Christian Lindner und Robert Habeck
analyse

Klimageld Sparen sollen immer die anderen

Stand: 18.01.2024 12:42 Uhr

Die FDP-Fraktion im Bundestag hat eine Idee, mit der man das Klimageld doch noch retten könnte. Doch der Widerspruch von den Grünen kommt postwendend. Einig ist man sich nur in einer Frage.

Eine Analyse von Daniel Pokraka, ARD Berlin

Dass eine geplante Zahlung vom Staat an die Bürger ausfällt - daran ist niemand gern schuld. Seit einigen Tagen liegt der Schwarze Peter bei Finanzminister Christian Lindner von der FDP. Doch dessen Bundestagsfraktion rechnet jetzt vor, wie das Klimageld doch noch finanziert werden könnte - und schiebt den Schwarzen Peter damit weiter zu Wirtschaftsminister Robert Habeck und verärgert so die Grünen.

Aber der Reihe nach: Das Klimageld ist dazu gedacht, finanzielle Belastungen durch den erhöhten CO2-Preis zu kompensieren. Durch diesen werden Flugreisen, Autofahrten und Heizen teurer; wer mehr Geld hat und deshalb (statistisch) mehr fliegt, größere Autos fährt und mehr Räume heizt, zahlt auch mehr.

Das Klimageld dagegen soll pro Kopf an alle gleich ausgezahlt werden. So wird Geld von oben nach unten umverteilt, was der gesellschaftlichen Akzeptanz von Klimapolitik dienen soll. Soweit die Theorie.

Ampel fehlen die Mittel für ein Klimageld

In der Praxis ist der CO2-Preis zum Jahreswechsel gestiegen, doch ein Klimageld gibt es weiterhin nicht. Das liegt zum einen daran, dass ein Auszahlungsmechanismus für eine solche Leistung erst noch geschaffen wird.

Aber auch daran, dass das Geld im -Klima- und Transformationsfonds (KTF), aus dem das Klimageld gezahlt werden soll, anderweitig verplant ist. Und so gestand Finanzminister Lindner am Wochenende ein, was Beobachtern längst klar war: In dieser Legislaturperiode werde es nichts mehr mit dem Klimageld.

Diese Ansage hatte Widerspruch von SPD und Grünen zur Folge - und einen Offenen Brief von 16 Verbänden, darunter die AWO, der BUND, der NABU, der Sozialverband VdK und die Verbraucherzentrale. "Viele von uns haben sich für die CO2-Bepreisung gerade unter der Bedingung eingesetzt, dass die von den Bürger:innen gezahlten Beträge als Klimageld an die privaten Haushalte rückerstattet […] werden", heißt es da. "Herr Minister Lindner: Zahlen Sie das Klimageld noch in dieser Legislaturperiode aus."

FDP will Milliarden bei Habecks Subventionen kürzen

Womit wir wieder beim Schwarzen Peter sind, den die FDP gestern schnell weiterreichte. Der Offene Brief der Verbände war noch keinen Tag alt, da wurde aus den Reihen der Bundestagsfraktion ein Papier mit milliardenschweren Sparvorschlägen präsentiert: 7,5 Milliarden Euro könne man in diesem Jahr sparen, das meiste davon bei Herzensangelegenheiten von Wirtschaftsminister Habeck, darunter die Milliardenförderung von Zukunftstechnologien.

Allein bei den Subventionen von Chipfabriken seien fast fünf Milliarden Euro zu holen. FDP-Fraktionsvize Lukas Köhler sagte der "Bild", im Gegenzug könne man ab 2025 100 Euro Klimageld pro Kopf auszahlen - also 400 Euro für eine vierköpfige Familie.

Grüne fordern von Lindner Mittel für Klimageld

Ein Lösungsvorschlag, der bei den Grünen umgehend auf Ablehnung stieß. Fraktionsvize Julia Verlinden sagte dem ARD-Hauptstadtstudio: "Die Kürzungsforderungen vom Koalitionspartner bei Klimatransformationsprojekten sorgen für Unsicherheit in der Wirtschaft und verhindern Planungssicherheit."

Ein Klimageld und Investitionen in Wettbewerbsfähigkeit seien kein "Entweder-oder". Selbstverständlich könne auch beides bezahlt werden, wenn der Finanzminister gewillt sei, neue Spielräume im Bundeshaushalt zu schaffen, findet Verlinden.

Davon wiederum will die FDP nichts wissen. Deren klimapolitischer Sprecher, Olaf in der Beek, sieht seinen Parteifreund Lindner nur beim Auszahlungsmechanismus für das Klimageld in der Pflicht und verweist auf das FDP-Papier mit den Einsparvorschlägen. "Die finanzielle Seite muss durch Mittel aus dem KTF durch den Bundeswirtschaftsminister geklärt werden", sagte in der Beek dem ARD-Hauptstadtstudio. Im Klartext: Habeck soll Subventionen streichen.

Habeck hat andere Prioritäten als Klimageld

Doch die Milliarden für die Ansiedlung von Halbleiterproduzenten und den klimafreundlichen Umbau der Wirtschaft sind dem Wirtschaftsminister heilig. Im Zweifel dürfte er lieber auf das Klimageld verzichten.

Das wurde am Mittwochmittag noch einmal bei einer Befragung im Bundestag deutlich. Mehrmals und wie schon des Öfteren zuvor verwies Habeck darauf, dass die Bundesregierung die Bevölkerung schon für die gestiegenen CO2-Preise entlastet habe - und zwar dadurch, dass die milliardenschwere EEG-Umlage nicht mehr die Stromkunden zahlen, sondern der Staat.

FDP-Mann in der Beek kann mit diesem Argument wenig anfangen. Klimageld und Wegfall der EEG-Umlage sind für ihn zwei Paar Schuhe. "Mit dem Klimageld soll die Akzeptanz für die steigende CO2-Bepreisung gestärkt werden. Es geht nicht um ein Entweder-oder, sondern darum, dass sich die Maßnahmen ergänzen."

Grünen-Fraktion will Klimageld unbedingt

Und auch für Habecks grüne Bundestagsfraktion ist das Klimageld - anders als für den Minister - kein Nice-to-have. "Das Klimageld muss noch in dieser Wahlperiode kommen. Es ist ein wichtiges Gerechtigkeitsprojekt der Ampel, welches gleichzeitig Belastungen abfedert und klimafreundliches Verhalten belohnt", sagt Julia Verlinden.

Als Gegenfinanzierung schlägt sie vor, "klimaschädliche Subventionen" zu reformieren. "Längst überfällig ist beispielsweise eine Änderung bei großen, teuren und spritschluckenden Dienstwagen für Gutverdiener."

Das wiederum hat die FDP schon häufig und deutlich abgelehnt. Die Ampel-Fraktionen mögen sich in ihrem Wunsch nach einem Klimageld einig sein - doch bei Frage der Finanzierung trennen sie Welten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 18. Januar 2024 um 07:15 Uhr.