Robert Habeck

Appell von Vizekanzler Habeck "Antisemitismus ist in keiner Gestalt zu tolerieren"

Stand: 02.11.2023 10:07 Uhr

In einer Videobotschaft hat Vizekanzler Habeck Antisemitismus in Deutschland scharf verurteilt und eine "harte politische Antwort" gefordert. Das betreffe nicht nur Islamisten und Rechtsextreme, sondern auch "Teile der politischen Linken".

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat sich eindringlich gegen Judenhass und Antisemitismus in Deutschland gewandt. "Die Jüdischen Gemeinden warnen ihre Mitglieder, bestimmte Plätze zu meiden zu ihrer eigenen Sicherheit - und das heute hier in Deutschland, fast 80 Jahre nach dem Holocaust", kritisierte der Vizekanzler in einem Video, das sein Ministerium am Mittwochabend auf X (ehemals Twitter) veröffentlichte. Die Videobotschaft hatte bis zum Morgen bereits vier Millionen Aufrufe.

Darin verteidigte Habeck Israels Sicherheit als "Staatsräson" und übte scharfe Kritik an antisemitischen Tendenzen unter Muslimen, Rechtsextremen sowie linken Aktivisten. Antisemitismus sei "in keiner Gestalt zu tolerieren". Das Ausmaß bei den islamistischen Demonstrationen in Berlin und in weiteren Städten Deutschlands sei "inakzeptabel und braucht eine harte politische Antwort", sagte er.

Appell an Muslime in Deutschland

Auch von den muslimischen Verbänden in Deutschland sei eine Antwort auf Antisemitismus nötig. Einige hätten sich klar von den Taten der Hamas distanziert. "Aber nicht alle, und manche zu zögerlich", kritisierte Habeck. Die Muslime in Deutschland müssten dafür sorgen, dass sie nicht ihren eigenen Anspruch auf Toleranz unterlaufen. "Für religiöse Intoleranz ist kein Platz in Deutschland."

Das Verbrennen israelischer Flaggen sei eine Straftat, ebenso wie das Preisen der Hamas-Taten. "Wer Deutscher ist, wird sich dafür vor Gericht verantworten müssen, wer kein Deutscher ist, riskiert außerdem seinen Aufenthaltsstatus. Wer noch keinen Aufenthaltstitel hat, liefert einen Grund, abgeschoben zu werden."

Antisemitismus auch aus anderen politischen Gruppen

Der islamistische Antisemitismus dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass es auch einen in Deutschland verfestigten Antisemitismus gebe, sagte Habeck weiter. "Sorge macht mir aber auch der Antisemitismus in Teilen der politischen Linken, und zwar leider auch bei jungen Aktivistinnen und Aktivisten." Antikolonialismus dürfe nicht zu Antisemitismus führen. Der Tod und das Leid, das über die Menschen im Gazastreifen komme, sei schlimm. Aber "systematische Gewalt gegen Jüdinnen und Juden kann damit dennoch nicht legitimiert werden".

Ähnlich äußerte sich Außenministerin Annalena Baerbock am Mittwoch: Antisemitismus ziehe sich durch alle gesellschaftlichen Gruppen und Nationalitäten hindurch, sagte sie im ZDF. "Deshalb muss jegliche Form von Antisemitismus, ob er von rechts, von links, von Zugewanderten oder von hier Geborenen kommt, bekämpft werden."

Positive Reaktionen auf Habecks Video

Habecks Videobotschaft stieß nicht nur in den eigenen Reihen auf positive Resonanz. Auch Politiker der CDU lobten den Appell. Er treffe den richtigen Ton "wie kein anderer in dieser Bundesregierung", schrieb die CDU-Vizevorsitzende Karin Prien auf X. "Ein starker, notwendiger Auftritt."

Ex-CDU-Chef Armin Laschet schrieb in Anspielung auf die deutsche Enthaltung bei der Abstimmung über die UN-Gaza-Resolution: Das klinge nicht nach Enthaltung, sondern sei die "erforderliche, argumentativ stark und gut begründete innen- und außenpolitische Haltung Deutschlands". Diese müsse weit über alle Parteigrenzen hinweg gehört und unterstützt werden.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, erklärte, ein so klares und ausgewogenes Statement, "das auch die berechtigten Belange der Palästinenser ausdrücklich erwähnt", habe er "in dieser Form in den letzten Wochen nicht gesehen". Weiter lobte Schuster das "klare Bekenntnis zur deutschen Staatsräson" und das "Aufzeigen der Folgen für diejenigen, die das nicht akzeptieren wollen". Er hoffe, dass es sprachlich übersetzt werde, damit "mancher, der hier in Deutschland lebt und einen anderen Migrationshintergrund hat, dann auch dieses Video verstehen kann".

Bianca Schwarz, ARD Berlin, tagesschau, 02.11.2023 09:42 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 02. November 2023 um 09:38 Uhr.