Ein Mann raucht bei der Auftaktkundgebung einer Demonstration für eine zügige Legalisierung von Cannabis in Berlin einen Joint mit Medizinalcannabis (Archivbild von 2022)

Cannabis-Legalisierung Wer zahlt die Hilfe für junge Kiffer?

Stand: 26.07.2023 17:59 Uhr

Kinder- und Jugendmediziner warnen vor der Cannabis-Legalisierung. Lauterbach verspricht mehr Prävention. Die Finanzierung ist aber noch unklar, räumt er gegenüber dem ARD-Hauptstadtstudio ein.

Für Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach bleibt die geplante Cannabis-Legalisierung ein heikles Unterfangen. In einer gemeinsamen Stellungnahme haben Verbände der Kinder- und Jugendmediziner den Referentenentwurf aus Lauterbachs Ministerium Anfang der Woche abgelehnt.

Die Kritik der Kinder- und Jugendärzte am Vorhaben ist nicht neu. Aber sie haben sich den Referentenentwurf im Einzelnen vorgenommen und kommen zum Schluss: "Die Legalisierungspläne der Bundesregierung führen zu einer Gefährdung der psychischen Gesundheit und der Entwicklungschancen junger Menschen in Deutschland."

Die Ärztinnen und Ärzte verweisen auf internationale Forschungsergebnisse. Diese zeigten, dass dort, wo Cannabis legal ist, mehr davon konsumiert werde - auch von Jugendlichen und jungen Erwachsenen. Das liegt aus Sicht der Mediziner auch daran, dass junge Menschen Cannabis dann nicht mehr als so gefährlich einschätzten. Sie warnen davor, dass sich Cannabis negativ auf Gedächtnis-, Lern- und Erinnerungsleistungen auswirken kann. Zudem könne der Konsum depressive Störungen, Angsterkrankungen und Psychosen zur Folge haben.

 

Lauterbach setzt auf Aufklärung und Hilfe

Minister Lauterbach hält die Bedenken für nachvollziehbar, verteidigt aber die Pläne der Bundesregierung. Er setzt auf Aufklärungskampagnen. Dem ARD-Hauptstadtstudio sagte der SPD-Politiker: Fehler, die andere bei der Legalisierung gemacht hätten, wolle die Bundesregierung nicht wiederholen. Lauterbach will durch Kampagnen deutlich machen, dass Cannabis für Kinder und Jugendliche gefährlich ist und bleibende Schäden entstehen können. Darüber hinaus soll es mehr Präventions- und Hilfsprogramme geben. Wenn Kinder und Jugendliche beim Kiffen erwischt würden, sollten sie Hilfe erhalten mit dem Ziel, dass sie den Konsum einstellen, sagte Lauterbach.

Doch die Finanzierung der Präventionsprogramme steht offenbar noch auf wackeligen Füßen. Im Referentenentwurf heißt es hierzu: "Präventionsangebote für Jugendliche und junge Erwachsene müssen deutlich verstärkt und ausgeweitet werden." Mit den Maßnahmen sollen junge Zielgruppen adressiert werden, etwa in Schulen, Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen und in Sportvereinen. Die langfristige Finanzierung dieser Maßnahmen könne auch über die gesetzlichen Krankenversicherungen erfolgen.

Krankenkassen sehen sich nicht in der Pflicht

Die Krankenkassen haben jedoch rechtliche Bedenken. Vom GKV-Spitzenverband heißt es, der Bund sowie die Bundesländer seien in der Verantwortung, "eine flächendeckende Verankerung der Cannabisprävention für Heranwachsende sicherzustellen". Die Krankenkassen seien unterstützend tätig, etwa über suchtpräventive Arbeit in Schulen. Es handele sich dabei aber grundsätzlich nur um eine befristete Förderung. Die Krankenkassen könnten Erwartungen nach einer langfristigen oder sogar flächendeckenden Finanzierung nicht erfüllen.

Vor diesem Hintergrund stehe die Aussage im Referentenentwurf "im Widerspruch zu den bestehenden gesetzlichen Grundlagen". Im Gespräch mit dem ARD-Hauptstadtstudio räumt Lauterbach ein, über die Bezahlung der Kampagnen für Kinder- und Jugendliche sei noch zu verhandeln.

Wer zahlt denn nun?

Für die Verbände der Kinder- und Jugendärzte ist das ein wunder Punkt. In ihrer gemeinsamen Stellungnahme fordern sie, die Finanzierung von Präventionsmaßnahmen auf eine "verlässliche finanzielle Basis zu stellen". Bestehende Mittel müssten dringend aufgestockt werden. Etwa für frühe Hilfsangebote für unter Zwölfjährige in speziell durch Suchtkrankheit belastete Familien, für Aufklärungsarbeit in Schulen, aber auch über soziale Medien.

Der Bundesgesundheitsminister will den Gesetzentwurf noch im Sommer ins Kabinett einbringen, zum 1. Januar 2024 soll die Legalisierung dann beschlossen sein.

In einem ersten Schritt soll der Besitz von 25 Gramm für Erwachsene für den Eigenbedarf straffrei bleiben. Auch der Anbau von Cannabis soll mit bis zu drei Pflanzen erlaubt sein. Rechtliche Bedenken weist Lauterbach zurück. Es gehe nur um den Eigenbedarf und die Abgabe von Cannabis über Vereine. Es werde keinen Verkauf und keinen Handel geben.

In einem zweiten Schritt plant das Ministerium jedoch, in Modellregionen den Verkauf über lizenzierte Fachgeschäfte zu testen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete MDR aktuell am 26. Juli 2023 um 19:09 Uhr.