Kommentar

Kommentar zu Frankreichs Beistandsgesuch Die EU wird keine Soldaten schicken

Stand: 17.11.2015 17:22 Uhr

Mit einer Demonstration der Stärke will Frankreich auf die Anschläge in Paris reagieren. So ist auch die offizielle Bitte um EU-Beistand zu verstehen. Gemeinsam soll der IS bekämpft werden. Das bedeute aber nicht, dass nun europäische Soldaten in Syrien einmarschieren.

Ein Kommentar von Andreas Flocken, NDR

Werden sich jetzt die EU-Staaten massiv mit Kampfflugzeugen und Soldaten in Syrien engagieren, um militärisch gegen die Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) vorzugehen? Die Antwort lautet nein - auch wenn die EU einstimmig die französische Bitte nach militärischem Beistand unterstützt.

Es mag sein, dass Frankreich jetzt von anderen EU-Ländern in einigen Regionen militärisch entlastet wird, oder die Bundeswehr mehr Ausbilder in den Nordirak entsendet. Dieser EU-Beschluss ist jedoch vor allem eine große Geste und ein eindrucksvolles Zeichen der Solidarität: Europa zeigt sich geeint und geschlossen im Kampf gegen Terroristen. Die Attentate von Paris sind ein Anschlag auf ganz Europa.

Frankreich setzt nicht auf die NATO

Frankreich beruft sich auf Artikel 42 Absatz 7 des EU-Vertrages. Das ist eine Premiere. Der Artikel entspricht praktisch der NATO-Beistandspflicht und dem NATO-Bündnisfall. Paris setzt zu Recht ganz bewusst auf die EU und nicht auf die NATO. Auch das ist ein Signal. Denn die NATO wird von den USA dominiert. Erst vor einigen Jahren ist Frankreich in die militärische Integration der Allianz zurückgekehrt. Mit dem Verzicht auf den NATO-Bündnisfall macht Frankreich zugleich deutlich, dass es anders Vorgehen will, als die USA vor 14 Jahren nach den Anschlägen vom 11. September.

Daran ändert auch die Entsendung des einzigen französischen Flugzeugträgers in die Region nichts. Genauso wenig, wie die verstärkten französischen Luftangriffe in Syrien. Es geht hier vor allem um Symbolik, Machtdemonstration und Psychologie. Die stolze französische Nation ist nach den Anschlägen vom Freitag tief getroffen und will machtvoll reagieren. Deswegen auch die martialische Rhetorik, deswegen hat Staatspräsident Francois Hollande dem IS den Krieg erklärt.

In Paris weiß man jedoch, dass die Terrororganisation mit militärischen Mitteln allein nicht bezwungen werden kann. Das sind in der Tat die Lehren aus den Interventionen in Afghanistan und im Irak. Das Militär ist nur ein Instrument von vielen im Kampf gegen Terroristen. Streitkräfte sind in der Regel nicht das entscheidende Werkzeug, um Terror-Anschläge zu verhindern.

Zulauf für den IS durch Militärschläge?

Es besteht umgekehrt sogar die Gefahr, dass mit wütenden Militärschlägen der Zulauf junger Leute zur Terrororganisation IS weiter verstärkt wird. Es gilt aber, den Nährboden dieser Terrormiliz trockenzulegen. Wichtig ist außerdem eine verstärkte Zusammenarbeit der Polizei und ein intensiver Austausch von Geheimdienstinformationen. Die EU-Außengrenzen müssen besser geschützt werden. Sympathisanten müssen daran gehindert werden, nach Syrien zu reisen. Über entsprechende zivile Instrumente verfügt die EU - nicht die NATO.

Notwendig ist aber auch eine realistische Strategie zur Beendigung des Syrien-Krieges. Jahrelang hat die Staatengemeinschaft dem Bürgerkrieg tatenlos zugesehen. Erst dieses Wegschauen hat den IS stark gemacht.

Redaktioneller Hinweis

Kommentare geben grundsätzlich die Meinung des jeweiligen Autors oder der jeweiligen Autorin wieder und nicht die der Redaktion.