
Möglicher Kandidat Hamburger Behördenchef könnte Maaßen folgen
Stand: 18.09.2018 21:25 Uhr
Zur Besetzung der Spitze des Verfassungsschutzes hat die Bundesregierung nach der Abberufung Maaßens bislang nichts gesagt. Als Geheimtipp gilt der Chef des Hamburger Verfassungsschutzes, Torsten Voß.
Von Stefan Schölermann, NDR
Nach der Versetzung von Hans-Georg Maaßen ins Innenministerium ist die Frage über die mögliche Nachfolge an der Spitze des Bundesamtes für Verfassungsschutz weiterhin offen. Ein möglicher Kandidat, der sich begründete Hoffnungen machen kann, ist der Chef des Nachrichtendienstes in Hamburg, Torsten Voß. Der 53-Jährige gilt unter Politikern, Insidern und Journalisten in Berlin als eine Art Geheimtipp für die Maaßen-Nachfolge.
Voß wäre ein Kandidat mit Eigenschaften, die kaum eine Konkurrentin oder ein Konkurrent zu bieten hat. Dazu gehört nicht nur eine mehrjährige "unfallfreie" Tätigkeit an der Spitze eines Nachrichtendienstes. Erwartet werde in Zeiten einer Großen Koalition - so heißt es in Szenekreisen - vor allem auch politische Kompatibilität. Und in dieser Hinsicht könne der Hanseat vorne liegen.
Als Christdemokrat unter SPD-Innensenator
Der Polizist und Christdemokrat Voß war zunächst seit 2007 Leiter der Präsidialabteilung der Hamburger Innenbehörde. Damals stellte die CDU den Ersten Bürgermeister der Stadt. Vier Jahre später übernahm die SPD die Regierung. Viele Behördenmitarbeiter mussten gehen, doch Voß konnte bleiben. Er wurde einer der engsten Mitarbeiter von SPD-Innensenator Michael Neumann und machte weiter Karriere.
Im August 2014 wurde Voß Chef des Hamburger Verfassungsschutzes. Sein Vorgänger, Manfred Murck, wie Neumann ein Sozialdemokrat, war kurz zuvor in Ruhestand gegangen. Drei Jahre war Voß dessen Stellvertreter gewesen.
Tina Hassel, ARD Berlin, zur Entscheidung über Versetzung von Maaßen
tagesschau 20:00 Uhr, 18.09.2018
Loyalität und Professionalität
Bei der Amtseinführung hob Neumann die Loyalität und Professionalität von Voß hervor. Gut möglich, dass die Verantwortlichen im Kanzleramt genau diese Eigenschaften favorisieren werden.
Politische Querschüsse wie von Maaßen sind von Voß nicht zu erwarten. Dafür aber ein entschiedenes Eintreten für Erhalt und Stärkung der Verfassungsschutzbehörden in den Ländern. Die Debatte über eine Zentralisierung der Verfassungsschutzbehörden erklärte er in einem Interview des "Hamburger Abendblattes" Anfang des Jahres zu einer "Phantomdiskussion". Zwar sei eine starke Zentralbehörde wichtig - das Fachwissen der Länder vor Ort sei aber unverzichtbar, so Voß.
Einflussreicher "Arbeitskreis 4"
Wohl auch deshalb genießt Voß Rückhalt bei seinen Kollegen in den anderen Verfassungsschutzämtern in Deutschland. Auf deren Bitten rückte er Anfang des Jahres zum zweiten Mal während seiner Amtszeit an die Spitze des einflussreichen "Arbeitskreises 4 (AK4)" der Innenministerkonferenz. Der "AK4" ist zuständig für die Verfassungsschutzbehörden in Bund und Ländern, bereitet die Themen für die Tagungen der Innenminister vor und kann auf Fachebene wichtige Schwerpunkte setzen.
Voß blickt zurück auf eine Polizeikarriere, die ihn von der legendären Hamburger Davidwache auf der Reeperbahn in St. Pauli bis zur Leitung der Spezialeinsatzkommandos führte. Schwerpunkte seiner Arbeit sind die starke islamistische Community in Hamburg und die Auseinandersetzung mit der linksextremen Szene, die mit der "Roten Flora“ einen bundesweiten Anlaufpunkt hat. Die politischen Auseinandersetzungen nach den G20-Krawallen überstand er unbeschadet. Im Fokus der Kritiker stand vor allem Voß´ erster Arbeitgeber, die Polizei.
Öffentlichkeitsarbeit gegen "Pegida"-Nachahmer
Auffallend ist ebenfalls die offensive Öffentlichkeitsarbeit des Amtes vor Demonstrationen von "Pegida"-Nachahmern in Hamburg. Gewarnt wird vor Teilnehmern von ganz Rechts- und Linksaußen. Wohl auch deshalb versammelten sich kürzlich zu einer groß angekündigten "Merkel muss weg"-Kundgebung gerade einmal 180 Personen auf dem zentralen Gänsemarkt, während mehr als 10.000 Gegner laut, aber überwiegend friedlich protestierten.
Wie schließlich über die Maaßen-Nachfolge entschieden wird, ist jedoch derzeit noch offen.
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