
Münchner Sicherheitskonferenz "Wir brauchen die UN mehr denn je"
Stand: 16.02.2020 00:44 Uhr
EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen hat die Vereinten Nationen ausgezeichnet. Die internationale Zusammenarbeit stehe massiv unter Druck - da sei die Weltorganisation wichtiger denn je.
Um ein Zeichen für internationale Zusammenarbeit zu setzen, hat die Münchner Sicherheitskonferenz die Vereinten Nationen geehrt. Jean-Pierre Lacroix, ein Stellvertreter von UN-Generalsekretär António Guterres, nahm am Samstagabend den undotierten Ewald-von-Kleist-Preis entgegen.
Geehrt wurde konkret der Einsatz für Frieden und Konfliktlösung. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sagte in ihrer Laudatio, die Ehrung zeige, dass die Münchner Sicherheitskonferenz sich für Multilateralismus stark mache. "In einer Zeit wachsender geopolitischer Spannungen brauchen wir die Vereinten Nationen mehr als je zuvor", sagte von der Leyen.
Verhältnis zwischen Europa und den USA bestimmt Sicherheitskonferenz
tagesschau 20:00 Uhr, 15.02.2020, Tina Hassel, ARD Berlin zzt. München
Multilaterale Ordnung unter Druck
Jeder wisse, dass die multilaterale Ordnung stark unter Druck stehe, sagte die EU-Kommissionschefin, ohne US-Präsident Donald Trump und seine Politik der nationalen Alleingänge direkt zu nennen. Das könne man schon daran sehen, dass sich zum Beispiel nicht mehr alle an das Pariser Klimaabkommen gebunden fühlen. Die USA haben ihren Austritt aus dem Abkommen eingereicht.
Von der Leyen stellte die Frage, ob die Rolle der Vereinten Nationen unter dem Bedeutungsverlust des Westens leide, und beantwortete sie selbst mit den Worten: "Es hängt von uns selbst ab!"
Kleist hatte 1963 den Vorläufer der Sicherheitskonferenz, die Wehrkundetagung, gegründet. Mit dem undotierten Preis sollen Persönlichkeiten geehrt werden, die sich besonders um Konfliktbewältigung verdient gemacht haben. Zu den bisherigen Preisträgern gehören Henry Kissinger, Helmut Schmidt, Valéry Giscard d'Estaing, Joachim Gauck und John McCain.
Macron fordert eine starke EU
Am Vormittag war der französische Präsident Emmanuel Macron bei der Sicherheitskonferenz aufgetreten. Eine Stunde lang beantwortete er Fragen des Konferenzleiters Wolfgang Ischinger und von Politikern, Diplomaten und Experten aus dem Publikum. Keine vorbereitete Rede - Macron sprach frei, was auf der Sicherheitskonferenz eher die Ausnahme ist. Er beklagte eine "Schwächung des Westens" und gab den USA eine Mitschuld daran - sie würden seit einigen Jahren eine Politik verfolgen, die "einen gewissen Rückzug und ein Überdenken ihrer Beziehung zu Europa" beinhalte.
Macron formulierte eine nüchterne Einschätzung: "Europa steht vor der Stunde der Wahrheit". Andere Mächte seien aufgestiegen, die Demokratie habe keine Antikörper mehr.
Er forderte wiederholt einen starken EU-Haushalt und die Eigenständigkeit in der Sicherheits- und Außenpolitik, ohne die Partnerschaft mit den USA oder die NATO zu vernachlässigen. Macron vermied es, zu mahnen, appellierte jedoch: "Wenn Deutschland und Frankreich kein Risiko eingehen, kommen wir nicht voran." Europa sei ein Kontinent, der nicht mehr an seine Zukunft glaube. Doch daran zu glauben, das wolle er erreichen. Sehr viel konkreter wurde Macron nicht.
Kramp-Karrenbauer ruft zum Handeln auf
Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer begrüßte die Aussagen Macrons. Die Gegner der Idee des Westens seien bereit zu handeln und schafften neue Verhältnisse. "Was machen wir? Wir beschreiben unsere Schwächen." Die CDU-Politikerin forderte, den "Konsens der Worte" von 2014 - als Bundespräsident Joachim Gauck und damals noch Außenminister Steinmeier auf der Sicherheitskonferenz sagten, Deutschland müsse sich stärker militärisch und auch außenpolitisch engagieren - in einen Konsens des Handelns zu verwandeln.
Kramp-Karrenbauer sprach sich auch dafür aus, zwei Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben und so die NATO zu stärken. Auf EU-Ebene sollten die Staaten viel öfter die Möglichkeit nutzen, bei gemeinsamen Projekten voran zu gehen, auch wenn andere Staaten noch zögern. Die EU-Verträge gäben das her.
Außenministertreffen zu Libyen
Am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz treffen sich heute die Teilnehmer der Berliner Libyen-Konferenz zu weiteren Gesprächen über den nordafrikanischen Krisenstaat. Die zwölf Teilnehmerstaaten der Libyen-Konferenz in Berlin hatten sich am 19. Januar zur Einhaltung des UN-Waffenembargos gegen Libyen und den Verzicht auf weitere Unterstützungsleistungen für die Konfliktparteien verpflichtet. Dennoch wurden auch danach immer wieder Verstöße gegen das Embargo gemeldet.
Außerdem sollen Bundesaußenminister Heiko Maas und die Vorsitzende des US-Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, in München auftreten.
Mit Informationen von Christoph Prössl, NDR, zzt. München
Video
Audio
Aus dem Archiv
Hintergründe
Weitere Meldungen aus dem Archiv vom 16.02.2020 und vom 15.02.2020
- Alle Meldungen vom 16.02.2020 zeigen
- Alle Meldungen vom 15.02.2020 zeigen