Hans-Georg Maaßen (Archivbild vom 30. April 2021)
Hintergrund

Maaßen und die CDU Warum ein Parteiausschluss nie einfach ist

Stand: 05.02.2023 12:30 Uhr

Nach dem Willen der CDU-Spitze soll Hans-Georg Maaßen die Partei verlassen. Heute lief die Frist für einen freiwilligen Austritt ab. Sich von unliebsamen Mitgliedern zu trennen, ist gar nicht so einfach.

Von Christoph Kehlbach, ARD-Rechtsredaktion

Das Grundgesetz weist Parteien eine wichtige Rolle in der Demokratie zu: Sie wirken an der politischen Willensbildung des Volkes mit. Ihre innere Ordnung muss laut Artikel 21 demokratischen Grundsätzen entsprechen. Daraus folgt, dass Parteimitglieder grundsätzlich auch frei Ihre Meinung äußern dürfen. So soll die innerparteiliche Meinungsbildung gestärkt werden. Andererseits sollten unterschiedliche Parteien aber auch voneinander abgrenzbar bleiben, um so die politische Willensbildung im Land zu fördern.

Deshalb stehen unterschiedliche Parteien auch für unterschiedliche Sichtweisen und Überzeugungen ein. Auf diese Prinzipien darf eine Partei ihre Mitglieder durchaus verpflichten. In diesem Spannungsverhältnis bewegt sich die Frage eines Ausschlusses von Parteimitgliedern: Einerseits die zulässige Meinungsäußerung, die es auch innerparteilich geben darf, und andererseits der Frage, wann Parteimitglieder dabei "zu weit gegangen sind".

Parteiengesetz gibt den Rahmen vor

Das Parteiengesetz nennt die rechtlichen Voraussetzungen für einen Parteiausschluss:

Ein Mitglied kann nur dann aus der Partei ausgeschlossen werden, wenn es vorsätzlich gegen die Satzung oder erheblich gegen Grundsätze oder Ordnung der Partei verstößt und ihr damit schweren Schaden zufügt.

Wann genau diese Hürden überschritten sind, ist in der Praxis nicht immer leicht zu bestimmen und darum oft Grund für langwierige Auseinandersetzungen.

Ausgetragen werden diese zunächst innerhalb der Partei: Denn über den Ausschluss entscheidet das zuständige parteiinterne Schiedsgericht. Solche Schiedsgerichte müssen alle Parteien auf ihren unterschiedlichen Gebietsebenen einrichten. Auch das ist im Parteiengesetz so bestimmt. Gegen die Entscheidung dieses Schiedsgerichts ist dann die Berufung zum Schiedsgericht der höheren Stufe vorgesehen. Das Schiedsgerichtsverfahren wird auch als "Parteiordnungsverfahren" bezeichnet.

Inhaltliche Entscheidung oft nicht einfach

In diesen Schiedsgerichtsverfahren kommt es zur inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Äußerungen oder Handlungen, die den Grund für den beabsichtigten Parteiausschluss darstellen. Die entsprechenden Gremien müssen dabei genau prüfen: Inwiefern stellt das fragliche Verhalten tatsächlich einen Verstoß gegen Satzung oder Grundsätze oder Ordnung der Partei dar? Und: Ist der Partei dadurch tatsächlich schwerer Schaden zugefügt worden?

Das erfordert eine genaue Ausrichtung an den jeweiligen Satzungen der Parteien. Weil die sich voneinander unterscheiden, ist es denkbar, dass ein bestimmtes Verhalten in einer Partei zum Ausschluss führt, während es in einer anderen Partei nicht diese schwere Konsequenz hätte. Auch die insgesamt in der Partei vertretenen Ansichten sind hierbei zu berücksichtigen.

"Parteien sind auf Pluralismus verpflichtet. Je breiter eine Partei aufgestellt ist, etwa als große Volkspartei, umso eher muss sie auch innerparteilich unterschiedliche Ansichten zulassen", sagt der Politikwissenschaftler Ulrich Eith von der Universität Freiburg. Die Entscheidung, wann die Grenze erreicht ist, ist also oft kompliziert.

Der ehemalige Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin beispielsweise war gleich dreimal mit einem Parteiordnungsverfahren konfrontiert. Das letzte davon führte dann im Jahr 2020 zum Ausschluss aus der SPD. Hintergrund dieses Verfahrens waren islamkritische Äußerungen Sarrazins in dem Buch "Feindliche Übernahme". Die ersten beiden Verfahren nach dem Erscheinen des Buchs "Deutschland schafft sich ab" führten noch nicht zum Parteiausschluss.

Entscheidungen nur eingeschränkt überprüfbar

Die Betroffenen können die Entscheidungen der parteiinternen Schiedsgerichte auch noch von den staatlichen Gerichten überprüfen lassen. In diesem Fall wären das die Zivilgerichte. Allerdings müssen diese dabei die Parteiautonomie beachten.

Das führt dazu, dass für sie der Prüfungsmaßstab eingeschränkt ist. Er beschränkt sich, vereinfacht gesagt, darauf, zu klären, ob die Maßnahme entsprechend den gesetzlichen und satzungsmäßigen Grundlagen in einem ordnungsgemäßen Verfahren ergangen ist. Falls das zur Überzeugung des jeweiligen Gerichts nicht geschehen ist, kann es die Entscheidung des Partei-internen Gerichts aufheben.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete der Bericht aus Berlin im Ersten am 05. Februar 2023 um 18:00 Uhr.