Benjamin Netanyahu (Archiv)
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Krieg in Nahost ++ Streit über Netanyahu-Zitat zu Hamas-Angriff ++

Stand: 05.11.2023 23:30 Uhr

Eine angebliche Aussage von Israels Premier Netanyahu zum Anlass der Hamas-Angriffe löst Empörung aus. Israels Armee hat den Gazastreifen für ihre Bodeneinsätze in einen Nord- und einen Südteil gespalten. Die Entwicklungen vom Sonntag zum Nachlesen.

05.11.2023 • 23:30 Uhr

Ende des Liveblogs

Hiermit beenden wir den heutigen Liveblog. Vielen Dank für Ihr Interesse!

05.11.2023 • 22:28 Uhr

Erneut Raketenangriffe auf Israel

Die im Gazastreifen Terrormiliz Hamas hat am Abend erneut Raketen auf israelische Ortschaften abgefeuert. Auch im Großraum Tel Aviv heulten mehrfach die Warnsirenen. Der militärische Arm der Hamas, die von den USA und der EU als Terrororganisation eingestuft wird, reklamierte die Attacken auf Telegram für sich. Verletzt wurde Sanitätern zufolge nach ersten Erkenntnissen niemand.

Aus dem Gazastreifen wurden laut Militärangaben seit Kriegsbeginn am 7. Oktober mehr als 8000 Raketen auf israelische Ortschaften abgefeuert. Für einen Großteil übernahm die in dem Küstengebiet herrschende Hamas die Verantwortung.

Ein hochrangiger israelischer Kabinettsminister hat den israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanyahu aufgefordert, eine angebliche Aussage zum möglichen Anlass für den Hamas-Angriff auf Israel zurückzunehmen. Netanyahu soll demnach gesagt haben, man müsse prüfen, ob ein Protest von israelischen Armeereservisten gegen seine Regierung die Hamas ermutigt habe.

Benny Gantz, der aus der Opposition in Netanyahus Kriegskabinett gewechselt war, sagte, Netanyahu müsse seinen Kommentar zurückziehen. "Sich der Verantwortung zu entziehen und in Kriegszeiten Schlamm zu werfen, ist ein Schlag für das Land", schrieb Gantz auf X. Netanyahu bestreitet, die Aussage getätigt zu haben.-

Bei einem israelischen Luftangriff im Süden des Libanons sind am Abend vier Zivilisten getötet worden. Bei den Toten handelt es sich nach einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur NNA um eine Frau und drei Kinder. Zwei zivile Autos mit Mitgliedern einer einzelnen Familie seien zwischen den Ortschaften Ainata und Aitarun unterwegs gewesen, als sie von dem Luftangriff getroffen wurden. Eines der Autos sei in Flammen aufgegangen. Außer der getöteten Frau und den drei getöteten Mädchen im Alter von zehn, zwölf und 14 Jahren seien weitere Menschen verletzt worden.

Das israelische Militär erklärte dazu, man habe das Fahrzeug "„als mutmaßliches Transportmittel für Terroristen identifiziert". Man prüfe Berichte, laut denen sich darin Zivilisten befanden.

Bei einem Angriff aus dem Libanon ist im Norden Israels nach Militärangaben ein israelischer Zivilist getötet worden. "Die (libanesische) Hisbollah greift israelische Militäreinrichtungen und zivile Städte an, ohne zwischen Zivilisten und Militärangehörigen zu unterscheiden", schrieb ein Sprecher der israelischen Armee auf der Plattform X. Bei einem dieser Angriffe sei ein israelischer Staatsbürger getötet worden.

Am Nachmittag war nach Armeeangaben ein israelisches Fahrzeug an der Grenze zum Libanon von einer Panzerabwehrrakete getroffen worden. Ob es sich dabei um den Angriff handelte, bei dem der Zivilist starb, ist unklar. Die libanesische Hisbollah-Miliz teilte mit, sie habe eine Gruppe israelischer Soldaten angegriffen und dabei Opfer verursacht. Das israelische Militär erwiderte nach eigenen Angaben das Feuer.

Zuvor hatte die israelische Raketenabwehr nach Armeeangaben ein unbemanntes Luftfahrzeug aus dem Libanon abgefangen. Außerdem seien mehrere Geschosse vom Libanon aus auf den Norden Israels abgefeuert worden. Die Artillerie habe in beiden Fälle Ziele in dem nördlichen Nachbarland angegriffen.

