Stattdessen gruppierten sich die russischen Truppen um und konzentrierten sich auf Angriffe im Osten und Süden der Ukraine.

Bestätigt wurde ein Teilrückzug russischer Einheiten von dem Ort Browary, der östlich der Millionenstadt Kiew liegt. Nach Gesprächen mit der Ukraine am Dienstag hatte Russland angekündigt, seine Kampfhandlungen bei Kiew und der Stadt Tschernihiw zurückzufahren. Die Angaben zum Kampfgeschehen sind nicht unabhängig zu überprüfen.

Nach Angaben des Leiters der Militärverwaltung von Kiew, Olexandr Pawljuk, hat das russische Militär den Beschuss von Gebieten rund um die ukrainische Hauptstadt fortgesetzt. Es habe 30 russische Beschüsse von Wohngebieten und ziviler Infrastruktur in den Regionen Butscha, Browari und Wyschhorod um die Hauptstadt gegeben, sagte Pawlujuk.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Der UN-Menschenrechtsrat hat den Norweger Erik Mose mit der Leitung der Untersuchung zur Aufklärung von Menschenrechtsverletzungen in der Ukraine nach dem russischen Angriff auf das Land beauftragt. Dies teilte das Gremium mit. Der ehemalige Oberste Richter in Oslo war bereits Präsident des Internationalen Strafgerichtshofs für Ruanda und gehörte dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte an. Unterstützung erhält er von Jasminka Dzumhur aus Bosnien-Herzegowina und Pablo de Greiff aus Kolumbien.

Der UN-Menschenrechtsrat hatte Anfang März die Schaffung einer Kommission beschlossen, die mutmaßlichen Verletzungen der Menschenrechte sowie des humanitären Völkerrechts in der Ukraine nachgehen soll. Nur Russland und Eritrea stimmten gegen die Untersuchung, 13 Staaten enthielten sich, darunter Russlands traditionelle Verbündete China, Venezuela und Kuba.

Fünf Wochen nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine sitzen nach Schätzung des Verbandes Deutscher Reeder (VDR) noch immer mindestens 60 Schiffe der internationalen Handelsflotte in Häfen an der ukrainischen Küste fest. Darunter seien auch mehrere Schiffe deutscher Reedereien, teilte der VDR mit. Die Versorgung der Besatzungen mit Lebensmitteln werde zunehmend schwieriger.

"Wir fordern, dass diese Schiffe die Häfen so schnell wie möglich ohne Gefahr eines Angriffs verlassen dürfen", sagte die VDR-Präsidentin Gaby Bornheim. "Die Schiffe müssen freies Geleit bekommen, damit sie mit ihren Crews unbeschadet aus der Kriegszone fahren können." Die Weltschifffahrtsorganisation IMO hatte bereits vor knapp drei Wochen einen "blauen" Seekorridor gefordert, damit Handelsschiffe und ihre Besatzungen das ukrainische Kriegsgebiet verlassen können.

Die Zahl der Todesopfer des russischen Angriffs auf ein Gebäude der Regionalverwaltung in der ukrainischen Stadt Mykolajiw ist nach Angaben der Katastrophenschutzbehörde auf 14 gestiegen. Eine weitere Leiche sei aus den Trümmern geborgen worden und ein Mensch sei in einem Krankenhaus seinen Verletzungen erlegen, teilte die Behörde mit. Der Angriff der russischen Streitkräfte hinterließ am Dienstagmorgen ein klaffendes Loch in dem neunstöckigen Regierungsgebäude. Der Gouverneur der Region gab an, die russischen Truppen hätten gewartet, bis die Menschen zur Arbeit eingetroffen seien, bevor sie das Gebäude angriffen.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Wie ARD-Korrespondent Oliver Mayer-Rüth aus Mykolajiw berichtet, geht man in der Stadt davon aus, dass der populäre Gouverneur das Ziel des Angriffs gewesen sei.

Bei den Gesprächen zwischen der russischen und der ukrainischen Delegation in Istanbul hat es nach Angaben des Kreml keinen "Durchbruch" gegeben. "Im Moment können wir nichts sehr Vielversprechendes oder irgendeinen Durchbruch vermelden", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau. "Es gibt noch viel zu tun", betonte der Sprecher von Staatschef Wladimir Putin.

