Öffnung eines Tunnels, der unter dem Al-Schifa-Krankenhaus liegen soll
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Krieg im Nahen Osten ++ Israel: 55 Meter langer Tunnel unter Klinik ++

Stand: 19.11.2023 23:58 Uhr

Israels Armee hat weitere Details zu einem Tunnel unter der Al-Schifa-Klinik im Gazastreifen veröffentlicht. Frankreichs Präsident Macron ruft Israel zum Schutz von Zivilisten im Gazastreifen auf. Die Entwicklungen vom Sonntag zum Nachlesen.

19.11.2023 • 23:58 Uhr

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Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hat in einem Telefonat mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu dazu aufgerufen, Zivilisten im Gazastreifen zu schützen. Macron habe Netanyahu an die absolute Notwendigkeit erinnert, zwischen Terroristen und der Bevölkerung zu unterscheiden, teilte der Élyséepalast im Anschluss an das Gespräch mit. Es habe zu viele zivile Verluste im Zusammenhang mit den laufenden militärischen Operationen im Gazastreifen gegeben. Nach Élysée-Angaben wies Macron zudem auf die Notwendigkeit hin, eine sofortige Feuerpause einzurichten, die zu einem Waffenstillstand führen sollte.

Auch habe Macron seine Besorgnis angesichts steigender Gewalt gegen palästinensische Zivilisten im Westjordanland zum Ausdruck gebracht. Er habe darauf beharrt, dass alles Notwendige getan werden müsse, um der Ausweitung der Gewalt vorzubeugen. Zuvor hatte Macron auch mit Palästinenserpräsident Mahmud Abbas telefoniert.

Die israelische Armee hat Aufnahmen von Überwachungskameras veröffentlicht, die zeigen sollen, dass die Hamas am Tag ihres Großangriffs auf Israel am 7. Oktober Geiseln in das Al-Schifa-Krankenhaus in der Stadt Gaza gebracht hat. Die Videos seien ein Beleg dafür, dass die Hamas-Terroristen das Klinikgelände "am Tag des Massakers als terroristische Infrastruktur nutzte", teilten das israelische Militär und die Geheimdienste in einer gemeinsamen Erklärung mit. Auf den Aufnahmen sind zwei Männer zu sehen, die von bewaffneten Männern offenbar in die Klinik gebracht werden. Nach Angaben des israelischen Armeesprechers Daniel Hagari stammen die beiden Geiseln aus Nepal und Thailand. Die Armee habe sie noch nicht ausfindig machen können. "Wir wissen nicht, wo wie sind", sagte Hagari. Die israelischen Streitkräfte hatten das größte Krankenhaus im Gazastreifen, unter dem sie eine Einsatzzentrale der radikalislamischen Hamas vermuten, am Mittwoch gestürmt. Die Klinik wurde inzwischen weitgehend evakuiert.

Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, hat die Angriffe auf mehrere Schulen, in denen Zivilisten im Gazastreifen Zuflucht gesucht hatten, scharf kritisiert. Das humanitäre Völkerrecht verlange den Schutz von Zivilisten, betonte Türk in Genf. "Die schrecklichen Ereignisse der letzten 48 Stunden in Gaza sind unfassbar", teilte er mit.

In einem Video, das in einer der Schulen aufgenommen wurde, waren zahlreiche Tote und Verwundete sowie weitreichende Zerstörung zu sehen. Das UN-Hilfswerk für Palästinensische Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) bestätigte den Angriff auf eine Schule, konnte aber nicht sagen, wie viele Menschen dort ums Leben gekommen waren.

Seit Kriegsbeginn sind nach palästinensischen Angaben, die sich nicht unabhängig überprüfen lassen, im Gazastreifen mindestens 13.000 Menschen ums Leben gekommen. Darunter seien mindestens 5.500 Kinder, erklärte die von der Terrormiliz Hamas kontrollierte Verwaltung. Auf israelischer Seite starben seit dem Angriff der Hamas, bei dem 1.200 Menschen getötet wurden, nach Angaben des Militärs 64 Soldaten.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Israel hat weitere Details zu einem mutmaßlichen Tunnel der militant-islamistischen Hamas unter dem Komplex des Al-Schifa-Krankenhauses im Gazastreifen veröffentlicht. Der vor wenigen Tagen freigelegte Schacht führe zu einem Tunnel mit einer Länge von rund 55 Metern in einer Tiefe von zehn Metern, teilte die Armee mit. Dazu lieferte das Militär Aufnahmen von zwei Geräten, die den Tunnel von Innen zeigen sollen. Am Ende des Tunnels befinde sich demnach eine "explosionssichere Tür". Was sich genau hinter der Tür befindet, war unklar.