Die israelische Armee hat den Gazastreifen bei ihrem Bodeneinsatz nach eigenen Angaben in zwei Teile gespalten, während "entscheidende" Angriffe im Krieg gegen die radikalislamische Hamas fortgesetzt würden. Die israelischen Streitkräfte hätten "Gaza-Stadt von der Südküste aus eingekreist", sagte Armeesprecher Daniel Hagari. "Jetzt gibt es einen südlichen Gazastreifen und einen nördlichen Gazastreifen."

Israelische Armee verkündet Spaltung von Gaza in Nord und Süd, Oliver Mayer-Rüth, ARD Tel Aviv, mit einer Bewertung

tagesschau, 05.11.2023 20:00 Uhr

Laut dem ARD-Korrespondenten Oliver Mayer-Rüth biete eine solche Aufteilung einen Sicherheitsvorteile für die israelische Armee, da die Hamas ihre Angriffe vorwiegend vom eng bebauten und besiedelten Norden des Gazastreifens ihre Angriffe starte und sich dort verschanzte. Die Versorgung von zwei Millionen Menschen allein im Süden des Gazastreifens würde jedoch zu einer humanitären Herausforderung.

05.11.2023 • 19:28 Uhr

US-Außenminister zu Besuch im Irak

US-Außenminister Antony Blinken ist auf seiner Nahostreise zu einem unangekündigten Besuch im Irak eingetroffen. Blinken wurde am Abend in Bagdad vom irakischen Ministerpräsidenten Mohammed al-Sudani empfangen. Blinken sagte, ein wichtiges Augenmerk der USA liege auf einer Freilassung der Geiseln, die sich im Gazastreifen in der Gewalt der Hamas befinden. Bei der Zukunft des Gazastreifens komme es wesentlich auf palästinensische Stimmen an.

Der oberste Führer des Irans, Ajatollah Ali Chamenei, hat laut einem Bericht der staatlichen Nachrichtenagentur Irna Hamas-Führer Ismail Hanija getroffen. Wann das Treffen erfolgte, ging aus dem Bericht nicht hervor. Laut Irna lobte Chamenei die Geduld und das Durchhaltevermögen der Menschen im Gazastreifen und unterstrich die iranische Unterstützung der Palästinenser im Krieg zwischen Israel und der militant-islamistischen Hamas. Diese wird von Israel, der EU und den USA als Terrororganisation eingestuft.

Chamenei rief islamische Staaten und internationale Organisationen auf, zur Unterstützung der Menschen in Gaza aktiv zu werden. Das israelische Militär beschuldigte den im Exil lebenden Hanija vor wenigen Tagen, in einem Privatjet in den Iran geflogen zu sein, während die Menschen im Gazastreifen unter der israelischen Offensive gegen die Hamas litten. Israel wirft dem Iran vor, die Region zu destabilisieren, indem er Gruppen wie die Hamas und die Schiitenmiliz Hisbollah im Libanon unterstütze.

Zum dritten Mal seit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der militant-islamistischen Hamas am 7. Oktober sind im Gazastreifen die Kommunikationsverbindungen vollständig ausgefallen. Das palästinensische Kommunikationsunternehmen Paltel teilte mit, alle "Kommunikations- und Internetdienste" funktionierten nicht mehr.

Die Organisation NetBlocks.org bestätigte, dass die Kommunikationsverbindungen in dem abgeriegelten Küstenstreifen ausgefallen seien. Juliette Touma, Sprecherin des UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA), sagte der Nachrichtenagentur AP, die Organisation habe keinen Kontakt mehr zu den meisten ihrer Teammitglieder. Der erste derartige Ausfall im Gazastreifen dauerte 36 Stunden, der zweite einige Stunden.

Das israelische Militär hat neue Beweise dafür vorgelegt, dass die Hamas von Krankenhäusern im belagerten Gazastreifen aus operiert. Armeesprecher Daniel Hagari zeigte Aufnahmen des von Katar finanzierten Scheich-Hamad-Krankenhauses in Gaza-Stadt, die seiner Meinung nach zeigten, dass sich das labyrinthische Netzwerk unterirdischer Tunnel der Hamas unter dem Krankenhaus erstreckt.

Die undatierten Aufnahmen zeigten mindestens eine quadratische Öffnung im Boden neben dem Krankenhaus sowie Schüsse aus den Fenstern im obersten Stockwerk des Krankenhauses, die laut Hagari von Hamas-Kämpfern abgefeuert wurden. Er präsentierte zudem Bilder, die unterirdische Abschussrampen neben dem indonesischen Krankenhaus zeigen sollen.