Peskow bezeichnete es jedoch als "positiv", dass die ukrainische Seite "endlich damit begonnen hat, ihre Vorschläge konkret zu formulieren und schriftlich festzuhalten". Er fügte hinzu: "Wir vermeiden es sorgfältig, öffentliche Erklärungen zum Inhalt" der Themen, die Gegenstand der Gespräche sind, abzugeben, da "wir glauben, dass die Verhandlungen diskret" ablaufen sollten.

Diese Aussagen stehen im Gegensatz zu den weitaus positiveren Äußerungen der russischen Vertreter, die an den Gesprächen am Dienstag in Istanbul teilgenommen hatten. Der Leiter der russischen Delegation, Wladimir Medinski, berichtete nach dem Treffen von "substanziellen Gesprächen" und sagte, dass die "klaren" Vorschläge der Ukraine für ein Abkommen "sehr bald geprüft und dem Präsidenten" vorgelegt werden würden.

Die Umstellung der Zahlungen für russische Gaslieferungen nach Europa von Euro und US-Dollar auf Rubel wird nach Kremlangaben noch nicht am Donnerstag in Kraft treten. Die Lieferung von Gas und die Bezahlung seien getrennte Prozesse, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow. Die Anweisung von Präsident Wladimir Putin, auf Rubel-Zahlungen umzustellen, sei noch nicht für diesen Donnerstag gültig.

Putin will sich an dem Tag mit Vertretern des russischen Gaskonzerns Gazprom und der Zentralbank treffen, um sich über die Stand der Dinge informieren zu lassen. Das angekündigte Treffen und die Weigerung westlicher Staaten, auf Rubel umzustellen, hatte Befürchtungen in Europa ausgelöst, Russland könne die Gaslieferungen zügig einstellen. Auch Peskow hatte gesagt, wenn nicht bezahlt werde, komme kein Gas; Russland sei keine Wohltätigkeitsorganisation.

Russland will wegen der westlichen Sanktionen im Zuge des Krieges in der Ukraine auf Rubel-Zahlungen umstellen, weil das Land nach den Worten Putins mit Euro und US-Dollar nichts mehr anfangen kann.

ARD-Korrespondent Oliver Mayer-Rüth berichtet aus dem südukrainischen Mykolajiw, das nach Tagen relativer Ruhe am Dienstag einen heftigen Angriff russischer Truppen erlebt hatte. Das Ziel soll der populäre Gouverneur gewesen sein.

Oliver Mayer-Rüth, WDR, zzt. Mykolajiw/Ukraine, zur Lage nach einem möglichen Angriff auf den Gouverneur

tagesschau24 12:00 Uhr
30.03.2022 • 12:31 Uhr

Draghi will mit Putin telefonieren

Italiens Ministerpräsident Mario Draghi will am Mittwoch mit Kreml-Chef Wladimir Putin telefonieren. Das bestätigte ein Regierungssprecher. Draghi sprach am Dienstag in einer Fünfer-Runde mit den Staats- und Regierungschefs Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens und der USA am Telefon über die Lage in der Ukraine, wie der Palazzo Chigi mitteilte. Demnach verständigten sich die fünf unter anderem auf eine Unterstützung der laufenden Verhandlungen zwischen den Kriegsparteien, um einen baldigen Waffenstillstand zu erwirken.

Bischof Pawlo Honczaruk von Charkiw wirft den russischen Streitkräften vor, im Ukraine-Krieg gezielte Angriffe auf humanitäre Helfer zu verüben. "Die Russen schauen, wo es Stützpunkte der humanitären Hilfe gibt - und nehmen diese unter Beschuss", sagte er der katholischen Nachrichtenagentur KNA. Darum sei die karitative Arbeit in der ostukrainischen Metropole gefährlich.

Größere Zusammenkünfte wie Gottesdienste seien nicht möglich. "Die Kirchen haben wir verschlossen", so der römisch-katholische Bischof. Die Priester machten stattdessen Hausbesuche, auch in Krankenhäusern. Sie versuchten, mit den Menschen zu sprechen, ihnen zu helfen. "Durch Sakramente, durch Beichte, Kommunion, durch Treffen, Gespräch, durch psychische Stärkung, aber auch durch materielle."

