Angela Merkel nimmt am Großen Zapfenstreich teil. | REUTERS

Großer Zapfenstreich für Merkel "Fröhlichkeit im Herzen" und mahnende Worte

Stand: 02.12.2021 20:49 Uhr

Hildegard Knef, Nina Hagen und ein Kirchenlied: Großer Zapfenstreich für die scheidende Kanzlerin Merkel. Diese rief zur Verteidigung der Demokratie gegen Hass, Gewalt und Falschinformationen auf.

Nach 16 Jahren im Amt hat sich die Bundeswehr von Kanzlerin Angela Merkel mit dem Großen Zapfenstreich verabschiedet. Die Zeremonie ist die höchste Würdigung der Streitkräfte und vor allem Bundespräsidenten, Kanzlern und Verteidigungsministern vorbehalten.

Wie alle auf diesem Weg Geehrte durfte sich Merkel drei Musikstücke aussuchen. Sie entschied sich für das Kirchenlied "Großer Gott, wir loben Dich", den Chanson "Für mich soll's rote Rosen regnen" von Hildegard Knef sowie für Nina Hagens Schlager "Du hast den Farbfilm vergessen". Die Punk-Sängerin hatte damit 1974 einen Hit in der DDR.

In ihrer Rede auf dem Gelände des Bundesverteidigungsministeriums in Berlin warb Merkel für mehr gegenseitiges Verständnis und verurteilte die Leugnung von Fakten und das Verbreiten von Verschwörungstheorien. "Unsere Demokratie lebt von der Fähigkeit zur kritischen Auseinandersetzung und zur Selbstkorrektur", so die CDU-Politikerin. "Sie lebt vom steten Ausgleich der Interessen und von dem Respekt voreinander. Sie lebt von Solidarität und Vertrauen." Dabei gehe es unter anderem um das "Vertrauen in Fakten".

Angela Merkel zeigt beim Großen Zapfenstreich ihre Urkunde. | dpa

Nach Angela Merkels Rückzug aus dem CDU-Parteivorsitz hätte sich ihre Nachfolgerin Annegret Kramp-Karrenbauer - hier beim Zapfenstreich für die Kanzlerin am 2. Dezember - wohl zuweilen mehr Unterstützung der Kanzlerin gewünscht. Bild: dpa

Dank beim medizinischen Personal

Die Zeit der Corona-Pandemie habe "wie in einem Brennglas gezeigt, von welch großer Bedeutung das Vertrauen in Politik, Wissenschaft und den gesellschaftlichen Diskurs ist", sagte Merkel. Es habe sich aber auch gezeigt, "wie fragil das sein kann". "Ich möchte dazu ermutigen, auch zukünftig die Welt mit den Augen des anderen zu sehen", sagte die scheidende Kanzlerin. "Also auch die manchmal unbequemen und gegensätzlichen Perspektiven des Gegenübers wahrzunehmen, sich für den Ausgleich der Interessen einzusetzen."

Merkel bedankte sich beim medizinischen Personal und den Pflegerinnen und Pflegern. "Ich möchte allen danken, die sich der Pandemie mit aller Kraft entgegenstellen", sagte sie. Sie nannte Ärzte und Pflegekräfte, aber auch "helfende Hände in den Hilfsorganisationen und der Bundeswehr".

Zugleich kritisierte die CDU-Politikerin mit Blick auf die Pandemie all diejenigen, die "wissenschaftliche Erkenntnisse leugnen und Verschwörungstheorien und Hetze verbreiten". Hier müsse Widerspruch laut werden: Überall da, wo "Hass und Gewalt als legitimes Mittel zur Durchsetzung eigener Interessen erachtet werden", müsse "unsere Toleranz als Demokraten und Demokratinnen ihre Grenze finden", sagte die scheidende Kanzlerin.

Merkel sichtlich gerührt

Ihrem designierten Nachfolger Olaf Scholz und der künftigen Regierung wünschte Merkel alles Gute, eine glückliche Hand und viel Erfolg. Sie sei überzeugt, dass die Zukunft sich gut gestalten lasse, "wenn wir uns nicht mit Missmut, mit Missgunst, mit Pessimismus", sondern "mit Fröhlichkeit im Herzen an die Arbeit machen". So habe sie es selbst stets gehalten, in ihrem Leben in der DDR und erst recht und umso mehr unter den Bedingungen der Freiheit.

Merkel betonte, ihre 16 Amtsjahre seien "ereignisreich und herausfordernd" gewesen. Sie hätten sie politisch und menschlich sehr gefordert und "zugleich haben sie mich immer sehr erfüllt". Zum Abschied empfinde sie, so Merkel weiter, "vor allem dieses: Dankbarkeit und Demut. Demut vor dem Amt, das ich so lange ausüben durfte; Dankbarkeit für das Vertrauen, das ich erfahren durfte. Vertrauen, dessen war ich mir immer bewusst, ist das wichtigste Kapital in der Politik. Es ist alles andere als selbstverständlich, und dafür danke ich von ganzem Herzen."

Merkel verfolgte den Großen Zapfenstreich im Sitzen und sichtlich gerührt. Coronabedingt konnten daran wesentlich weniger Gäste teilnehmen als üblich. Unter den Gästen waren Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und der designierte künftige Bundeskanzler Olaf Scholz. Ihm und seiner Regierung wünschte Merkel in ihrer Rede vor dem Beginn der eigentlichen Zeremonie "alles, alles Gute und eine glückliche Hand und viel Erfolg".

Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 02. Dezember 2021 um 20:00 Uhr.