Zudem zeigte Hagari ein Foto, das eine von der Hamas errichteten Straßensperre zeigen soll. Diese solle die Zivilbevölkerung in Gaza daran zu hindern, von Norden in den Süden zu fliehen. Die israelische Armee haben ihre Bodenoperationen angepasst, um die Korridore von Norden nach Süden offen zu halten. Die Hamas greift jedoch weiter die israelischen Truppen an.

Im Süden des Libanon sind vier Rettungskräfte nach Angaben staatlicher Medien und einer Hilfsorganisation durch israelischen Beschuss verletzt worden. Zwei Krankenwagen der Risala Scout Vereinigung seien am Sonntag bei einem israelischen Angriff getroffen worden, berichtete die staatliche libanesische Nachrichtenagentur ANI. Die Vereinigung organisiert Rettungseinsätze und ist mit der schiitischen Amal-Bewegung verbunden, einem Verbündeten der pro-iranischen Hisbollah-Miliz. Die Vereinigung erklärte, eine israelische Drohne habe die Krankenwagen absichtlich ins Visier genommen. Vier medizinische Kräfte seien verletzt worden. Der Angriff sei im Morgengrauen erfolgt, als die Rettungskräfte in das Dorf Tair Harfa etwa drei Kilometer von der israelischen Grenze entfernt gerufen worden seien, um Verletzte zu versorgen.

Die israelische Armee erklärte, sie habe eine Drohne gegen eine "terroristische Zelle" eingesetzt, die versucht habe, von Libanon Richtung Rosh Hanikra in Nordisrael zu schießen. Soldaten hätten "zwei verdächtige Fahrzeuge" beobachtet. Der Angriff habe sich aber gegen die "terroristische Zelle" gerichtet und nicht gegen die Fahrzeuge.

Israel ist nach Einschätzung eines Beraters von Verteidigungsminister Joav Galant noch weit davon entfernt, die Hamas zu besiegen. "Wir sehen nicht, dass Hunderte von Menschen anfangen, sich zu ergeben", sagte Giora Eiland, ein General der Reserve und ehemaliger Leiter des nationalen Sicherheitsrats, dem Armeeradio. "Wir sehen sehr, sehr ausgeklügelte Angriffe der anderen Seite, bei denen Gleitschirmflieger, Panzerabwehrraketen und Mörser erfolgreich koordiniert eingesetzt werden." Dies erfordere ein hohes Maß an Koordination, die Extremisten seien darin erfolgreich.

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu und andere Kabinettsmitglieder haben sich in aller Deutlichkeit von Äußerungen des weit rechtsstehenden Kulturerbeministers Amichai Elijahu distanziert. Dieser hatte in einem Interview mit dem Radiosender Kol Beramah gesagt, der Abwurf einer Atombombe auf den Gazastreifen sei eine Option. Später ruderte er zurück und erklärte, die Äußerung sei metaphorisch gemeint gewesen. "Aber wir müssen definitiv machtvoll und überproportional auf Terrorismus reagieren." Das Armeeradio zitierte Netanyahu damit, dass Elijahus Äußerungen von der Realität losgelöst seien.

Ein israelisches Fahrzeug ist nach Militärangaben an der Grenze zum Libanon von einer Panzerabwehrrakete getroffen worden. Diese sei vom Libanon aus abgefeuert worden, teilte die israelische Armee mit. Das Militär erwidere das Feuer und greife den Ort der Attacke an. Die libanesische Hisbollah-Miliz erklärte, sie habe eine Gruppe israelischer Soldaten nahe der Grenze angegriffen und dabei Opfer verursacht Zuvor hatte die israelische Raketenabwehr nach Armeeangaben ein unbemanntes Luftfahrzeug aus dem Libanon abgefangen. Außerdem seien mehrere Geschosse vom Libanon aus auf den Norden Israels abgefeuert worden. Die Artillerie habe in beiden Fälle Ziele in dem nördlichen Nachbarland angegriffen.

Nirgendwo im Gazastreifen komme genügend Hilfe an, erklärte die Chefin des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen, Cindy McCain. "Wir müssen weiter zusammenarbeiten, um einen sicheren und dauerhaften Zugang zum Gazastreifen in einem Umfang zu erhalten, der den katastrophalen Bedingungen für die Familien dort entspricht", sagte sie nach einem Besuch des Grenzübergangs Rafah.

McCain forderte einen erweiterten Zugang für humanitäre Hilfe im Gazastreifen. Sie rief dazu auf, die Hilfslieferungen für den Gazastreifen aufzustocken, um den katastrophalen Bedingungen gerecht zu werden, denen Familien dort ausgesetzt seien.