Der Einsatz von Söldnern in der Ukraine aufseiten des russischen Militärs ist nach britischer Einschätzung ein Hinweis auf dessen Schwierigkeiten. Die Verpflichtung der Söldner sei ein beunruhigendes Zeichen, sagte der stellvertretende britische Premierminister Dominic Raab. Sie zeige aber auch, wie abhängig die russischen Streitkräfte von den Kämpfern seien. "Die russische Kriegsmaschinerie, die einen ziemlich furchterregenden Ruf hatte, ist zumindest in der Anfangsphase dieser Kampagne ins Stottern geraten", sagte Raab dem Fernsehsender Sky News.

Westliche Experten schätzten, dass bis zu 1000 Kämpfer des privaten russischen Unternehmens Gruppe Wagner in die Ostukraine entsandt wurden. Moskau versuchte außerdem, Syrer für den Kampf in der Ukraine zu rekrutieren.

In Bremen haben bislang unbekannte Täter eine Hilfsorganisation für ukrainische Kriegsflüchtlinge mit einem Brief bedroht, der eine pulverartige Substanz enthielt. Der verdächtige Brief habe am Dienstagnachmittag im Stadtteil Walle einen größeren Einsatz von Polizei und Feuerwehr ausgelöst, teilte die Polizei mit. In dem Brief habe sich außerdem ein prorussisches Schreiben mit dem Buchstaben „Z“ befunden.

Eine Mitarbeiterin bemerkte den Angaben zufolge eine pulverartige Substanz in einem Brief und alarmierte die Polizei. Der Umschlag sei daraufhin von Spezialisten der Bundespolizei und der Feuerwehr untersucht worden. Die Überprüfung habe ergeben, dass das Pulver nicht gefährlich sei. Die Kriminalpolizei hat die Ermittlungen aufgenommen.

Durch die russische Belagerung der südostukrainischen Hafenstadt Mariupol hat die Ukraine zwischen 30 und 40 Prozent ihrer Metallproduktion verloren. "Die Werke von Mariupol tragen zu mehr als einem Drittel der Stahlproduktion der Ukraine bei", sagte der Generaldirektor des Konzerns Metinvest, Jurij Ryschenkow, beim Fernsehsender Ukrajina 24. Derzeit stehen die Stahlwerke demnach unter Kontrolle ukrainischer Truppen.

Selbst bei einer kompletten Eroberung der Stahlwerke könne Russland diese nicht wieder hochfahren. "Der Absatzmarkt in Russland ist nicht einmal für ihre eigenen metallurgischen Unternehmen groß genug", meinte Ryschenkow. Es fehle zudem an Personal. Eine Kooperation mit den russischen Besatzern komme für das Unternehmen des Milliardärs Rinat Achmetow nicht in Frage.

Großbritannien hat bislang 25.500 Visa für geflüchtete Ukrainer ausgestellt. Das geht aus Daten des Innenministeriums hervor. Bei inzwischen mehr als vier Millionen Geflüchteten steht die britische Regierung unter Druck, mehr Ukrainer aufzunehmen

Das russische Militär hat nach eigenen Angaben mit Boden-Boden-Raketen zwei Munitionslager im ostukrainischen Gebiet Donezk zerstört. In dem Ort Kamjanka habe die ukrainische Armee Munition für ihre Raketenartillerie gelagert, sagte der Sprecher des Verteidigungsministeriums. Insgesamt seien binnen 24 Stunden 64 militärische Objekte der Ukraine zerstört worden. Dazu rechnete Sprecher Igor Konaschenkow auch einen Stab ukrainischer Spezialkräfte im Gebiet Mykolajiw. Die Angaben über das Kampfgeschehen sind nicht unabhängig überprüfbar.

Die Ukraine habe auch drei Flugabwehrsysteme der Typen S-300 und Buk verloren, sagte Generalmajor Konaschenkow. Außerdem hätten russische Raketen, die von Flugzeugen abgefeuert wurden, Treibstofflager bei Starokostjantyniw und Chmelnizki im Westen der Ukraine getroffen. Dies deckt sich mit ukrainischen Angaben über Raketenangriffe in der Region.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Deutschlandweit können derzeit mindestens 20.205 geflüchtete Kinder und Jugendliche aus der Ukraine allgemeinbildende und berufsbildende Schulen besuchen. Wie die Kultusministerkonferenz (KMK) weiter mitteilte, will sie statistische Informationen dazu nun in einem wöchentlichen Rhythmus auf ihrer Website veröffentlichen.

