Ein Mann wirft seinen Stimmzettel in eine Wahlurne.
FAQ

Bundestagswahl Wer nicht wählen darf

Stand: 10.09.2021 20:39 Uhr

Bei der Bundestagswahl dürfen mehr Gruppen wählen als bisher. Doch das Wahlrecht sieht immer noch Ausnahmen vor, in denen das Wahlrecht verwehrt oder erschwert wird. Ein Überblick.

Von Corinna Emundts, tagesschau.de

Rund 60,4 Millionen Menschen sind nach einer Schätzung des Statistischen Bundesamtes am 26. September 2021 wahlberechtigt, davon rund 31,2 Millionen Frauen und 29,2 Millionen Männer - darunter auch Deutsche, die im Ausland leben.

Nach dem Bundeswahlgesetz sind alle Deutschen wahlberechtigt, die am Wahltag das 18. Lebensjahr vollendet haben, seit mindestens drei Monaten in der Bundesrepublik Deutschland eine Wohnung innehaben oder sich sonst gewöhnlich aufhalten und nicht mittels eines richterlichen Beschlusses als verurteilte Straftäter vom Wahlrecht ausgeschlossen sind.

Warum dürfen Minderjährige nicht wählen?

Die juristische Begründung dafür ist immer noch die fehlende Altersreife. Obwohl es regelmäßig Initiativen gibt, das Wahlalter auf 16 Jahre herabzusetzen, gilt das Lebensalter nach wie vor neben der Staatsangehörigkeit als die entscheidende Zugangsvoraussetzung zur Bundestagswahl. Zuletzt war dazu im Mai dieses Jahres eine Initiative der Grünen im Bundestag abgelehnt worden. In weiteren Gesetzesentwürfen fordern FDP und Grüne, den 16- und 17-Jährigen bei künftigen Wahlen das aktive Wahlrecht für den Bundestag und das Europäische Parlament einzuräumen.

Die FDP-Fraktion kritisiert, dass gegenwärtig mehr als 1,5 Millionen Bundesbürger im Alter zwischen 16 und 18 Jahren allein aufgrund ihres Alters das aktive Wahlrecht verwehrt bleibe. "Menschen diesen Alters sind in gleichem Umfang in der Lage, Verantwortung zu übernehmen und ihren politischen Willen angemessen zu kommunizieren", argumentieren die Abgeordneten. Ein Ausschluss vom aktiven Wahlrecht sei daher nicht zu rechtfertigen.

Mehrere Bundesländer haben kommunale Wahlen für diese Altersgruppe jedoch bereits geöffnet, manche sogar die Landtagswahlen - wie etwa Brandenburg.

Welche "Auslandsdeutschen" sind von der Wahl ausgeschlossen?

Deutsche im Ausland, die nicht in Deutschland gemeldet sind, bezeichnet man auch als "Auslandsdeutsche". Sie haben nur bedingt noch ein Wahlrecht in Deutschland: Ihnen steht das Wahlrecht dann weiterhin zu, wenn sie entweder nach Vollendung des 14. Lebensjahres mindestens drei Monate ununterbrochen in der Bundesrepublik Deutschland gelebt haben und dieser Aufenthalt nicht länger als 25 Jahre zurückliegt - oder wenn sie aus anderen Gründen "persönlich und unmittelbar Vertrautheit mit den politischen Verhältnissen in der Bundesrepublik Deutschland erworben haben und von ihnen betroffen" sind. Das gilt zum Beispiel für Rentnerinnen und Rentner mit deutscher Staatsangehörigkeit, die weiterhin eine (nicht meldepflichtige) Ferienwohnung in Deutschland unterhalten.

Diese Gruppe wird aber nicht von Amts wegen in ein Wählerverzeichnis eingetragen. Wollen Auslandsdeutsche an Bundestagswahlen teilnehmen, müssen sie vor jeder Wahl einen schriftlichen Antrag auf Eintragung in das Wählerverzeichnis der zuständigen Gemeinde stellen. Wählen kann nämlich nur, wer in ein Wählerverzeichnis eingetragen ist. "Für diese Bundestagswahl haben sich bislang gut 24.000 Auslandsdeutsche in ein Wählerverzeichnis eintragen lassen", so Bundeswahlleiter Georg Thiel.

Deutsche, die nur sich vorübergehend - zum Beispiel während eines längeren Urlaubs - im Ausland aufhalten und nach wie vor in Deutschland gemeldet sind, werden vom Wahlamt automatisch in das Wählerverzeichnis ihrer Gemeinde eingetragen. Sie können ihr Wahlrecht durch Briefwahl ausüben.