Die Krise im Gazastreifen sei nicht nur eine lokale Tragödie, sondern rufe in Erinnerung, dass sich die globale Nahrungsmittelkrise verschärfe. "Diese Krise bedroht nicht nur den Frieden und die Stabilität in der Region, sie untergräbt auch unsere gemeinsamen Bemühungen, den Hunger weltweit zu bekämpfen", sagte McCain.

Die Palästinensische Autonomiebehörde soll aus Sicht der USA eine zentrale Rolle in der Zukunft des Gazastreifens spielen. Das habe US-Außenminister Antony Blinken Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas bei deren gemeinsamen Treffen erklärt, sagte ein führender Mitarbeiter des US-Außenministeriums der Nachrichtenagentur Reuters. Er ergänzte, Abbas habe den Eindruck erweckt, Aufgaben bei der Gestaltung der Zukunft des Gebiets übernehmen zu wollen.

Mindestens 9.770 Palästinenser, darunter 4.800 Kinder, sind nach Angaben der Gesundheitsbehörde im Gazastreifen seit Ausbruch der Kämpfe zwischen Israel und Hamas getötet worden. Die Behörde wird von der militant-islamistischen Hamas kontrolliert. Die Angaben können nicht überprüft werden.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

In der pakistanischen Hauptstadt Islamabad sind Zehntausende Demonstranten aus Solidarität für die Palästinenser auf die Straße gegangen. Aufgerufen zu dem Protest hatte die islamistische Partei Tehreek-e Labbaik Pakistan (TLP). Ihre Anhänger waren laut Parteiangaben aus dem ganze Land angereist. Demonstranten forderten eine Waffenruhe und verurteilten Israels Angriffe auf Gaza.

In der pakistanischen Hauptstadt Islamabad sind Zehntausende Demonstranten aus Solidarität für die Palästinenser auf die Straße gegangen.

In der pakistanischen Hauptstadt Islamabad sind Zehntausende Demonstranten aus Solidarität für die Palästinenser auf die Straße gegangen.

05.11.2023 • 12:57 Uhr

Iran warnt USA

Der Iran warnt die USA vor Konsequenzen, falls die Kämpfe im Gazastreifen nicht sofort eingestellt werden. "Unser Rat an die Amerikaner ist, den Gaza-Krieg umgehend zu stoppen und eine Feuerpause durchzusetzen", erklärte Außenminister Mohammad-Reza Ashtiani nach einem Bericht der iranischen Nachrichtenagentur Tasmin. "Andernfalls werden sie schwer getroffen werden." Aus Sicht des Iran sind die USA auch militärisch an dem Konflikt beteiligt.

05.11.2023 • 12:38 Uhr

Papst fordert Waffenruhe

Papst Franziskus hat eindringlich zu einer Waffenruhe in Israel und in den palästinensischen Gebieten aufgerufen. Es müsse alles für ein Ende des Konfliktes getan werden, sagte das katholische Kirchenoberhaupt beim Angelusgebet auf dem Petersplatz.

Er wies auf die "schlimme humanitäre Lage" im Gazastreifen hin und forderte Möglichkeiten für Lieferungen von Hilfsgütern. Zugleich verlangte der Papst erneut die sofortige Freilassung aller israelischen Geiseln. Unter ihnen seien auch viele Kinder. Sie müssten zu ihren Familien zurückkehren. Die Zukunft so vieler Kinder würde in Kriegen getötet - auch in der Ukraine und anderen Konfliktgebieten, sagte Franziskus.

Ministerpräsident Benjamin Netanyahu hat Kulturminister Amihay Elijahu von einer rechtsextremen Koalitionspartei nach öffentlichen Gedankenspielen über einen Atomschlag im Gaza-Krieg vorerst von Kabinettssitzungen ausgeschlossen.

Elijahu hatte einem Radiosender zur Frage über eine hypothetische nukleare Option geantwortet: "Das ist eine Möglichkeit." Netanyahus Büro hatte daraufhin erklärt: "Elijahus Aussagen entsprechen nicht der Realität." Israel und sein Militär handelten gemäß des Völkerrechts, damit keine Unschuldigen Schaden nähmen.

Die Äußerungen Elijahus fanden ein breites Echo in arabischen sowie israelischen Medien und wurden scharf kritisiert. Elijahu ruderte daraufhin zurück. "Jedem vernünftigen Menschen ist klar, dass die Bemerkung über die Atomwaffen metaphorisch gemeint war", schrieb er in sozialen Medien. Er erklärte dort auch: "Eine starke und unverhältnismäßige Antwort auf den Terrorismus ist definitiv erforderlich, die den Nazis und ihren Anhängern klar machen wird, dass sich Terrorismus nicht lohnt."

