Bundeswahlleiterin in der Kritik Steilvorlage für Demokratieverächter
Bundeswahlleiterin Brand hat Zweifel an der Umsetzbarkeit rascher Neuwahlen angemeldet. Ein fataler Fehler. Etwas mehr Selbstbewusstsein wäre in der Rolle durchaus angebracht.
Bundeswahlleiterin Ruth Brand warnt vor unabwägbaren Risiken bei Neuwahlen im Januar oder Februar. Die Wahlämter könnten überlastet, Wahlvorstände unzureichend geschult werden und Wahlunterlagen fehlen - insbesondere fürchtet Wahlleiterin Brand, dass nicht genug Papier da sein könnte.
Diese Warnung der obersten Organisatorin der Bundestagswahl ist nicht nur erstaunlich - sie ist auch höchst bedenklich. Deutschland soll also nicht mehr in der Lage sein, innerhalb von zwei bis drei Monaten eine Bundestagswahl abzuhalten - und das als drittgrößtes Industrieland der Welt und sogenannter Organisationsweltmeister. Wegen überforderter Wahlvorstände und Papiermangel. Ist es wirklich schon so weit gekommen?
Hat bereits funktioniert
Wohl eher nicht: Der Verband der Papierindustrie widerspricht der Bundeswahlleiterin, betont, dass bei rechtzeitiger Bestellung genug Papier für vorgezogene Neuwahlen geliefert werden könne. Der Deutsche Städte- und Gemeindebund verweist darauf, dass die Kommunen in jedem Fall in der Lage seien, eine ordnungsgemäße Bundestagswahl umzusetzen. Auch wenn diesmal bei schnellen Neuwahlen die Weihnachtszeit eingerechnet werden müsste. Und das Grundgesetz setzt schlicht und einfach die Frist von bis zu 81 Tagen nach einer verlorenen Vertrauensfrage, um einen neuen Bundestag zu wählen. Drei Mal in der Geschichte der Bundesrepublik hat das bereits funktioniert.
Was für ein Signal
Warum soll das jetzt anders sein? Mit ihrer Warnung befeuert die Bundeswahlleiterin - mutmaßlich ungewollt - diejenigen politischen Kräfte, die der Demokratie sowieso die Fähigkeit absprechen, die Probleme der Zeit zu bewältigen. In einer Lage, wo anderswo radikale Antidemokraten gerne Gerüchte streuen, dass den Wahlbehörden sowieso nicht zu trauen ist, sagt die oberste deutsche Wahlleiterin, dass die Behörden hierzulande schnell überfordert sein könnten, wenn schon in zwei Monaten gewählt wird.
Was für ein Signal, was für eine Steilvorlage für Demokratieverächter. Möglicherweise sollte Bundeswahlleiterin Brand darüber nachdenken, ihre Aufgabe an jemanden zu übertragen, der oder die sich mehr zutraut.