Die israelischen Truppen seien zudem damit beschäftigt, "die Route des Tunnels aufzudecken", hieß es vom Militär. Der Tunneleingang war der Armee zufolge im Bereich des Al-Schifa-Krankenhauses unter einem Fahrzeug freigelegt worden. Die Angaben sind nicht unabhängig zu überprüfen.

Die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen haben ein Frachtschiff im Roten Meer gekapert. Das Büro des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu teilte mit, es habe sich nicht um ein israelisches Schiff gehandelt. 25 Besatzungsmitglieder seien an Bord, darunter Bulgaren, Philippiner, Mexikaner und Ukrainer, aber keine Israelis. Netanyahus Büro verurteilte die Kaperung des Schiffs als iranischen Terrorakt. Die "Galaxy Leader", die unter der Flagge der Bahamas fährt, war unterwegs von der Türkei nach Indien.

Israelische Vertreter sagten, das Schiff sei in britischem Besitz. Die Angaben in öffentlichen Schifffahrtsdatenbanken brachten die Eigentümer des Schiffes jedoch mit dem Unternehmen Ray Carriers in Verbindung, das vom britisch-israelischen Geschäftsmann Abraham "Rami" Ungar gegründet wurde. Er ist bekannt als einer der reichsten Männer Israels. Ungar sagte der Nachrichtenagentur AP, er sei sich des Vorfalls bewusst, könne sich aber nicht äußern, weil er noch auf Einzelheiten warte.

Die Huthis teilten ihrerseits mit, sie hätten bei einem "Militäreinsatz" im Roten Meer ein israelisches Schiff gekapert und zur jemenitischen Küste gebracht. Hintergrund sei eine "moralischen Verpflichtung gegenüber dem unterdrückten palästinensischen Volk", hieß es in einer Mitteilung auf der Plattform X von Huthi-Militärsprecher Jahja Sari.

Im Gazastreifen sind drei weitere Tankwagen mit insgesamt etwa 50.000 Litern Diesel eingetroffen. Das sagte der Generalsekretär des Ägyptischen Roten Halbmondes, Raed Abdel Nasser, der Nachrichtenagentur dpa. Mit den vorigen Lieferungen hätten damit bisher acht Tankwagen insgesamt 210.000 Treibstoff mit in das abgeriegelte Küstengebiet geliefert. Zudem seien etwa 300 Ausländer und Palästinenser mit zweitem Pass aus dem Gazastreifen nach Ägypten ausgereist.

Der israelische Botschafter in den USA, Michael Herzog, zeigt sich mit Blick auf eine Freilassung von Geiseln aus der Gewalt der Hamas zuversichtlich. Er hoffe, dass es in den kommenden Tagen eine Einigung gebe und eine nennenswerte Zahl von Geiseln freigelassen werden könne, sagte Herzog in einem Interview des US-Fernsehsenders ABC.

Zuvor hatte der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu einen Bericht der "Washington Post" dementiert, wonach Israel, die USA und die Hamas sich auf eine fünftägige Kampfpause und die Freilassung Dutzender Frauen und Kindern aus der Gewalt der Hamas im Gazastreifen geeinigt haben sollen.

Die Huthi-Rebellen im Jemen haben mit Angriffen auf "sämtliche Schiffe" mit Bezug zu Israel gedroht. Ab sofort seien alle Schiffe ein Ziel, die unter der Flagge Israels führen, die im Besitz israelischer Unternehmen seien oder die von israelischen Firmen betrieben würden, teilte Huthi-Militärsprecher Jahja Sari auf der Plattform X mit. Alle Staaten der Welt seien aufgerufen, keine Landsleute mehr in die Besatzungen dieser Schiffe zu schicken und mit diesen keine Geschäfte mehr zu machen. Grund für den Schritt sei die "israelisch-amerikanische Aggression" im Gazastreifen.