Aktuelle Lage im Nahost-Krieg

Katharina Pfadenhauer, BR, tagesschau, 05.11.2023 13:15 Uhr

Die Evakuierung von Verletzten aus dem Gazastreifen und von Menschen mit ausländischer Staatsbürgerschaft über den Grenzübergang Rafah nach Ägypten ist Sicherheitskreisen zufolge seit Samstag ausgesetzt. Hintergrund sei der israelische Angriff auf einen Krankenwagen im Gazastreifen am Freitag, der für den Transport von Verletzten genutzt worden sei, erklären ein Vertreter der ägyptischen Sicherheitsbehörden und ein Mitarbeiter eines medizinischen Dienstes. Lastwagen mit Hilfsgütern könnten weiterhin in das Palästinenser-Gebiet fahren.

Die von der militant-islamistischen Palästinenser-Organisation Hamas kontrollierte Gesundheitsbehörde im Gazastreifen hatte am Freitag mitgeteilt, Israel habe einen Konvoi von Krankenwagen angegriffen. Israel hingegen erklärte, der Krankenwagen sei von der Hamas zum Transport von Kämpfern und Waffen genutzt worden.

Die französische Außenministerin Catherine Colonna hat die hohe Zahl der Todesopfer im Gazastreifen beklagt und einen Schutz der Zivilbevölkerung gefordert. Schulen, Krankenhäuser, humanitäre Helfer und Journalisten müssten geschützt werden, sagt sie auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Katars Ministerpräsident und Außenminister Mohammed bin Abdulrahman Al Thani in Doha.

Die internationale Konferenz in Frankreich am Donnerstag zur Lage der Zivilbevölkerung im Gazastreifen werde sich um die Einhaltung des Völkerrechts und die Forderung nach konkreten Hilfsmaßnahmen wie die Versorgung bei Grundbedürfnissen mit Wasser, Energie und Nahrung sowie die medizinische Versorgung drehen.

Hunderttausende pro-palästinensische Demonstranten sind durch das Zentrum der indonesischen Hauptstadt Jakarta marschiert und haben ein Ende der israelischen Angriffe auf den Gazastreifen gefordert. Viele der Demonstranten trugen Halstücher mit der Aufschrift "Rettet Palästina". Sie skandierten Parolen, als sie sich im Park des Nationaldenkmals im Stadtzentrum versammelten. Dazu schwenkten sie indonesische und palästinensische Flaggen.

Es war der bislang größte Protest in Indonesien seit Ausbruch des Gazakriegs, der von einem terroristischen Großangriff der im Gazastreifen regierenden Hamas auf Israel am 7. Oktober ausgelöst wurde. Mehrere Kabinettsminister und Politiker, darunter die Außenministerin Retno Marsudi und die Vorsitzende des Volksvertretungsrats, Puan Maharani, nahmen an dem Protestmarsch teil, der vom muslimischen Ulema-Rat (MUI) organisiert wurde.

US-Außenminister Antony Blinken hat im Rahmen seiner Vermittlungsbemühungen in Nahost Palästinenserpräsident Mahmud Abbas in Ramallah getroffen. Die in der Stadt im Westjordanland ansässige Palästinenserbehörde veröffentlichte Bilder des Treffens. Beide berieten rund eine Stunde in Ramallah, traten danach aber nicht vor die Presse. Abbas habe eine sofortige Feuerpause im Gazastreifen und die Lieferung von Hilfsgütern gefordert, erklärt ein Sprecher des Präsidenten. Ein Sprecher des US-Außenministeriums teilt mit, Blinken habe verdeutlicht, dass die USA an der Verwirklichung der legitimen palästinensischen Ansprüche auf einen eigenen Staat arbeiteten. Abbas leitet die Palästinensische Autonomiebehörde mit Sitz in Ramallah.

Es ist der erste Besuch des US-Chefdiplomaten im Westjordanland seit dem Großangriff der radikalislamischen Hamas auf Israel am 7. Oktober.

