
Geplatzter Besuch in Kiew Verwirrung um Ausladung Steinmeiers
Die abgesagte Reise von Bundespräsident Steinmeier sorgte für Empörung - und nun auch für Verwirrung. Die Ukraine bestreitet, Bundespräsident Steinmeier ausgeladen zu haben. Es habe gar keine Anfrage gegeben, sagte Präsident Selenskyj.
Zum geplatzten Besuch des Bundespräsidenten Frank-Walter-Steinmeier in Kiew gibt es widersprüchliche Angaben. Zunächst hatte ein Berater des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gesagt, man habe kein Besuchsangebot Steinmeiers ausgeschlagen. Am Mittwoch Abend dann erklärte Selenskyj selbst, dass es von Steinmeier oder seinem Büro keine offizielle Anfrage an die Ukraine gegeben habe.
Allerdings: Dass Steinmeier in Kiew nicht erwünscht war, scheint sicher - der deutschen Botschafterin in Kiew sei das von der ukrainischen Präsidentialverwaltung schriftlich gegeben worden, berichtet die Leiterin des ARD-Hauptstadtstudios, Tina Hassel. Demnach könnte es sich bei den Aussagen aus der Ukraine um einen Versuch diplomatischer Schadensbegrenzung handeln.
Habeck: "Ausladung Deutschlands"
Vizekanzler Robert Habeck kritisierte die Absage der Ukraine. "Der Bundespräsident ist Deutschland. Und deswegen ist seine Ausladung durch Präsident Selenskyi eine Ausladung Deutschlands", sagte der Grünen-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
"Ich muss es leider so sagen: Die ukrainische Seite hat einen diplomatischen Fehler gemacht." Auf die Frage, ob nun er oder Kanzler Olaf Scholz in die Ukraine reisen werden, sagte er: "Jetzt sollten wir alle schnell zusehen, dass wir das Problem lösen und nicht eskalieren. Dafür wurden Telefone ja erfunden." Die gesamte Regierung stehe im ständigen Austausch mit der ukrainischen Regierung.
Scholz "irritiert"
Scholz hatte zuvor die Ausladung Steinmeiers durch die Ukraine als "etwas irritierend" kritisiert. "Der Bundespräsident wäre gerne in die Ukraine gefahren", sagte Scholz. Es wäre gut gewesen, den Bundespräsidenten zu empfangen.
Die Frage, ob er selbst die Einladung nach Kiew annehmen werde, ließ der SPD-Politiker im Gespräch mit dem rbb24-Inforadio offen. Er stehe mit dem ukrainischen Präsidenten Selenskyj in engem Kontakt, sagte Scholz. Zudem sei er kurz vor Kriegsausbruch in Kiew gewesen. Ursprünglich war ein gemeinsamer Solidaritätsbesuch mit den Staatschefs aus Polen, Litauen, Lettland und Estland geplant. Die vier anderen Politiker reisten dann ohne Steinmeier nach Kiew.
Baerbock: Volle Solidarität
Auch Außenministerin Annalena Baerbock bedauerte, dass Steinmeier nicht nach Kiew reist. "Wir haben gemeinsam über diese Reise gesprochen und ich hätte sie für sinnvoll gehalten", sagte die Grünen-Politikerin am Rande eines Besuches in der malischen Hauptstadt Bamako. Baerbock betonte dennoch: "Es ist klar: Wir stehen voll und ganz an der Seite der Ukraine. Unterstützen die Ukraine bei ihrer Verteidigung vor Ort, sind in voller Solidarität."
Merz: Zeichen des Unmuts
CDU-Chef Friedrich Merz sprach derweil von einem Zeichen des Unmuts der Ukraine. "Offensichtlich sitzen die Vorbehalte gegen die Russlandpolitik der SPD in vielen osteuropäischen Ländern sehr tief. Und das wiederum kann ich gut verstehen", sagte er der "Rheinischen Post". Die Ausladung eines gewählten Staatsoberhaupts eines demokratischen Landes sei dennoch ein Affront.
Der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, hatte zuvor seine Einladung für Scholz erneuert und verknüpfte dies mit dem Wunsch, dass der Kanzler die Zusage für die Lieferung schwerer Waffen mitbringen werde. Bei einem Besuch von Scholz solle es darum gehen, wie Deutschland der Ukraine mit schweren Waffen im Kampf gegen Russland helfen kann, sagte Melnyk bei ProSieben und SAT.1. Darauf freue sich sein Präsident.