Frankreich will kranke und verletzte Kinder aus dem Gazastreifen aufnehmen, die dringende medizinische Hilfe benötigen. Man werde alle zur Verfügung stehenden Mittel einsetzen, um zu helfen, die Kinder aus dem Küstengebiet in französische Krankenhäuser zu bringen, teilte der Élyséepalast in Paris mit. Ein Helikopterträger der französischen Marine zur medizinischen Unterstützung soll zudem in einigen Tagen in Ägypten eintreffen. Ein weiterer französischer Hilfsflug mit medizinischem Material soll Anfang der Woche ebenfalls abheben.

Bislang konnten nur relativ wenige Verletzte den abgeriegelten Gazastreifen verlassen. Am Freitag etwa waren es nach Angaben des Ägyptischen Roten Halbmonds mehr als 70 sowie eine Gruppe Kinder, die in den Vereinigten Arabischen Emiraten behandelt werden sollten. Der Golfstaat hatte angeboten, bis zu 1.000 Kinder aus dem Gazastreifen zur medizinischen Behandlung aufzunehmen.

Auf einer gemeinsamen jüdisch-palästinensischen Demonstration in Köln haben mehrere Hundert Menschen zu Frieden in Gaza und Israel aufgerufen. Es waren vor allem Menschen mit palästinensischem und israelischem Hintergrund, die nach Angaben der Veranstalter an der Demonstration teilnahmen. Die Veranstalter hatten 1.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer angemeldet. Es seien aber etwa doppelt so viele gekommen, sagte ein Polizeisprecher. Die Organisatoren sprachen von 3.000 Menschen.

Alle Teilnehmer eine "die Trauer um die Opfer auf beiden Seiten des kriegerischen Konflikts, die Verzweiflung über den Konflikt im Nahen Osten und auch die Sehnsucht nach Frieden", hieß es in kurzen Ansprachen während der Demonstration. Mehrfach betonten Redner und Rednerinnen, sie seien "nicht neutral", sondern "auf der Seite der betroffenen und bedrohten Zivilisten" im Gazastreifen und Israel.

Dem israelischen Staatspräsidenten Izchak Herzog zufolge ist es seit dem 7. Oktober zu einem "erschreckenden Anstieg von Antisemitismus auf der ganzen Welt" gekommen. Er nannte in einer speziellen Botschaft an jüdische Gemeinden in aller Welt Vorfälle in Frankreich, Großbritannien und den USA. Diese zeigten "eine enge Verbindung zwischen Antisemitismus und antiisraelischen Ansichten", sagte er.

Terroristen der militant-islamistischen Hamas und anderer Gruppierungen hatten Anfang Oktober bei Angriffen im israelischen Grenzgebiet rund 1.200 Menschen getötet. "Das Hamas-Massaker im Süden Israels hat uns gezwungen, uns einer Art von Bösem entgegenzustellen, das in der modernen Welt nicht mehr existieren sollte", sagte Herzog. "Wir müssen sehr klar sein: Dies ist nicht nur ein Krieg zwischen Israel und der Hamas." Es sei vielmehr "der Kampf der gesamten zivilisierten Welt". Israel sei "entschlossen, sich diesem Bösen zu widersetzen".

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat die Evakuierung von Säuglingen aus dem Al-Schifa-Krankenhaus im Gazastreifen bestätigt. "31 sehr kranke Babys wurden evakuiert, sowie 6 medizinische Fachkräfte und 10 Angehörige des Personals", schrieb WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus auf dem Kurznachrichtenportal X.

Dafür seien sechs Krankenwagen des Palästinensischen Roten Halbmondes eingesetzt worden. Die Babys seien in ein Geburtskrankenhaus in Rafah im Süden des Gazastreifens gebracht worden. "Weitere Missionen sind geplant, um die verbliebenen Patienten und das medizinische Personal aus dem Al-Schifa-Krankenhaus zu transportieren", so Tedros. Dafür seien aber Sicherheitsgarantien der Konfliktparteien nötig.

Keine oder ungenügende Abgrenzung zur Hamas? Nach dem Terrorangriff auf Israel fühlen sich manche Muslime in Deutschland einem Generalverdacht ausgesetzt, berichten Jan Koch und Carolyn Wißing.