Gabriele Dunkel, BR, zu US-Außenminister Blinkens Besuch bei Palästinensischem Präsident Abbas

tagesschau, 05.11.2023 13:15 Uhr

Tausende Menschen haben sich am Samstag in Tel Aviv einer Demonstration angeschlossen, die von Familien der rund 240 in den Gazastreifen verschleppten Geiseln organisiert wurde. "Jetzt!", riefen die Demonstranten immer wieder, um ihrer Forderung nach einer unverzüglichen Befreiung der Menschen Ausdruck zu verleihen, die sich seit fast einem Monat in der Gewalt der Extremisten befinden. Viele hielten Bilder von Geiseln in die Höhe, unter denen auch Kinder und ältere Menschen sind.

Im besetzten Westjordanland sind heute drei Palästinenser nach Angaben der palästinensischen Behörden von der israelischen Armee getötet worden. Zwei von ihnen im Alter von 20 und 22 Jahren seien bei einem "Angriff der israelischen Besatzungstruppen" auf Abu Dis getötet worden - einem palästinensischen Dorf, das nur durch die israelische Grenzmauer von Jerusalem getrennt ist, wie das palästinensische Gesundheitsministerium in Ramallah mitteilte. Einer der beiden sei von einem Schuss in die Brust getroffen worden, sechs weitere Menschen seien verletzt worden, drei von ihnen schwer. Weiter südlich wurde den Angaben zufolge ein junger Palästinenser in Nuba nordwestlich von Hebron von der israelischen Armee erschossen.

Im Gazastreifen sind weitere 30 Lastwagen mit Hilfsgütern eingetroffen. Die Güter seien dort an Teams des Internationalen Komitees vom Roten Kreuz (IKRK) sowie des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA übergeben worden, teilte der Palästinensische Rote Halbmond mit. Zudem habe der Ägyptische Rote Halbmond Güter geliefert. Wie zuvor kamen Essen, Wasser und Arzneimittel in den Gazastreifen. Insgesamt seien damit seit Beginn des Gaza-Kriegs Güter von 451 Lkw eingetroffen. Nach UN-Angaben sind täglich 100 Lkw-Ladungen notwendig, um die gut zwei Millionen Menschen im Gazastreifen mit dem Nötigsten zu versorgen.

Die israelische Regierungsspitze hat sich klar von Äußerungen eines rechtsextremen Ministers zum Vorgehen im Gazastreifen distanziert. Kulturerbeminister Amichai Elijahu hatte auf die Frage während eines Radiointerviews, ob man eine Atombombe auf den Gazastreifen werfen sollte, geantwortet: "Das ist eine der Optionen."

Der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanyahu sagte daraufhin, Elijahus Äußerungen hätten "keine Basis in der Realität". Israel und die Armee gingen "in Einklang mit den höchsten Standards internationalen Rechts vor, um Schaden an Zivilisten zu vermeiden". Man werde dies weiterhin tun, "bis zu unserem Sieg" gegen die im Gazastreifen herrschende islamistische Hamas. Auch Verteidigungsminister Joav Galant verurteilte die "haltlosen und unverantwortlichen Äußerungen" Elijahus. "Gut, dass dies nicht die Leute sind, die für Israels Sicherheit zuständig sind", schrieb er in einem X-Post. Elijahu von der rechtsextremen Partei Otzma Jehudit ist weder Teil des israelischen Sicherheitskabinetts noch des Kriegskabinetts um Netanyahu und gilt nicht als einflussreich.

05.11.2023 • 08:59 Uhr

Blinken-Treffen mit Abbas erwartet

US-Außenminister Blinken will sich nach Medienberichten heute in Ramallah mit dem palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas treffen. Blinken landete am Morgen auf dem Flughafen bei Tel Aviv. Den Berichten zufolge soll es bei dem Treffen mit Abbas um die Frage gehen, wie eine Zukunft des Gazastreifens nach dem Krieg aussehen könnte.

Blinken hat sich dafür ausgesprochen, dass die palästinensische Autonomiebehörde von Abbas wieder die Kontrolle im Gazastreifen übernimmt. Diese ist dazu aber nur im Rahmen einer Zwei-Staaten-Lösung bereit. Sie sieht die Gründung eines unabhängigen palästinensischen Staates an, der friedlich Seite an Seite mit Israels existiert. Diese Vision wird aber von den meisten Mitgliedern der gegenwärtigen Regierung in Israel als Gefahr für den jüdischen Staat angesehen und daher abgelehnt. Es gibt auch rechtsextreme Minister, die eine Annexion des Westjordanland und sogar des Gazastreifens anstreben.

US-Präsident Joe Biden hat am Samstag Fortschritte bei Bemühungen angedeutet, Israel zu einer vorübergehenden Einstellung der Angriffe auf den Gazastreifen aus humanitären Gründen zu bewegen. Als er eine katholische Kirche in Rehoboth Beach, Delaware, verließ, wurde Biden bei einem kurzen Austausch mit Journalisten gefragt, ob es Fortschritte gebe. "Ja", sagte er, nannte jedoch keine Details.

Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben während ihres Bodeneinsatzes gegen die islamistische Hamas im Gazastreifen bislang mehr als 2500 Ziele angegriffen. Dies sei im Verbund mit der Luftwaffe und der Marine geschehen. Die Truppen setzten die "Ausschaltung von Terroristen" im Nahkampf fort, teilte die Armee mit. Die Truppen lenkten Kampfflugzeuge zu Angriffen auf die Infrastruktur der Hamas, auf Waffendepots, Beobachtungsposten sowie Kommando- und Kontrollzentren, teilte das israelische Militär mit. Auch in der Nacht seien Luftangriffe auf ein Militärgelände der Hamas geflogen worden, in dem sich Kommando- und Kontrollzentren, Beobachtungsposten und weitere terroristische Infrastruktur befänden.

Am vergangenen Wochenende hatte das israelische Militär eine neue Phase im Krieg gegen die im Gaza herrschende palästinensische Organisation eingeläutet und seine Einsätze am Boden ausgeweitet. Der Gazastreifen hat eine Länge von etwa 40 Kilometer und erstreckt sich über eine Fläche, die nur etwas größer als die von München ist. In dem dicht besiedelten Gebiet leben mehr als 2,2 Millionen Menschen.

"Druck auf Israel wird größer", Gabriele Dunkel, ARD Tel Aviv, zur Lage im Nahost-Krieg

tagesschau24, 05.11.2023 09:00 Uhr

Bei einer pro-palästinensischen Großkundgebung in Washington haben am Samstag Tausende Menschen eine Waffenruhe im Gazastreifen gefordert. Zudem kritisierten sie den Kurs der US-Regierung von Präsident Joe Biden, die Forderungen an Israel nach einer umfassenden Waffenruhe im Gaza-Krieg ablehnt. Die Demonstranten trugen Plakate mit Slogans wie "Palestinian Lives Matter", "Let Gaza Live" und "Their blood is in on your hands". Die Kundgebung zählt zu den größten Demonstrationen in der US-Hauptstadt in den vergangenen Jahren und zu den größten pro-palästinensischen Demonstrationen landesweit.

Die US-Regierung weist ebenso wie Israel Forderungen nach einer Waffenruhe zurück, weil damit der radikal-islamischen Palästinenser-Gruppe Hamas die Möglichkeit gegeben werde, sich neu zu formieren. Sie hat bislang vergeblich versucht, Israel zu örtlich begrenzten Feuerpausen zu bewegen, um humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung zu ermöglichen.

In Israel haben einem Medienbericht zufolge Hunderte Menschen vor einem Haus von Ministerpräsident Benjamin Netanyahu protestiert und seinen Rücktritt gefordert. Dabei kam es am Samstagabend in Jerusalem der Zeitung "The Times of Israel" zufolge zu Zusammenstößen mit der Polizei, als Demonstranten versuchten, durch die Absperrungen zu drängen. Drei Personen seien festgenommen worden, hieß es. Die Menschen warfen Netanyahu demnach vor, dass unter seiner Führung die islamistische Hamas am 7. Oktober das schlimmste Massaker der Geschichte Israels anrichten konnte.

Zudem hätten sie einen Gefangenenaustausch gefordert, hieß es weiter. Auch an anderen Orten in Israel kam es dem Bericht zufolge erneut zu Protesten gegen Netanyahu. Der Regierungschef weigert sich bisher, öffentlich eigene Fehler einzugestehen. In Tel Aviv hätten sich zudem Tausende Menschen im Stadtzentrum versammelt, um ihre Unterstützung für die Familien der mehr als 240 Geiseln zu zeigen, die die Hamas genommen hat. Kürzlich hatten Vertreter der Angehörigen der Geiseln nach einem Treffen mit Netanyahu einen Gefangenenaustausch gefordert. Netanyahu lehnt Feuerpausen im Gazakrieg ab, so lange die islamistische Hamas die von ihr im Gazastreifen festgehaltenen Geiseln nicht freilässt.

Die israelischen Bodentruppen haben beim Vorrücken im Gazastreifen auch den Chef der islamistischen Hamas im Visier. Israels Truppen "nehmen ein Hamas-Bataillon nach dem anderen auseinander" und würden Hamas-Chef Jihia al-Sinwar "eliminieren", zitierte die Zeitung "The Times of Israel" Israels Verteidigungsminister Joav Gallant. "Wir werden Yahya Sinwar finden und ihn eliminieren. Wenn die Bewohner des Gazastreifens vor uns dort ankommen, wird das den Krieg verkürzen", sagte Gallant dem Bericht zufolge.

