Ein israelischer Soldat patrouilliert während der Bodenoffensive im Gebiet von Chan Yunis
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Nahost-Krieg ++ Galant: Einsatz in Chan Yunis fast beendet ++

Stand: 01.02.2024 23:14 Uhr

Israels Armee hat seine Operationen in Chan Yunis nach Angaben von Verteidigungsminister Galant fast abgeschlossen. Die USA haben Sanktionen gegen mehrere extremistische israelische Siedler im Westjordanland verhängt. Alle Entwicklungen vom Donnerstag zum Nachlesen.

01.02.2024 • 23:14 Uhr

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Das israelische Militär hat seine Operationen in Chan Yunis, der zweitgrößten Stadt des Gazastreifens, nach Angaben von Verteidigungsminister Joav Galant fast abgeschlossen. Der militant-islamistischen Hamas seien schwere Verluste beigefügt worden. Die Armee sei bereit, weiter nach Süden in Richtung der ägyptischen Grenze vorzurücken, sagte er.

"Die Chan-Yunis-Brigade hat sich damit gebrüstet, dass sie dem israelischen Militär standhalten würde. Heute ist sie zerschlagen", sagte der Minister. "Wir führen die Mission in Chan Yunis zu Ende und wir werden auch Rafah erreichen und dort jeden Terroristen töten, der versucht, uns zu schaden." Das Militär hatte seine Offensive in den vergangenen Wochen auf Chan Yunis konzentriert und erklärt, die Stadt sei eine Hochburg der Hamas.

Karte: Gazastreifen, schraffiert: von der israelischen Armee kontrollierte Gebiete

Graue Flächen: Bebaute Flächen im Gazastreifen, Schraffur: Israelische Armee

Die radikalislamische Hamas hat nach Angaben des Vermittlers Katar "positiv" auf Vorschläge für ein Abkommen über eine Waffenruhe mit Israel und Geiselfreilassungen reagiert. Es gebe "eine erste positive Bestätigung von Seiten der Hamas", sagte der katarische Außenministeriumssprecher Madsched al-Ansari vor dem Publikum einer Graduiertenschule in Washington.

"Es liegt noch ein sehr schwieriger Weg vor uns", sagte er. "Wir sind optimistisch, weil beide Seiten nun der Voraussetzung zugestimmt haben, die zu einer nächsten Pause führen würde", sagte al-Ansari. "Wir sind hoffnungsvoll, dass wir in den nächsten paar Wochen in der Lage sein werden, gute Nachrichten diesbezüglich zu verkünden." Eine Hamas-Quelle sagte der Nachrichtenagentur AFP, es gebe "noch keine Einigung über den Rahmen des Abkommens".

Der britische Außenminister David Cameron hat die Anerkennung eines palästinensischen Staats durch Großbritannien nach dem Krieg gegen die Hamas in Aussicht gestellt. Dies könne geschehen, ohne dass auf den Ausgang möglicherweise jahrelanger Gespräche zwischen Israel und den Palästinensern über eine Zweistaatenlösung gewartet werde, sagte er der Nachrichtenagentur AP bei einem Besuch im Libanon.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin will vom Iran unterstützte Milizen im Nahen Osten weiter schwächen. Austin sagte er in einer Pressekonferenz, die USA bereiteten sich darauf vor, als Reaktion auf den Tod von drei US-Soldaten bei einem Drohnenangriff in Jordanien umfangreiche Maßnahmen zu ergreifen. In Washington heißt es seit Tagen, Vergeltungsangriffe stünden kurz bevor.

Israel hat laut Verteidigungsminister Yoaw Gallant seit Beginn des Krieges vor knapp vier Monaten 10.000 palästinensische Kämpfer getötet. Weitere 10.000 seien verwundet worden und könnten nicht mehr kämpfen, heißt es in einer Mitteilung.

"Wir erfüllen unsere Aufgaben in Chan Yunis, und wir werden auch Rafah erreichen und die Terrorelemente eliminieren, die uns bedrohen", wird Gallant unter Bezug auf die beiden Städte im Gazastreifen weiter zitiert.