Den vollständigen Artikel lesen Sie hier:

An der Grenze zwischen Israel und dem Libanon ist es erneut zu gegenseitigem Beschuss gekommen. Die Hisbollah teilte mit, sie habe mehrere Ziele in der Grenzregion beschossen und den Kibbutz Hanita auf israelischer Seite "direkt getroffen". Israels Armee teilte mit, sie habe mehrere "verdächtige Luftziele" angegriffen, die aus dem Libanon in Richtung Israel geflogen seien. Eines davon sei erfolgreich abgefangen worden.

Zudem habe es weitere Angriffe aus dem Libanon gegeben, auf die Israel mit Beschuss reagiert habe. Berichte über Verletzte gab es nicht. Seit Beginn des Gaza-Kriegs nach dem Hamas-Massaker in Israel am 7. Oktober kommt es an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon immer wieder zu Konfrontationen zwischen der israelischen Armee und der Hisbollah. Auf beiden Seiten gab es bereits Todesopfer. Es ist die schwerste Eskalation seit dem zweiten Libanon-Krieg im Jahr 2006.

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat "die inakzeptable Gewalt von Extremisten im Westjordanland" verurteilt. Sie schrieb auf der Online-Plattform X, vormals Twitter, der Kreislauf der Gewalt müsse durchbrochen werden. "Eine Zwei-Staaten-Lösung ist der einzige Weg, um Frieden zu erreichen", so die Deutsche. Zuvor hatte sie sich mit dem jordanischen König Abdullah II. getroffen und angekündigt, mit Jordanien zusammenzuarbeiten, damit mehr humanitäre Hilfe in den Gazastreifen gelangen kann.

Bei israelischen Angriffen in der Stadt Chan Yunis im südlichen Gazastreifen sind nach Angaben einer Klinik seit Samstag mindestens 47 Menschen getötet worden. Dies ging aus einer am Sonntag veröffentlichten Statistik des Nasser-Krankenhauses hervor. Ein Fotograf berichtete der Nachrichtenagentur dpa, in der Klinik seien viele Leichensäcke aufgereiht gewesen. Die Angaben können nicht überprüft werden.

Die israelische Armee veröffentlichte bisher keine Mitteilung zu den Berichten über Angriffe im Süden des Gazastreifens. Der israelische Verteidigungsminister Joav Galant hatte gestern angekündigt, die Angriffe im Gazastreifen würden in Kürze auf den Süden ausgeweitet.

Laut palästinischen Angaben sind in Chan Yunis mindestens 47 Menschen durch israelisches Militär gestorben

Ilanit Spinner, BR, tagesschau, 19.11.2023 13:15 Uhr

Aus dem Al-Schifa-Krankenhaus in Gaza sind nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörden mindestens 30 Säuglinge evakuiert worden. Ein Sprecher der Behörden, Medhat Abbas, bestätigte diese Zahl in einem Telefongespräch mit der Nachrichtenagentur AP. Die Babys sollten in medizinische Einrichtungen in Ägypten verlegt werden. Zuvor teilte die Weltgesundheitsorganisation (WHO) mit, ein Team habe die Klinik besucht und dort unter anderem 32 Babys vorgefunden. Die Evakuierung der Säuglinge bestätigte die WHO bisher aber nicht.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Katar hat indirekt fortgeschrittene Verhandlungen über eine Geiselfreilassung im Gazastreifen bestätigt. Man sei zuversichtlicher als zuletzt, dass es zu einer Vereinbarung komme, sagte Ministerpräsident Mohammed Bin Abdulrahman al-Thani auf einer Pressekonferenz mit dem EU-Außenbeauftragten Josep Borrell. Die Herausforderungen im Zusammenhang damit seien inzwischen nur noch sehr gering. Die Gespräche würden aber noch andauern. Die strittigen Punkte bezögen sich auf praktische und logistische Fragen.

Zuvor hatte die "Washington Post" unter Berufung auf einen in Katar ausgearbeiteten Plan von einer vorläufigen Einigung berichtet. Israel und die USA dementierten das.

Anna Osius, ARD Kairo, tagesschau, 19.11.2023 12:20 Uhr

Bei israelischen Armeeeinsätzen im Westjordanland sind nach palästinensischen Angaben mindestens zwei Palästinenser getötet worden. Nach Angaben des palästinensischen Roten Halbmonds wurde in Dschenin, einer der Hochburgen bewaffneter Palästinensergruppen im nördlichen Westjordanland, ein 45-jähriger Mann getötet, eine weitere Person sei im Flüchtlingslager Dheischeh in der Nähe von Bethlehem weiter südlich getötet worden. Die israelische Armee äußerte sich bisher nicht zu den Angaben.

