Ein vermummter Demonstrant mit Rauchtopf und palästinensischer Flagge bei einer antiisraelischen Demo in London (Aufnahme vom 9. Oktober 2023)

Antisemitische Vorfälle in London "Es gibt ein Gefühl der Unsicherheit"

Stand: 14.10.2023 04:40 Uhr

Die Zahl antisemitischer Vorfälle in London nimmt stark zu, einige jüdische Schulen ließen aus Sorge um die Sicherheit den Unterricht ausfallen. Premier Sunak nennt die Zahlen "widerlich".

Viele Londoner Schüler an jüdischen Schulen waren am Freitag überrascht, dass ihr Unterricht ausfiel. Nathan Hirsch etwa ging noch zur Schule, traf dort aber niemanden an. Erst als er wieder zu Hause war, habe die Schule angerufen, aber keine Gründe für die Schließung genannt.

Mittlerweile ist klar: Einige jüdische Schulen im Norden Londons haben den Unterricht aus Sicherheitsgründen ausfallen lassen. Viele Jüdinnen und Juden fühlen sich unsicher und haben Angst, attackiert zu werden, wie Reuven Inglis: "Es gibt ein Gefühl der Unsicherheit. In der Golders Green Road sind bereits Wände beschmiert worden, Fenster sind eingedrückt worden. Das ist sehr beunruhigend", sagte der ältere Herr.

Polizei will mehr Beamte einsetzen

Auch die Sicherheitsbehörden sind beunruhigt. Die Londoner Metropolitan Police teilte mit, dass die Zahl der antisemitischen Übergriffe der vergangenen zwei Wochen deutlich gestiegen ist, und zwar auf 105 Vorfälle und Straftaten. Im gleichen Zeitraum vor einem Jahr waren es gerade einmal 14 Fälle.

Ein Polizeisprecher kündigte an, deutlich mehr Beamte einzusetzen. Etwa 1.000 Polizisten würden nun in ganz London dort eingesetzt, wo die Befürchtungen besonders groß seien, sagte er.

Sunak verurteilt Taten

Auch Premierminister Rishi Sunak äußerte sich bei einem Besuch in Schweden zu der deutlichen Zunahme antisemitischer Übergriffe und nannte sie "widerlich".

Der konservative Politiker stellte sich hinter die israelische Regierung und verteidigte das Vorgehen der Armee, die derzeit israelische Soldatinnen und Soldaten am Gazastreifen zusammenzieht. "Wir müssen uns schon erinnern, warum wir in dieser Situation sind. Die Terrororganisation Hamas hat einen barbarischen Akt durchgeführt und über 1.000 Israelis getötet, darunter Frauen und Kinder - in einer Art und Weise, die wirklich fürchterlich war", sagte Sunak. "Israel hat jedes Recht, sich zu verteidigen."

In London werden nach Schätzungen der Polizei für heute etwa 10.000 Personen zu einer pro-palästinensischen Demonstration erwartet.

 

Christoph Prössl, ARD London, tagesschau, 13.10.2023 20:46 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 13. Oktober 2023 um 21:50 Uhr.