KMK-Präsidentin Karin Prien erklärte dazu, durch Sammlung der Länderdaten werde das Gremium eine transparente und bundesweite Datengrundlage aufbauen. Dies sei eine wichtige Voraussetzung, um weitere Maßnahmen effizient zu koordinieren.

Die Zahl der aus der Ukraine geflüchteten Menschen hat die Marke von vier Millionen überschritten. Seit dem Beginn der russischen Invasion am 24. Februar haben 4,02 Millionen Menschen das Land verlassen, wie das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR meldete. Zusätzlich sind nach Schätzungen der Vereinten Nationen rund 6,5 Millionen Menschen innerhalb der Ukraine auf der Flucht.

Die weitaus größte Zahl der ins Ausland Geflüchteten (2,34 Millionen) sind bislang in Polen gezählt worden, gefolgt von Rumänien (609.000). In Moldau, Ungarn und der Slowakei sind ebenfalls Hunderttausende angekommen. In Deutschland wurden mehr als 280.000 Ankommende gezählt. Da es keine festen Grenzkontrollen gibt und Menschen mit ukrainischem Pass für 90 Tage visumsfrei einreisen können, dürfte die Zahl der Geflüchteten aus der Ukraine in Deutschland insgesamt tatsächlich deutlich höher liegen.

Die Aussichten für die wirtschaftliche Entwicklung Deutschlands haben sich durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine nach Einschätzung der sogenannten Wirtschaftsweisen "drastisch" verschlechtert. Wie der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung am Mittwoch mitteilte, wird für das Jahr 2022 nun lediglich noch ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) um 1,8 Prozent erwartet. Im Herbst waren die Wirtschaftsweisen noch von 4,6 Prozent Wachstum ausgegangen.

Russland verlegt der Ukraine zufolge Truppen vom Norden des Landes in den Osten, um dort ukrainische Truppen einzukesseln. Einige russische Soldaten blieben in der Nähe der Hauptstadt Kiew, sagte Olexij Arestowytsch, ein Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj, im Fernsehen. Dies solle verhindern, dass die Ukraine ihrerseits Truppen in den Osten verlagere.

In der belagerten Stadt Mariupol sind nach ukrainischen Behördenangaben zahlreiche Menschen aus einer Entbindungsstation nach Russland verschleppt worden. "Mehr als 70 Personen, darunter Frauen und medizinisches Personal, wurden von den Besatzern der Entbindungsstation Nr. 2 gewaltsam abtransportiert", erklärte die Stadtverwaltung der südukrainischen Hafenstadt im Messengerdienst Telegram. 

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Insgesamt seien bereits mehr als 20.000 Einwohner von Mariupol "gegen ihren Willen" nach Russland gebracht worden. Russen hätten ihnen die Papiere abgenommen und sie "in weit entfernte russische Städte" gebracht, erklärte die Stadtverwaltung. Die Informationen sind von unabhängiger Seite nicht überprüfbar, da Mariupol seit Ende Februar belagert wird und die Kommunikation zusammengebrochen ist.  Am 9. März waren eine andere Entbindungsstation und ein Kinderkrankenhaus in Mariupol von russischen Streitkräften bombardiert worden. Mindestens drei Menschen, darunter ein Kind, wurden getötet. Der Angriff sorgte international für Entsetzen.  

Mariupol ist seit Wochen von jeglicher Versorgung abgeschnitten und wird von den russischen Streitkräften heftig beschossen. Die Stadt ist mittlerweile weitgehend zerstört, rund 160.000 Bewohner sollen aber weiterhin dort festsitzen. Die Lage vor Ort ist katastrophal. Nach ukrainischen Angaben wurden mindestens 5000 Menschen seit Beginn der russischen Angriffe getötet. Evakuierungen aus der Stadt sind nach Angaben Frankreichs derzeit nicht möglich.

