Andreas Gassen

Kassenärzte-Chef zu Corona Gassen hält Lauterbachs Warnungen für überzogen

Stand: 13.12.2023 11:55 Uhr

Angesichts des Anstiegs der Corona-Fälle hatte Gesundheitsminister Lauterbach erneut vor der Gefahr des Erregers gewarnt. Kassenärzte-Chef Gassen sagte nun in einem Interview, diese Appelle seien in der Dringlichkeit überzogen.

Der Chef der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Andreas Gassen, hat Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach unverhältnismäßige Appelle angesichts der aktuellen Corona-Lage vorgeworfen.

"Karl Lauterbach kann nicht aus seiner Haut. Ich halte seine Warnungen und Appelle in der Dringlichkeit für überzogen. Wir haben schließlich keine pandemische Lage mehr", sagte Gassen der "Rheinischen Post".

Gassen bedauert Skepsis gegenüber Impfstoffen

Er wolle nicht bestreiten, dass die Zahlen aktuell stark steigen. "Aber wir haben früher auch nicht wegen Erkältungen oder der Grippe überall zum Maskentragen und zum Verzicht auf Weihnachtsfeiern in Innenräumen geraten. Was Sinn macht, ist die Impfung gegen Corona und Grippe für alle Älteren und Risikogruppen", betonte Gassen.

Zugleich äußerte er Bedauern darüber, dass mittlerweile eine gewachsene Skepsis gegenüber Impfstoffen herrsche. "Die Grippe-Impfquoten waren noch nie zufriedenstellend. Aktuell sind sie aber gefühlt noch einmal besonders niedrig. Gleichwohl verwundert es mich nicht, dass heute mehr Menschen zögern", sagte Gassen der Zeitung.

"Denn als die Corona-Impfstoffe kamen, wurden Sorgen über deren Sicherheit und Verträglichkeit von Medizinern und Politikern weggewischt. Dabei gab und gibt es natürlich Impfschäden bei einzelnen Personen, die genau wie Long-Covid-Fälle zum Gesamtbild gehören", betonte der KBV-Vorstandsvorsitzende.

Lauterbach rät zum Arbeiten im Homeoffice

Lauterbach hatte angesichts der aktuellen Corona-Welle erneut zu Vorsicht und mehr Impfungen in der Vorweihnachtszeit aufgerufen. "Corona bleibt gefährlich. Es ist keine Erkältung, die man sich bedenkenlos jede Saison einfangen kann", sagte der SPD-Politiker der "Bild am Sonntag".

Vielmehr befalle Corona oft auch die Blutgefäße oder schwäche das Immunsystem und lasse sich daher viel zu häufig nicht komplett auskurieren. Der Minister riet zudem, "lieber noch mal Maske in Bus und Bahn" zu tragen. Wenn es gehe, sollte man "lieber im Homeoffice bleiben, als die Bürogesellschaft zu genießen".

Seit Wochen zeichnet sich ein Anstieg ab

Das sogenannte Pandemieradar des Gesundheitsministeriums hatte in den vergangenen Wochen eine stark steigende Viruslast im Abwasser festgestellt. Weil immer weniger Menschen positive Corona-Tests melden, gilt die Messung im Abwasser als Indikator für sich ausbreitende Infektionen.

Bei den immer nur deutlich verzögert veröffentlichten Daten ist die Viruslast in der Woche vom 23. bis zum 29. November um 54 Prozent gegenüber der Vorwoche gestiegen. Zuvor hatte es bereits einen deutlichen Anstieg gegeben. Auch die Einweisungen von Erkrankten in Krankenhäuser und die Zahl von Covid-Patienten auf Intensivstationen nehmen zu.

Nach Angaben des Robert Koch-Instituts liegt die Sieben-Tage-Inzidenz aktuell bei 35. Lauterbach selber veranschlagte zuletzt, dass es etwa 1.700 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in sieben Tagen gebe.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 13. Dezember 2023 um 09:15 Uhr in den Nachrichten.