Israels Truppen griffen Terrorziele in der Stadt Gaza sowohl vom Süden als auch vom Norden her an und seien in städtische Gebiete vorgedrungen, hieß es. Der israelische Armeesprecher Daniel Hagari hatte kürzlich erklärt, es sei die Absicht der Hamas und ihres Anführers Al-Sinwar, das Bild eines zerstörten Gazas zu zeigen und Israel verantwortlich zu machen für das Leid der Menschen dort. "Sie werden die echten Schuldigen nicht verbergen können, und zwar sie selbst, die Verderben über Gaza gebracht haben", hatte Hagari gesagt.

Die israelische Armee hat den Zivilisten im Gazastreifen für Sonntag erneut ein Zeitfenster für die Flucht in den Süden des Küstengebiets genannt. Die israelischen Streitkräfte würden zwischen 10:00 Uhr und 14:00 Uhr Ortszeit (9:00 und 13:00 Uhr MEZ) Verkehr auf einer Straße in Richtung Süden zulassen, schrieb ein israelischer Armeesprecher am Samstagabend auf der Plattform X.

Die Armee veröffentlichte auch eine Karte mit der ausgewiesenen Straße. Der Sprecher rief die Menschen auf, zu ihrer eigenen Sicherheit die nächste Gelegenheit zu nutzen, nach Süden zu gehen.

Am vergangenen Wochenende hatte das Militär eine neue Phase im Krieg gegen die im Gazastreifen herrschende Hamas eingeläutet und seine Einsätze am Boden ausgeweitet. Israels Armee hatte die Menschen im Norden bereits mehrfach aufgefordert, in den Süden des abgeriegelten Küstenstreifens zu fliehen. Dies haben nach Militärangaben bereits mindestens rund 700.000 Menschen getan.

Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul (CDU) will nach einer pro-palästinensischen Demonstration in Essen die Auflagen für Kundgebungen überprüfen. Wer auf Straßen den Kalifat-Staat ausrufe, habe die demokratische Grundordnung in Deutschland nicht verstanden, sagte Reul dem WDR. "Wir werden die Auflagen dafür noch mal genau überprüfen und gegebenenfalls noch enger fassen. Und vor allem werden wir den Bund auffordern, Verbote weiterer hier relevanter islamistischer Vereinigungen rechtlich prüfen zu lassen."

Bei den Demonstrationen sei "eine neue Qualität" erreicht worden. "Ein derart deutliches Werben für islamistische Ziele auf offener Straße war bisher in NRW nicht feststellbar", sagte Reul.

In Essen hatten am Freitag Teilnehmer bei einer pro-palästinensischen Demonstration laut Augenzeugenberichten Flaggen der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat und der radikalislamischen afghanischen Taliban getragen. Zudem wurde auf Plakaten die Errichtung eines islamischen Kalifats gefordert und in Sprechchören die Vernichtung Israels verlangt.

Nach Angaben der radikalislamischen Hamas sollen bei einem israelischen Angriff auf das Flüchtlingslager Al-Maghasi im Gazastreifen mehr als 30 Menschen getötet worden sein. Rund 100 weitere Menschen seien verletzt worden, erklärte das von der Hamas geleitete Gesundheitsministerium. Die Mehrheit der Opfer seien "Kinder und Frauen".

Ein israelischer Militärsprecher sagte, es werde geprüft, ob die israelische Armee zu dem Zeitpunkt in dem Gebiet im Einsatz war. Israel wirft der Hamas vor, Flüchtlingslager sowie UN-Schulen und Krankenhäuser als Verstecke und Waffenlager zu missbrauchen. Die Hamas bestreitet dies.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Stellen der palästinensischen und der israelischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Bei Demonstrationen in europäischen Städten und den USA haben Zehntausende Teilnehmer "Freiheit für Palästina" und unter anderem einen Waffenstillstand in den Kämpfen zwischen Israel und der Hamas gefordert.

Die Hamas-Terrormiliz setzt die Evakuierung von Ausländern und Menschen mit doppelter Staatsbürgerschaft aus dem Gazastreifen aus. Mehrere arabische Staaten fordern einen "sofortigen Waffenstillstand in Gaza"

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete tagesschau24 am 05. November 2023 um 09:00 Uhr.