Polen will bis spätestens Mai keine Kohle mehr aus Russland importieren. Im April oder Mai würden entsprechende Pläne umgesetzt, sagte Ministerpräsident Mateusz Morawiecki. Bis Ende des Jahres wolle Polen auch kein Öl mehr aus Russland nutzen. Das polnische Kabinett hatte sich am Dienstag für ein Verbot von Kohleimporten aus Russland ausgesprochen.

In der ostukrainischen Region Donezk gibt es dem dortigen Gouverneur zufolge weiträumige Angriffe. Fast alle Städte entlang der Demarkationslinie lägen unter Beschuss, sagte Pawlo Kyrylenko im ukrainischen Fernsehen. Die Lage könne sich noch verschärfen, da die russischen Truppen sich auf Angriffe in der Region konzentrierten. Die Demarkationslinie trennt die Gebiete unter ukrainischer Kontrolle von dem Territorium, das in der Hand von prorussischen Separatisten ist.

In der Region Chmelnitskji sind dem Gouverneur zufolge drei Industrieanlagen durch russischen Beschuss getroffen worden. Serhii Hamalii gab nicht bekannt, welche genau. Es seien Feuer entdeckt worden. Ob es Opfer gegeben habe, werde geprüft.

Die Region Tschernihiw steht trotz der Ankündigung Russlands, die militärischen Aktivitäten dort zu reduzieren, ihrem Gouverneur zufolge weiter unter Beschuss der russischen Truppen. "Glauben wir der Ankündigung? Natürlich nicht", schrieb Wiatscheslaw Tschaus auf dem Messengerdienst Telegram. "Die 'verminderten Aktivitäten' zeigt der Feind in der Region Tschernihiw mit Angriffen auch aus der Luft auf Nischyn und die ganze Nacht über auf die Stadt Tschernihiw."

Die Ukraine befürchtet, dass am stillgelegten Atomkraftwerk in Tschernobyl russische Munition explodieren könnte. Deshalb müssten sich die russischen Truppen von dort zurückziehen, sagte die stellvertretende Ministerpräsidentin Iryna Wereschtschuk.

"Wir fordern, dass der UN-Sicherheitsrat unverzüglich Maßnahmen ergreift, um die Sperrzone von Tschernobyl zu entmilitarisieren und dort eine spezielle UN-Mission einzusetzen, um das Risiko einer Wiederholung einer nuklearen Katastrophe zu beseitigen“, so Wereschtschuk.

Russland und China wollen nach Darstellung des Außenministeriums in Moskau ihre Zusammenarbeit intensivieren. Dies sei von den Außenministern beider Länder mit Blick auf "schwierige internationale Bedingungen" vereinbart worden, meldete die Nachrichtenagentur Interfax.

Unter Berufung auf das russische Außenministerium berichtet die Agentur weiter, dies betreffe eine Koordination in der Außenpolitik und die Absicht, in globalen Angelegenheiten mit einer Stimme zu sprechen. Die Außenminister beider Länder, Wang Yi und Sergej Lawrow, beraten dazu in der ostchinesischen Provinz Anhui.

Heute soll es drei Fluchtkorridore in der Ukraine geben. Das sagte die stellvertretende Ministerpräsidentin des Landes, Iryna Wereschtschuk. Insgesamt habe die Ukraine Russland um 97 solcher Korridore für die am stärksten betroffenen Städte und Orte gebeten.

Die Nacht in der ukrainischen Hauptstadt Kiew war nach Angaben ihres stellvertretenden Bürgermeisters relativ ruhig. Außerhalb der Stadt sei Beschuss zu hören gewesen. Die Stadt selber sei jedoch nicht bombardiert worden.

Die Bundesregierung bereitet sich vor dem Hintergrund des russischen Kriegs gegen die Ukraine auf eine erhebliche Verschlechterung der Gasversorgung vor. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck rief deswegen die Frühwarnstufe des Notfallplans Gas aus. Die Versorgungssicherheit sei weiter gewährleistet.

