Fieberthermometer, Medikamente und Teetasse stehen auf einem Nachttisch.

RKI-Wochenbericht Atemwegsinfekte stärker verbreitet

Stand: 30.09.2022 06:37 Uhr

Mit dem Herbst zieht die Zahl der Corona-Ansteckungen wieder an. Auch bei Schnupfen, Husten und Heiserkeit verzeichnet das RKI ein erhöhtes Niveau.

Nach Schätzung des Robert Koch-Instituts (RKI) machen akute Atemwegserkrankungen wie Covid-19 derzeit mehr Menschen in Deutschland zu schaffen als in Vorjahren zur gleichen Zeit. "Der Infektionsdruck nimmt jetzt im Herbst in allen Altersgruppen der Allgemeinbevölkerung wieder deutlich zu", heißt es im aktuelle Wochenbericht des RKI, der sich teilweise auch auf andere Erkrankungen der Atemwege bezieht.

Zur Corona-Lage im Herbst wollen sich Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach und RKI-Chef Lothar Wieler heute in Berlin äußern. Im RKI-Wochenbericht wird die Zahl der Corona-Infizierten für vorige Woche auf 500.000 bis 1,2 Millionen geschätzt. Steigende Werte werden demnach auch bei anderen Indikatoren wie der Inzidenz verzeichnet.

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Neben Sars-CoV-2 gehörten Rhinoviren zu den vorherrschenden Viren, die etwa zu Hausarztbesuchen führen, hieß es. Diese Erreger lösen Erkältungen aus. Bei schwer verlaufenden Erkrankungen der Atemwege hingegen - gemeint sind Krankenhausbehandlungen -, sei noch kein deutlicher Anstieg zu verzeichnen, hält das RKI mit Blick auf die vergangene Woche fest.

Immunologen: Gute Basisimmunität

Generell mahnte das RKI, zum Schutz gefährdeter Gruppen die Empfehlungen zum Vermeiden von Infektionen weiterhin einzuhalten. Wie schon in den Wochen zuvor dürften laut einer Stichprobe fast alle Corona-Ansteckungen hierzulande auf die Omikron-Sublinie BA.5 zurückgehen. Die wegen einiger Mutationen unter Beobachtung stehende Sublinie BA.2.75 hingegen kommt laut RKI nach jüngsten Daten von vorvergangener Woche bisher nur auf einen sehr kleinen Anteil: Er liege unter ein Prozent.

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Mehrere Wissenschaftler äußerten in der jüngsten Zeit die Einschätzung, dass diese Variante wohl eher kein großes Risiko für Herbst und Winter darstellen dürfte - es könnten jedoch noch neue auftauchen.

Immunologen sind der Ansicht, dass in Deutschland mittlerweile eine gute Basisimmunität besteht. Das bedeutet nicht unbedingt dauerhaften Schutz vor einer Corona-Ansteckung - der Großteil der Menschen dürfte in dem Fall aber durch Impfungen und/oder Infektion über Gedächtniszellen verfügen, die Schlimmeres verhindern.

Bisheriger Tiefststand des Covid-19-Impfgeschehens

Die STIKO empfiehlt die zweite Auffrischungsimpfungen bislang nicht der gesamten Bevölkerung, sondern zum Beispiel den ab 60-Jährigen. Dies ist momentan auch die einzige Gruppe, bei der laut einem weiteren RKI-Bericht derzeit noch ein relevanter Zuwachs bei Covid-19-Impfungen verzeichnet wird. Der generelle Abwärtstrend setzte sich vielmehr auch nach dem Hochsommer fort: "Im September 2022 wurde mit rund 636.400 Impfungen in rund 24.900 impfenden Stellen der bisherige Tiefststand des Covid-19-Impfgeschehens erreicht", heißt es in dem monatlichen Impfreport.

Inzidenz steigt auf 466

Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz gab das RKI am Freitagmorgen mit 466 an. Das geht aus Zahlen hervor, die den Stand des RKI-Dashboards von 5 Uhr wiedergeben. Am Vortag hatte der Wert der Corona-Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner und Woche bei 409,9 gelegen (Vorwoche: 294,7; Vormonat: 247,1).

Allerdings liefern diese Angaben nur ein sehr unvollständiges Bild der Infektionszahlen. Experten gehen seit einiger Zeit von einer hohen Zahl nicht vom RKI erfasster Fälle aus - vor allem, weil bei weitem nicht alle Infizierte einen PCR-Test machen lassen. Nur positive PCR-Tests zählen in der Statistik. Zudem können Nachmeldungen oder Übermittlungsprobleme zu einer Verzerrung einzelner Tageswerte führen.

Die Gesundheitsämter in Deutschland meldeten dem RKI zuletzt 96.367 Corona-Neuinfektionen (Vorwoche: 50.800) und 140 Todesfälle (Vorwoche: 93) innerhalb eines Tages. Vergleiche der Daten sind auch hier wegen des Testverhaltens, Nachmeldungen oder Übermittlungsproblemen nur eingeschränkt möglich. Generell schwankt die Zahl der registrierten Neuinfektionen und Todesfälle deutlich von Wochentag zu Wochentag, da insbesondere am Wochenende viele Bundesländer nicht ans RKI übermitteln und ihre Fälle im Wochenverlauf nachmelden.

Das RKI zählte seit Beginn der Pandemie 33.312.373 nachgewiesene Infektionen mit Sars-CoV-2. Die tatsächliche Gesamtzahl dürfte deutlich höher liegen, da viele Infektionen nicht erkannt werden.

Kritik an Maskenregeln für Pflegeheimbewohner

Seniorenvertreter und Patientenschützer haben indes die ab 1. Oktober geltenden FFP2-Maskenregeln für Pflegeheimbewohner kritisiert. Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte der Nachrichtenagentur dpa, es sei "absurd", pflegebedürftigen Menschen einen Mund-Nasen-Schutz zu verpassen und das politisch als Pandemieschutz zu verkaufen. "Statt Maskenpflicht für alle im Pflegeheim braucht es ein tägliches, kostenloses Testregime für Mitarbeiter und Besucher."

"Für Menschen in Pflegeheimen bedeutet die FFP2-Maskenpflicht einen erheblichen Einschnitt in ihre Lebensqualität", sagte die Vorsitzende der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO), Regina Görner der dpa. "Das Pflegeheim ist ihr Zuhause, in dem sie sich dann nicht mehr ohne Maske frei bewegen können."

Die von Bund und Ländern beschlossenen neuen Corona-Regeln ab 1. Oktober sehen vor, dass in Kliniken und auch Pflegeeinrichtungen grundsätzlich FFP2-Masken getragen werden müssen. "In den für ihren dauerhaften Aufenthalt bestimmten Räumlichkeiten" müssen die Bewohner dies laut Infektionsschutzgesetz nicht tun. Nach Ansicht der Seniorenvertreter und der Stiftung Patientenschutz bedeutet das, dass sie die Maske nur in ihrem Zimmer ablegen dürfen.

Görner rief die Gesundheitsminister der Länder dazu auf, alle Möglichkeiten zu nutzen, um eine Maskenpflicht für die Bewohner von Pflegeeinrichtungen zu verhindern. Brysch appellierte an Gesundheitsminister Lauterbach, "seinen Fehler bei der Maskenpflicht für Pflegebedürftige in den Heimen" zu beenden. Es müsse auf humane und wirksame Konzepte gesetzt werden. "Schließlich gilt es, der Hochrisikogruppe ein würdiges Leben mit dem Virus zu ermöglichen."