Bei dem Angriff der militant-islamistischen Hamas auf Israel im Oktober sind auf israelischer Seite einer neuen Zählung zufolge 1.163 Menschen getötet worden. Die meisten von ihnen waren Zivilisten - Männer, Frauen und Kinder jeden Alters -, wie eine aktualisierte Bilanz der Nachrichtenagentur AFP auf Grundlage der neuesten offiziellen Zahlen ergeben hat. 

Für die Zählung berücksichtigte AFP Daten von der israelischen Sozialversicherung, der Armee, der Polizei, dem Heimatschutz und dem Büro des Ministerpräsidenten, die separat veröffentlicht worden waren. Im Vergleich zu der Mitte Dezember auf dieselbe Art ermittelten Opferzahl von 1.139 Toten ist die Zahl leicht angestiegen. Dies ist auch auf den inzwischen bestätigten Tod einiger in den Gazastreifen entführter israelischer Geiseln zurückzuführen.

Die USA haben Sanktionen gegen mehrere extremistische israelische Siedler im Westjordanland verhängt. Die Gewalt der Siedler gegen palästinensische Zivilisten in dem von Israel besetzten Gebiet habe ein "unerträgliches Ausmaß" erreicht, erklärte US-Präsident Joe Biden. Die Sanktionen richten sich zunächst gegen vier Personen, deren Vermögenswerte in den USA gesperrt und mit denen US-Bürgern Finanzgeschäfte untersagt werden.

Die Sanktionen sind Teil eines Erlasses Bidens, mit dem Personen bestraft werden sollen, denen Angriffe oder "Terrorakte" vorgeworfen werden oder die "den Frieden, die Stabilität und die Sicherheit" im Westjordanland untergraben, hieß es. In dem Erlass warf Biden den Siedlern "Zwangsumsiedlung von Menschen und Dörfern und die Zerstörung von Eigentum" vor.

Das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) muss seine gesamte Arbeit nach eigenen Angaben womöglich schon in vier Wochen einstellen, wenn zugesagte Gelder nicht bezahlt werden. 16 Länder hätten inzwischen 440 Millionen Dollar (407 Mio Euro) an Zahlungen ausgesetzt, berichtete das Hilfswerk.

"Wenn die Finanzierung weiterhin ausgesetzt bleibt, werden wir höchstwahrscheinlich gezwungen sein, unsere Arbeit nicht nur in Gaza, sondern auch in der gesamten Region Ende Februar einzustellen", teilte UNRWA-Chef Philippe Lazzarini mit. 

Der israelische Verteidigungsminister Joav Galant hat im Zusammenhang mit den Anschuldigungen gegen Mitarbeiter des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) schwere Vorwürfe erhoben. "Gelder aus Ländern der ganzen Welt wurden über UNRWA geleitet und zur Stärkung der Terrorinfrastruktur und zur Bezahlung von Terroristen verwendet", sagte Galant zu einer UN-Delegation.

Die Organisation habe ihre Legitimität verloren, in der jetzigen Form weiterzubestehen. Das UNRWA sei die "Hamas mit einem Gesichtslifting".

Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat beim EU-Sondergipfel in Brüssel eindringlich davor gewarnt, die Finanzierung des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) einzustellen. Die Untersuchung zur mutmaßlichen Verwicklung von UNRWA-Mitarbeitern in den Terroranschlag auf Israel müsse durchgeführt werden, sagte der Spanier.

Aber dem palästinensischen Volk dürfe keine kollektive Bestrafung auferlegt werden. "UNRWA darf die Arbeit nicht einstellen, sonst werden Hunderttausende Menschen ums Leben kommen", sagte Borrell.  Es gebe keine Alternative zu dem Hilfswerk.

Im Konflikt zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas sind laut UN-Menschenrechtsexperten mehr Journalisten getötet worden als in jeder anderen bewaffneten Konfrontation in der jüngeren Geschichte. Seit dem 7. Oktober seien mehr als 122 Medienschaffende im Gaza-Streifen durch Gewalt ums Leben gekommen, teilten Irene Khan, UN-Sonderberichterstatterin für das Recht auf Meinungsfreiheit, und andere Fachleute in Genf mit.