Bundesarbeitsminister Hubertus Heil rechnet damit, dass viele der Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine länger in Deutschland bleiben werden. "Wir müssen realistisch sein: Die Zerstörung und die Länge des Krieges sind nicht vollständig absehbar", sagte Heil im ARD-Morgenmagazin. "Viele werden länger hier bleiben." Das zeigten auch die Erfahrungen aus vorherigen Fluchtbewegungen - und deshalb müsse diesen Menschen eine längerfristige Perspektive in Deutschland eröffnet werden, vor allem auf dem Arbeitsmarkt.

Arbeitsminister Hubertus Heil zur Integration von Geflüchteten auf dem Arbeitsmarkt

Morgenmagazin

Konkret sprach Heil etwa die Anerkennung von Qualifikationen an. "Es kommen sehr, sehr viele Menschen zu uns, die auch eine gute Ausbildung haben. Die Ausbildungssysteme sind nicht eins zu eins vergleichbar - da müssen wir schneller werden", so Heil. Entscheidende Fragen seien: "Wie kriegen wir es hin, dass die nicht alle in Hilfstätigkeiten gedrängt werden? Und vor allen Dingen auch: Wie kriegen wir es hin, dass die Menschen, die so ein schweres Schicksal jetzt hinter sich haben, hier auch nicht ausbeuterischen Arbeitsverhältnissen ausgesetzt sind?"

Heil trifft sich heute mit Arbeitgebern und Gewerkschaften, um über praktische Fragen der Arbeitsmarktintegration ukrainischer Flüchtlinge zu beraten.

Russland wird nach Einschätzung des britischen Militärgeheimdienstes mit heftigem Artilleriebeschuss und Raketen auf Bodenverluste in der Ukraine reagieren. Russische Einheiten, die schwere Verluste erlitten hätten, seien nach Belarus und Russland zurückgekehrt, um sich neu zu organisieren und ausstatten zu lassen, teilte das Verteidigungsministerium mit. "Das erhöht den Druck auf Russlands ohnehin angeschlagene Logistik und zeigt die Schwierigkeiten, die Russland bei der Neuorganisation seiner Einheiten in Kampfgebieten in der Ukraine hat."

Der Gouverneur der Region Luhansk im Osten der Ukraine hat von schwerem Artilleriebeschuss von Wohngebieten in der Ortschaft Lysytschansk am Morgen berichtet. "Einige Hochhäuser wurden beschädigt", schrieb Serhij Gaidai auf Telegram. Man sei dabei, Informationen über Opfer zu bestätigen. "Viele Gebäude sind eingestürzt. Rettungskräfte versuchen, die noch Lebenden zu retten."

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj spricht heute zu den australischen Abgeordneten. Selenskyj werde sich am frühen Abend per Video-Schaltung äußern, hieß es in Unterlagen des Parlamentes.

Australien hat Verteidigungsausrüstung und humanitäre Hilfsgüter an die Ukraine geliefert und den Export von Tonerde und Aluminiumerzen, einschließlich Bauxit, nach Russland untersagt. Außerdem wurden Sanktionen unter anderem gegen Geschäftsleute mit Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin und den Bankensektor verhängt.

Der ehemalige Bundestagspräsident Wolfgang Thierse (SPD) hat die Friedensbewegung angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine zum Umdenken aufgefordert. Die Friedensbewegung werde nur glaubwürdig bleiben, wenn sie anerkenne, "dass es die Schwäche und Uneinigkeit des Westens einerseits sowie die Schutz- und Wehrlosigkeit der Ukraine andererseits waren", die den russischen Präsidenten Wladimir Putin zum Angriff ermuntert hätten, sagte er dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland". "Dieser bitteren Tatsache darf man nicht mehr ausweichen. Wir brauchen eine selbstkritische Friedenspolitik", sagte der SPD-Politiker.

Angesprochen auf Äußerungen unter anderem der früheren Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, Margot Käßmann, die sich kritisch zu Waffenlieferungen an die Ukraine und das geplante 100-Milliarden-Euro-Sondervermögen zugunsten der Bundeswehr geäußert hatte, sagte der 78-jährige Thierse: "Mir scheint, das ist ein Pazifismus auf Kosten anderer." Losungen bei Friedensdemonstrationen wie "Soldaten sind Mörder" und "Frieden schaffen ohne Waffen" kämen ihm "wie aus der Zeit gefallen und gedankenlos vor", sagt er und fügte hinzu: "Auf Ukrainer müssen sie geradezu zynisch wirken."