Im Laufe des Samstags sind nach UN-Angaben etwa 10.000 Menschen aus dem Norden des Gazastreifens Richtung Süden geflüchtet. Die Zahl beruht auf Schätzungen von UN-Beobachtern vor Ort, berichtete das UN-Nothilfebüro OCHA. Darunter seien auch unbegleitete Minderjährige gewesen.

Die Menschen folgten dem Aufruf der israelischen Streitkräfte, die seit Wochen verlangen, dass Zivilisten wegen der Gefechte mit der Hamas den Nordteil des abgeriegelten Küstengebiets verlassen. Nach Angaben von OCHA berichteten Geflüchtete, sie hätten durch israelische Checkpoints mit Maschinen zur Gesichtserkennung gehen müssen. Israel fürchtet offenbar, dass sich bekannte Terroristen unter den Flüchtenden befinden.

Karte Gazastreifen mit den von der israelischen Armee kontrollierten Gebieten

Graue Flächen: Bebaute Flächen im Gazastreifen. Schraffur: Israelische Armee

Seit Beginn der Bodeneinsätze Israels im Gazastreifen am 27. Oktober sind nach Militärangaben 59 Soldaten getötet worden. Seit dem Massaker von Terroristen der Hamas und anderer Gruppierungen am 7. Oktober im israelischen Grenzgebiet seien es insgesamt 380 getötete israelische Soldatinnen und Soldaten, sagte ein Armeesprecher. Diese Zahl beinhaltet auch Soldaten, die an der Grenze zum Libanon ums Leben kamen. Die Zahlen lassen sich derzeit nicht unabhängig überprüfen.

Zum Vergleich: Während des 50-tägigen Gaza-Kriegs 2014 waren auf israelischer Seite 66 Soldaten und fünf Zivilisten getötet worden. Während des damaligen Konflikts wurden nach UN-Angaben 2.251 Palästinenser getötet.

Die Zahl der im Gazastreifen getöteten Palästinenser ist seit Kriegsbeginn vor sechs Wochen nach Angaben der Hamas-Behörde auf mehr als 12.300 gestiegen. Rund 30.000 Menschen seien verletzt worden, teilte die Regierungspressestelle in Gaza am Samstagabend mit. Unter den Toten sollen mehr als 5.000 Kinder und Jugendliche seien. Es gebe auch Tausende von Vermissten. Den Angaben zufolge soll es sich um die mit Abstand höchste Zahl getöteter Palästinenser während eines Kriegs in der Geschichte des israelisch-palästinensischen Konflikts handeln. Die Zahlen lassen sich jedoch nicht unabhängig überprüfen.

Die Behörde im Gazastreifen veröffentlichte zuletzt kein tägliches Update der Opferzahlen mehr. Als Gründe führten Beobachter die israelischen Bombardements, den zunehmenden Zusammenbruch des Gesundheitswesens und das Vorgehen der israelischen Truppen im Norden des abgeriegelten Küstenstreifens an. Zuletzt hatte die Behörde von rund 11.500 Toten gesprochen.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Das israelische Fernsehen hat in der Nacht zu Sonntag ebenfalls Details einer möglichen Vereinbarung zur Freilassung von Geiseln im Gazastreifen veröffentlicht. Demnach soll die militant-islamistische Hamas grundsätzliche Bereitschaft zur Freilassung von 87 Geiseln signalisiert haben, berichtete der Sender N12 unter Berufung auf eine der Hamas nahestehende Quelle. Darunter seien 53 Frauen, Kinder und Jugendliche sowie 34 Ausländer.

Im Gegenzug müsse Israel sich zu fünf Tagen Kampfpause im Gazastreifen sowie zur Freilassung von weiblichen palästinensischen Häftlingen, Minderjährigen in israelischen Gefängnissen und sogenannten Sicherheitshäftlingen verpflichten. Außerdem verlange die Hamas die Einfuhr von mehr Treibstoff in den Küstenstreifen. Israel übermittelte daraufhin dem Sender zufolge aktualisierte Bedingungen und forderte unter anderem die Freilassung aller Kinder und Mütter. Der Sender berichtete gleichzeitig, es sei noch unklar, ob der Deal vorangehen werde.

