Hinter dem beleuchteten Tanklager ragen die Anlagen der Total-Raffinerie und des Chemieparks in die Höhe. | dpa

Übergewinnsteuer Unionsländer wollen Vermittlungsausschuss

Stand: 05.12.2022 15:40 Uhr

Im beschlossenen Jahressteuergesetz sollen einige Energieunternehmen befristet einen Energiekrisenbeitrag leisten. Die unionsgeführten Länder äußern verfassungsrechtliche Bedenken und wollen den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anrufen.

Die fünf unionsgeführten Bundesländer wollen bei der Frage der sogenannten Übergewinnsteuer und weiteren Einzelheiten des Jahressteuergesetzes den Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat anrufen. Das teilten die Finanzministerien von Bayern, Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Hessen mit.

Der als Übergewinnsteuer bekannt gewordene EU-Energiekrisenbeitrag werfe in seiner jetzt geplanten deutschen Umsetzung finanzverfassungsrechtliche Bedenken auf. Den EU-Mitgliedstaaten werde die Einführung eines Solidaritätsbeitrags verpflichtend vorgegeben, heißt es in dem Antrag der Unionsländer. Mit der jetzt vorgestellten Umsetzung werde aber de facto eine weitere Ertragsteuer eingeführt - neben bereits existierenden Steuern.

"Der vom Bundesfinanzminister (Christian Lindner) vorgesehene Energiekrisenbeitrag stellt in dieser Form eine echte Ertragsteuer dar - damit verlässt er den von der EU vorgegeben Rechtsrahmen - noch dazu ist das Ganze verfassungsrechtlich höchst bedenklich", sagte Bayerns Finanzminister Albert Füracker von der CSU der Nachrichtenagentur dpa.

Übergewinnsteuer: Befristet bis 2023

Unternehmen in der Erdöl-, Erdgas-, Kohle- und Raffineriewirtschaft, die bedingt durch die Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine und steigende Energiepreise Milliardengewinne machen, sollen einen Energiekrisenbeitrag leisten - befristet auf die Wirtschaftsjahre 2022 und 2023. Gewinne, die im Vergleich zu den Vorjahren den Durchschnittsgewinn um 20 Prozent übersteigen, werden mit 33 Prozent belastet.

Lindner schrieb am vergangenen Freitag, nachdem der Bundestag das Jahressteuergesetz mit umfassenden steuerlichen Änderungen beschlossen hatte, auf Twitter: Das Gesetz enthalte vor allem gute Nachrichten, aber auch einige "Wermutstropfen". Er wollte darin nicht von einer "Übergewinnsteuer" sprechen, die er lange abgelehnt hatte. Im Gesetz steht aber: "Der EU-Energiekrisenbeitrag ist eine Steuer im Sinne der Abgabenordnung." Das Bundesfinanzministerium orientiert sich bei seinem Vorschlag an den Mindestvorgaben der EU. Das Ministerium rechnet damit, dass die Maßnahme dem Bund zusätzliche Einnahmen von ein bis drei Milliarden Euro bringen.

Frage der Selbstbestimmungsfreiheit der Bürger

Füracker und seine vier Amtskollegen kritisieren zudem, dass die vom Bund gewährte Entlastung von Energiekosten für die Besserverdiener unter den Verbrauchern besteuert werden soll. Dies führe zu einem Bürokratiemonster. Vermieter und Hausverwaltungen müssten die Namen ihrer Mieter an die Steuerverwaltungen melden, wo dann anhand der Verdienste ermittelt werden müsse, wer besteuert werde und wer nicht. "Es kann nicht sein, dass die Ampel erst Hilfen mit der Gießkanne an alle verteilt und danach sollen die Finanzverwaltungen der Länder über die Steuer pro forma für etwas mehr Zielgenauigkeit sorgen", bemängelte Füracker.

Der Vermittlungsausschuss soll sich nach Auffassung der Unionsländer auch mit der Frage beschäftigen, ob der Bund mit Kontonummern von Bürgern versorgt werden und diese dann ohne weitere Zustimmung verifizieren können soll. Dies sei ein Eingriff in die verfassungsrechtlich geschützte Selbstbestimmungsfreiheit der Bürger.

Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 23. November 2022 um 23:27 Uhr.