Zu seinem ersten Besuch in China seit Beginn des russischen Angriffskrieges in der Ukraine ist Außenminister Sergej Lawrow in Tunxi in der südostchinesischen Provinz Anhui eingetroffen. Anlass sind zweitägige Gespräche über die Entwicklung in Afghanistan, an denen auch Vertreter der USA, der Nachbarstaaten und der seit August herrschenden Taliban-Regierung teilnehmen. Wie die russische Staatsagentur Tass berichtete, plant Lawrow Beratungen mit seinem chinesischen Kollegen Wang Yi.

China gibt Russland im Ukraine-Konflikt politisch Rückendeckung und weigert sich, die Invasion zu verurteilen. Vielmehr stellt Peking die USA und die NATO als Hauptverursacher der Krise dar. Die Spannungen überschatten das erweiterte Troika-Treffen zu Afghanistan, zu dem Gastgeber China neben Russland auch die USA und zusätzlich Pakistan eingeladen hat. Von US-Seite soll der amerikanische Sondergesandte für Afghanistan, Tom West, teilnehmen, hieß es aus Washington.

In einer ungewöhnlich harten Reisewarnung hat das US-Außenministerium alle Amerikaner darauf hingewiesen, dass sie bei Reisen in Russland von den dortigen Sicherheitsbehörden festgesetzt werden könnten. Angesichts der russischen Invasion in die Ukraine sei "das Potenzial für Belästigung von US-Bürgern" durch russische Sicherheitsdienste gestiegen, ebenso wie das gezielte Heraussondern und Festsetzen von US-Bürgern, teilte das Ministerium in der am späten Abend veröffentlichten Reisewarnung mit. "Alle US-Bürger, die in Russland wohnen oder reisen, sollten das Land umgehend verlassen", hieß es.

Der Westen hat Russland wegen der Auswirkungen seines Angriffskriegs in der Ukraine auf die globale Ernährungssicherheit schwer kritisiert. "Wladimir Putin hat diesen Krieg begonnen. Er hat diese weltweite Nahrungsmittelkrise verursacht", sagte US-Vize-Außenministerin Wendy Sherman im UN-Sicherheitsrat. Der französische UN-Botschafter Nicolas de Rivière erklärte, Putins Krieg "erhöht das Risiko von Hungersnöten".

Sein russischer Kollege Wassili Nebensia entgegnete: "Die wahren Gründe für die schweren Turbulenzen auf den weltweiten Lebensmittelmärkten sind keinesfalls auf die Handlungen Russlands zurückzuführen, sondern vielmehr auf die unkontrollierte Hysterie der vom Westen gegen Moskau verhängten Sanktionen."

Russland hat nach Angaben des ukrainischen UN-Botschafters Sergij Kyslyzja durch den Krieg gegen die Ukraine hohe militärische Verluste erlitten. Seit dem Beginn seiner Invasion habe Russland mehr als 17.000 Soldaten, mehr als 1700 gepanzerte Fahrzeuge und fast 600 Panzer verloren, sagte Kyslyzja im UN-Sicherheitsrat. Abhanden gekommen seien Russland auch 300 Artilleriesysteme, 127 Flugzeuge und 129 Hubschrauber, fast 100 Raketenwerfersysteme, 54 Luftabwehrsysteme und sieben Schiffe.

Für die russische Regierung seien die Verluste "ein beispielloser Schlag". Dagegen seien die Verluste der Sowjetunion in Afghanistan nichts.

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Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Russland und die Ukraine haben sich gegenseitig die Schuld für treibende Minen im Schwarzen Meer gegeben. "Die Gefahr durch ukrainische Minen, die an der Küste von Staaten am Schwarzen Meer treiben, bleibt bestehen", sagte der russische Offizier Michail Misinzew. Das ukrainische Außenministerium warf Russland vor, ukrainische Minen zu verwenden, die es nach der Annexion der Halbinsel Krim 2014 beschlagnahmt habe. Indem Russland dafür sorge, dass die Minen lose im Meer trieben, wolle es "die Ukraine vor internationalen Partnern diskreditieren".