Auch Israels Premierminister Benjamin Netanyahu hat dem Bericht der "Washington Post" zu einer vorläufigen Einigung widersprochen. Auf einer Pressekonferenz am Samstagabend sagte er, mit Blick auf die Geiseln gebe es viele unbegründete Gerüchte und falsche Berichte. "Ich möchte klarstellen: Bis jetzt gibt es noch keine Einigung." Wenn es etwas zu sagen gebe, werde darüber informiert werden. Zudem sagte er, wenn die Geiseln zurückkommen, sei Israel zu einer temporären Feuerpause bereit.

Björn Dake, ARD Tel Aviv, tagesschau, 19.11.2023 06:05 Uhr

Die US-Regierung hat einen Bericht der "Washington Post" über eine vorläufige Einigung auf eine Feuerpause zwischen Israel und der Terrororganisation Hamas dementiert. "Wir haben noch keine Einigung erzielt, aber wir arbeiten weiter hart daran, eine Einigung zu erzielen", erklärte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats des Weißen Hauses, Adrienne Watson, auf X, vormals Twitter.

Die "Washington Post" hatte zuvor unter Berufung auf Insider über eine unter Vermittlung der USA zustandegekommene Vereinbarung zwischen Israel und der Hamas berichtet. Diese sieht demnach eine fünftägige Feuerpause im Gegenzug für die Befreiung von mindestens 50 Geiseln vor. Der Zeitung zufolge könnte die Freilassung der Geiseln bereits in den nächsten Tagen beginnen, sofern es keine Probleme in letzter Minute gebe. 

Die Einstellung der Kampfhandlungen soll demnach auch ermöglichen, dass deutlich mehr humanitäre Hilfe - einschließlich Treibstoff - von Ägypten in den Gazastreifen gelangen kann. Der Entwurf des Abkommens sei in wochenlangen Gesprächen in der katarischen Hauptstadt Doha zwischen Israel, den USA und der Hamas ausgearbeitet worden.

Bei einem Angriff auf einen Konvoi der Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" ist der Organisation zufolge ein Mensch getötet worden, ein weiterer wurde verletzt. Bei dem Toten handele es sich um einen Angehörigen eines Mitarbeiters von "Ärzte ohne Grenzen", teilte die Organisation auf ihrer Webseite mit.

Der Konvoi habe versucht, 137 Menschen in Sicherheit zu bringen, die seit einer Woche nahe dem Al-Schifa-Krankenhaus im Gazastreifen ausgeharrt hätten. Zwei Autos des Konvois seien absichtlich angegriffen worden, schreibt die Hilfsorganisation.

"Ärzte ohne Grenzen" verurteilte den Vorfall und forderte erneut einen sofortigen Waffenstillstand. Nur so könnten eingeschlossene Zivilisten fliehen. Die Organisation machte keine Angaben dazu, wer für den Vorfall verantwortlich ist.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) arbeitet laut eigenen Angaben unter Hochdruck an einem Plan zur Rettung der verbliebenen Patientinnen und Patienten aus dem Al-Schifa-Krankenhaus im Gazastreifen. Mitarbeiter hätten das Krankenhaus am Samstag aufgesucht und eine desolate Lage vorgefunden, schrieb WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus auf dem Kurznachrichtenportal X, ehemals Twitter. Es gebe dort kein Wasser, kein Essen, keinen Strom, keinen Treibstoff und keine medizinischen Vorräte mehr.

In einer nach dem Besuch veröffentlichten Erklärung, spricht die WHO von einer verzweifelten Lage in der Klinik. Das Krankenhaus sei eine "Todeszone". 291 Patienten und 25 medizinische Mitarbeiter befinden sich demnach derzeit noch im Al-Schifa-Krankenhaus. 

Die WHO arbeite mit Partnern daran und verlange Unterstützung für diesen Plan. "Die derzeitige Situation ist unerträglich und nicht zu rechtfertigen", schrieb er. "Feuerpause. JETZT", fügte er hinzu.

EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hat sich in Kairo gegen eine "Vertreibung von Palästinensern" ausgesprochen. Israels Armee tötete eigenen Angaben zufolge mehrere Terroristen im besetzten Westjordanland. Die Entwicklungen vom Samstag zum Nachlesen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 21. November 2023 um 04:45 Uhr.