Viele weitere Medienleute seien im Gaza-Streifen verletzt worden. Darüber hinaus seien drei Journalisten im Libanon durch israelischen Beschuss nahe der Grenze getötet worden, hieß es. Vier israelische Journalisten seien von der Hamas bei den Anschlägen vom 7. Oktober getötet worden.

Mehr als 110 Palästinenser sind heute in den Gazastreifen zurückgebracht worden, nachdem sie vorübergehend von der israelischen Armee festgenommen und befragt worden waren. Viele der Betroffenen seien verletzt und zur Behandlung in ein Krankenhaus in die Stadt Rafah gebracht worden, hieß es aus palästinensischen Sicherheitskreisen.

Die Menschen sollen demnach in Israel unter anderem geschlagen und Folter ausgesetzt worden sein. Israels Armee sagte auf Anfrage, sie prüfe die Berichte.

Im Ringen um eine längere Waffenruhe im Gazastreifen pocht die Hamas palästinensischen Verhandlungskreisen zufolge wohl weiter auf einem dauerhaften Waffenstillstand und einem Abzug der israelischen Truppen. Die Hamas werde den von Ägypten und Katar vermittelten Vorschlag für eine Waffenruhe wahrscheinlich nur unterzeichnen, wenn sich Israel verpflichte, den Krieg zu beenden und sich vollständig aus dem Gazastreifen zurückzuziehen, sagt ein palästinensischer Vertreter aus dem Umfeld der Verhandlungen.

Die militant-islamistische Palästinenser-Gruppe werde wohl eine positive Antwort übermitteln, aber ihre Forderungen bekräftigen.

Für die geplante deutsche Beteiligung an einem EU-Militäreinsatz zur Sicherung der Handelsschifffahrt im Roten Meer soll die Fregatte "Hessen" in der kommenden Woche von Wilhelmshaven aus in See stechen. Das Schiff soll nach dpa-Informationen am 8. Februar ablegen und damit Ende des Monats im Einsatzgebiet sein können. Die Bundeswehr schafft damit die Voraussetzungen, einen Auftrag nach einem Mandat des Bundestages umgehend übernehmen zu können. 

Die Pläne für den EU-Militäreinsatz sehen vor, mehrere europäische Kriegsschiffe und luftgestützte Frühwarnsysteme zum Schutz von Frachtschiffen in die Region zu entsenden. Diese sollen dann dort Handelsschiffe vor Angriffen der militant-islamistischen Huthi aus dem Jemen schützen.

Südafrikas Außenministerin Naledi Pandor hat Israel vorgeworfen, das jüngste Urteil des Internationalen Gerichtshofs (IGH) in der Völkermordklage zu ignorieren. "Hunderte Menschen wurden in den vergangenen drei oder vier Tagen ermordet", sagte Pandor laut örtlichen Medienberichten mit Blick auf den israelischen Militäreinsatz in Gaza. Darauf ließen etwa Angriffe auf ein Krankenhaus schließen, mit denen Israel sich über die Weisung des UN-Gerichts hinweggesetzt habe, so die Ministerin. Nach Ansicht von Südafrikas Chefdiplomatin tue Israel, "ganz klar, wonach ihm der Sinn steht.

Vergangene Woche hatte der IGH in Den Haag die israelische Regierung angewiesen, umgehend Maßnahmen zum Schutz von Zivilisten im Gazastreifen zu ergreifen. Israel müsse alles unternehmen, um einen Völkermord zu verhindern, und sicherstellen, dass humanitäre Hilfe die Bevölkerung erreiche.

Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben seit Mittwoch "Dutzende Terroristen" bei Kämpfen im Gazastreifen getötet. Es habe Gefechte im Norden, Zentrum und Süden des Küstengebiets gegeben. In der südlichen Stadt Chan Yunis, wo seit einigen Wochen der Schwerpunkt der israelischen Offensive gegen die Terrororganisation Hamas liegt, sei das Militär mit direkten Luftangriffen und Nahkämpfen vorgegangen.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Die US-Streitkräfte haben nach eigenen Angaben drei iranische Drohnen über dem Golf von Aden abgeschossen. Die Drohnen seien am Abend um 21.10 Uhr Ortszeit vom US-Zerstörer "USS Carney" abgeschossen worden, erklärte das für den Nahen Osten zuständige US-Regionalkommando Central Command (Centcom) im Kurzbotschaftendienst X, früher Twitter. Die Drohnen hätten sich "in der Nähe" des Kriegsschiffes befunden. Angaben darüber, um was für Drohnen es sich handelte, machte das US-Militär nicht. Die unbemannten Fluggeräte können sowohl für Angriffe als auch zur Aufklärung eingesetzt werden.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu will einem möglichen neuen Abkommen über eine Feuerpause im Gaza-Krieg und der Freilassung weiterer Geiseln nach eigenen Aussagen "nicht um jeden Preis" zustimmen. Man arbeite an einem neuen Rahmenabkommen zur Freilassung der von der islamistischen Hamas im Gazastreifen noch festgehaltenen israelischen Geiseln, "aber ich betone - nicht um jeden Preis", sagte Netanyahu am Abend, wie die Zeitung "Times of Israel" berichtete.  

"Wir haben rote Linien", sagte Netanyahu demnach und bekräftigte vorherige Aussagen, wonach Israel den Krieg nicht beenden, seine Truppen nicht aus dem Gazastreifen abziehen und für einen Geisel-Deal nicht "Tausende Terroristen" aus israelischen Gefängnissen freilassen werde. 

Die USA haben einem Medienbericht zufolge im Westen des Jemen zehn Drohnen abgeschossen, die offenbar gerade starten wollten. "Ein hochrangiger Verteidigungsbeamter in Bahrain hat uns gerade mitgeteilt, dass F-18 'Super Hornets' vor zehn Minuten zehn unbemannte Drohnen im Westen des Jemen bombardiert haben, die sich auf den Start vorbereiteten", schrieb die Chefredakteurin der CBS-Abendnachrichten, Norah O'Donnell, auf dem Kurznachrichtendienst X.

In Stockholm ist nach Angaben des dortigen israelischen Botschafters ein Anschlag auf die Vertretung seines Landes vereitelt worden. Es habe einen versuchten Angriff gegen die israelische Botschaft und ihre Mitarbeiter gegeben, erklärte Botschafter Ziv Nevo Kulman im Onlinedienst X, vormals Twitter. Die schwedische Polizei sprach von einem "gefährlichen Gegenstand", der auf dem Gelände der Botschaft gefunden worden sei. 

Ein Entschärfungskommando sei zu dem Schluss gekommen, dass es sich um einen "scharfes" Objekt handelte und habe es "zerstört", sagte Daniel Wikdahl von der Polizei Stockholm der Nachrichtenagentur AFP. Die Botschaft habe die Polizei am frühen Nachmittag über den Fund des Gegenstandes informiert. Es seien Ermittlungen eingeleitet worden, sagte Wikdahl. Genauere Angaben zu dem Gegenstand machte er nicht.

Die schwedischen Zeitungen "Expressen" und "Aftonbladet" berichteten, es habe sich um eine Handgranate gehandelt. Laut "Aftonbladet" wurde sie über den Zaun auf das Gelände der Botschaft geworfen.  Der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson sprach von einer "sehr ernsten" Situation. Ein versuchter Anschlag auf eine Botschaft sei auch ein Angriff auf Schweden, betonte er auf X. 

Israels Ministerpräsident Netanyahu verlangt, die Mission des Palästinenserhilfswerks UNRWA zu beenden. US-Außenminister Blinken reist diese Woche erneut zu diplomatischen Gesprächen in den Nahen Osten. Alle Entwicklungen im Liveblog zum Nachlesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 01. Februar 2024 um 04:00 Uhr.