Das türkische Verteidigungsministerium hatte am Samstag mitgeteilt, dass nahe dem Bosporus eine Seemine entdeckt worden sei. Sie sei unschädlich gemacht worden.

Banken in Deutschland haben im Zusammenhang mit den Sanktionen gegen russische Firmen und Privatpersonen bislang knapp 100 Millionen Euro eingefroren. Das geht aus einer Antwort der Bundesregierung hervor, die dem ARD-Hauptstadtstudio vorliegt. Es ist das erste Mal seit Inkrafttreten der Sanktionen Ende Februar, dass die Bundesregierung Auskunft über eingefrorene Vermögenswerte gibt.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat bezüglich der Verhandlungen mit Russland auf fehlende Vertrauenswürdigkeit der anderen Seite verwiesen. In einer Videoansprache am Abend sagte Selenskyj, bei den Gesprächen zwischen einer ukrainischen und einer russischen Delegation habe es positive Signale gegeben. Die "mutigen und effektiven Maßnahmen" ukrainischer Soldaten hätten Russland dazu gezwungen, seinen Einsatz in der Gegend von Kiew und Tschernihiw in der Ukraine einzuschränken.

Russland hatte nach Verhandlungen gestern in Istanbul angekündigt, seinen Militäreinsatz nahe Kiew und Tschernihiw erheblich einzuschränken. Die USA und andere äußerten sich darüber skeptisch. Die Ukrainer würden mit dem Verhandlungsprozess weitermachen und dabei selbst über den Umfang entscheiden, sagte Selenskyj. Die ukrainische Delegation werde "bei Souveränität und territorialer Integrität" keine Kompromisse machen. Selenskyj betonte, dass er misstrauisch gegenüber Vertretern Russlands sei - das Land versuche weiterhin, die Ukraine zu zerstören.

Die britische Militäraufklärung betrachtet die russische Offensive zur Einkesselung der ukrainischen Hauptstadt Kiew als gescheitert. Das verlautete am Abend aus einem Update des britischen Verteidigungsministeriums unter Berufung auf Geheimdienstinformationen.

Britische Militärexperten hielten es nunmehr für "höchst wahrscheinlich", dass Russland seine Kampfkraft aus dem Norden der Ukraine in den Südosten des Landes verlege. Dort solle jetzt die Offensive in der Region Luhansk und Donezk verstärkt werden. Schon vor Beginn des Krieges begann die Regierung in London damit, in ungewöhnlich offener Art und Weise Geheimdienstinformationen mit der Öffentlichkeit zu teilen. Seit Wochen veröffentlicht die Regierung nun tägliche Einschätzungen zum Verlauf des Angriffskrieges.

Eine Vertretung der EU-Beratermission in der Ukraine ist nach Angaben des EU-Chefdiplomaten Josep Borrell von Russland beschossen worden. Man habe glaubwürdige Informationen darüber erhalten, dass die Räumlichkeiten der Außenstelle Mariupol der EU-Beratungsmission in der Ukraine vor kurzem unter russischen Beschuss geraten sei. Das Büro und die Ausrüstung seien stark beschädigt worden. Missionsmitglieder wurden den Angaben zufolge nicht verletzt.

Die humanitäre Krise in der Ukraine als Folge des russischen Angriffskriegs ist nach Ansicht des Chefs des UN-Welternährungsprogramms, David Beasley, "eine Katastrophe auf einer Katastrophe". Bereits vor dem Krieg habe es beispielsweise im Jemen oder an einigen Orten Afrikas schlimme Hunger-Krisen gegeben, wo man nur mit großen Mühen ausreichend helfen habe können, sagte Beasley vor dem UN-Sicherheitsrat in New York. Nun sei die Krise in der Ukraine noch dazugekommen.

Das Land sei innerhalb weniger Wochen "vom Brotkorb zu Brot-Schlangen" verändert worden. Die Folgen weltweit könnten in Hinblick auf die Versorgung von Hungerleidenden die schlimmsten seit dem Zweiten Weltkrieg sein, warnte Beasley vor dem Sicherheitsrat, der zum wiederholten Male zu einer Diskussion über die humanitäre Situation in der Ukraine zusammengekommen war.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete das ARD-Morgenmagazin am 30. März 2022 um 07:10 Uhr.