Dürfen Ausländerinnen und Ausländer wählen?

Ausländerinnen und Ausländer ohne deutsche Staatsangehörigkeit haben kein aktives oder passives Wahlrecht zu den Bundestagswahlen, Landtagswahlen oder Volksabstimmungen auf der Bundes- oder Landesebene.

Eine Ausnahme gilt gemäß EU-Recht inzwischen für Staatsangehörige aus Mitgliedsstaaten der Europäischen Union, jedoch nur für die kommunale Wahlebene. Eine Verpflichtung zur Einführung eines Wahlrechts für EU-Bürger zur Teilnahme an Wahlen auf der staatlichen Ebene, das heißt bei Wahlen zum Deutschen Bundestag oder zu den Landtagen, besteht laut Bundesinnenministerium nicht.

Bundesweit waren zum Jahresende rund 11,4 Millionen Menschen mit ausländischer Staatsangehörigkeit oder Staatenlose in Deutschland gemeldet. Laut "Tagesspiegel" sind darunter 9,5 Millionen nicht-deutsche Staatsangehörige über 20 Jahren, die derzeit nicht wählen dürfen.

Wer war bisher vom Wahlrecht noch ausgeschlossen?

Im Februar 2019 kippte das Bundesverfassungericht in Karlsruhe bisherige Vorschriften des deutschen Wahlrechts, nach denen bestimmte Gruppen von Menschen mit Behinderungen oder psychischen Erkrankungen vom Wahlrecht ausgeschlossen waren. Dabei ging es um Menschen mit Behinderungen, die dauerhaft auf eine Betreuung zur Besorgung aller Angelegenheiten angewiesen waren. Das Bundeswahlrecht untersagte bislang dieser Gruppe, an Wahlen teilzunehmen.

Auch diejenigen, die sich in einem psychiatrischen Krankenhaus befinden, weil sie eine Straftat begangen haben, allerdings schuldunfähig waren, waren bislang vom Wahlrecht ausgeschlossen. Darin sahen die Karlsruher Richter einen Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl. Zudem würde man dadurch Menschen wegen einer Behinderung oder einer Erkrankung benachteiligen.

Das Bundesverfassungsgericht hatte Anfang 2019 für die diesjährige Bundestagswahl entschieden, dass der generelle Wahlausschluss von geistig oder psychisch beeinträchtigten Menschen verfassungswidrig ist - dass diese Wählergruppen also nicht mehr pauschal ausgeschlossen werden dürfen.

Wann kann das Wahlrecht richterlich aberkannt werden?

Wahlberechtigten darf laut dem Bundeswahlleiter nur durch richterliches Urteil das Wahlrecht aberkannt werden. Dies ist nur in wenigen Fällen möglich - und darf auch nicht lebenslang, sondern nur für "zwei bis maximal fünf Jahre" entschieden werden. Die Bedingungen sind klar umrissen: Ein Wahlrechtsentzug ist möglich, wenn es zu Verurteilungen zu Freiheitsstrafen von mindestens sechs Monaten beziehungsweise von mindestens einem Jahr zum Beispiel wegen folgender Straftaten gekommen ist. Dazu zählen zum Beispiel die "Vorbereitung eines Angriffskrieges und Hochverrat gegen den Bund", "Landesverrat und Offenbarung von Staatsgeheimnissen", "Wahlbehinderung und Fälschung von Wahlunterlagen" oder "Abgeordnetenbestechung".

Wie können Wohnungs- und Obdachlose wählen?

Menschen ohne festen Wohnsitz behalten ihr Wahlrecht. Aber: Sie müssen sich stärker darum bemühen, es ausüben zu können, als Menschen mit festem Wohnsitz. Denn ihnen kann ja keine Wahlbenachrichtigung per Post im Briefkasten zugestellt werden.

Wohnungslose Bürgerinnen und Bürger ohne Meldeadresse sind nicht im Wählerverzeichnis ihrer Kommune verzeichnet. Sie müssen sich im Wählerverzeichnis eintragen lassen. Die Wahlberechtigten müssen dazu nicht persönlich auf dem Amt dazu erscheinen. Für eine Briefwahl muss dann ein weiterer Antrag gestellt werden. Sozialdienste und Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe können aber auch Sammelanträge für mehrere Personen gleichzeitig einreichen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 09. September 2021 um 23:57 Uhr.