Polizisten begleiten einen straffällig gewordenen Asylbewerber (Archivbild)
FAQ

Ausländische Straftäter Mehr und konsequenter abschieben?

Stand: 03.01.2019 17:05 Uhr

Innenminister Seehofer und die CSU-Landesgruppe im Bundestag wollen die Abschieberegeln verschärfen. Doch was ist rechtlich eigentlich möglich? tagesschau.de fasst die derzeitigen Regelungen zusammen.

Werden ausländische Straftäter anders behandelt als deutsche?

Grundsätzlich gilt: Jede Straftat muss von deutschen Behörden verfolgt werden. Polizei und Justiz machen dabei keine Unterschiede bei Tatverdächtigen beziehungsweise Tätern. So will es das Grundgesetz. Demnach darf niemand wegen seiner Abstammung, seiner Sprache, oder seines Glaubens benachteiligt oder bevorzugt werden.

Können ausländische Straftäter schneller abgeschoben werden?

Ja, zumindest diejenigen, die ohnehin vollziehbar ausreisepflichtig sind, beispielsweise weil ihr Asylantrag abgelehnt wurde. Hier können die Länder die Abschiebung von Straffälligen priorisieren, also beschleunigen. Bis eine Abschiebung vollzogen werden kann, sind laut Bundesinnenministerium weitere Maßnahmen möglich: beispielsweise eine Abschiebehaft, wenn von dem Ausländer "eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben Dritter" ausgeht. Oder eine Überwachung, wenn ein Ausweisungsinteresse wegen schwereren Straftaten besteht.

Straffällige Asylbewerber können in der Regel nicht abgeschoben werden, solange ihr Asylverfahren noch läuft. Allenfalls können sie ausgewiesen werden, was aber nicht das gleiche wie eine Abschiebung ist. Zudem kann ihr Asylverfahren beschleunigt werden. Das soll laut bayerischem Innenminister Joachim Herrmann (CSU) beispielsweise bei einem der Schläger von Amberg nun geschehen.

Ebenfalls von der Abschiebung ausgeschlossen sind in der Regel alle, die ein Aufenthaltsrecht in Deutschland haben, also beispielsweise Ausländer mit Asyl- oder anerkanntem Flüchtlingsstatus, solche mit Duldung oder EU-Bürger.

Ein Terrorist mit Aufenthaltsrecht könnte also nicht abgeschoben werden?

Unter Umständen schon. Zumindest dann,

(...) wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet" (§ 60 Absatz 8 Aufenthaltsgesetz).

Dafür muss er rechtskräftig zu einer Haftstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden sein. Doch auch hier gilt wieder ein Ausnahme: "Eine Abschiebung ist dann nicht zulässig, wenn der Person in ihrem Herkunftsland zum Beispiel die Todesstrafe oder Folter droht", sagt der ARD-Rechtsexperte Frank Bräutigam.

Im Falle des mutmaßlichen Islamisten Sami A. hat genau das zum Streit zwischen Justiz und Politik geführt. Der als Gefährder eingestufte mutmaßliche Ex-Leibwächter Osama Bin Ladens wurde trotz eines gerichtlichen Verbots im Juli 2018 nach Tunesien abgeschoben. Danach war eine Debatte darüber entbrannt, ob er zurückgeholt werden müsse. Erst nachdem eine Erklärung Tunesiens vorlag, nach der Sami A. in seinem Heimatland keine Folter drohe, konnte das Abschiebeverbot aufgehoben werden.

Was ist der Unterschied zwischen Ausweisung und Abschiebung?

Die Ausweisung ist eine Verfügung der Ausländerbehörde, die den Aufenthalt beendet. Der Ausländer bekommt einen Bescheid, in dem sinngemäß steht: "Sie haben kein Aufenthaltsrecht mehr in Deutschland." Die Person ist also zur Ausreise verpflichtet. Diese Ausweisung muss aber erst vollzogen werden. Das ist dann die Abschiebung. Für die gibt es aber eine Reihe von rechtlichen und tatsächlichen Hürden, die ein Verlassen der Bundesrepublik verhindern können.

Bei straffälligen Asylbewerbern ist - trotz laufenden Verfahrens - eine Ausweisung bereits möglich. Wird der Asylantrag dann abgelehnt, kann die vorhandene Ausweisung eine Abschiebung beschleunigen. Aber: "Hat der Asylantrag Erfolg, führt auch eine zuvor erfolgte Ausweisung nicht zu einer Abschiebung", sagt Stephan Groscurth, Sprecher des Verwaltungsgerichts Berlin im Gespräch mit tagesschau.de. "Der Ausweisungsbescheid ist dann hinfällig."

Ausländer mit Aufenthaltsrecht in Deutschland können nur in absoluten Ausnahmefällen ausgewiesen werden. Nämlich dann, wenn sehr triftige Gründe vorliegen, heißt es in § 53 Aufenthaltsgesetz:

(...) wenn das persönliche Verhalten des Betroffenen gegenwärtig eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung darstellt, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt und die Ausweisung für die Wahrung dieses Interesses unerlässlich ist.

Was will die CSU nun verschärfen?

Die CSU will mehr und konsequenter abschieben, wie es im Entwurf für das Entschluss-Papier der CSU-Landesgruppe zu ihrer Winterklausur in Kloster Seeon heißt, das dem Bayerischen Rundfunk vorliegt. "Wer unser Gastrecht missbraucht, muss gehen", heißt es darin in Bezug auf kriminelle Flüchtlinge. Man wolle Straftäter während oder unmittelbar nach der Haftzeit konsequent abschieben. Wo das nicht möglich sei, sollen Gewalttäter zum Schutz der Bevölkerung unter maximale Kontrolle stellen - "mit eingeschränkter Bewegungsfreiheit durch eine Residenzpflicht, Meldepflichten und elektronischen Fußfesseln."

Nach einer tatsächlichen Verschärfung der derzeitigen Rechtslage sieht das allerdings nicht aus, denn alle genannten Maßnahmen sind auch jetzt schon möglich.

Darüber hinaus will die CSU-Landesgruppe sogenannte Kettenbewährungen durch eine Klarstellung im Strafgesetzbuch beenden. Eine Bewährungsstrafe soll "eine einmalige Chance für reuige Straftäter" sein, kein "Abonnement für Gesetzesbrecher", heißt es in dem Papier. Beim Thema ausländische Straftäter ist das insofern relevant, als auch Bewährungsstrafen aus anderen EU-Staaten berücksichtigt werden sollen.

Deutschen Doppelstaatlern, die für Terrormilizen gekämpft haben, will die CSU-Landesgruppe die deutsche Staatsbürgerschaft entziehen. Außerdem will sie mit "maximaler Konsequenz gegen Einbürgerungs-Betrüger" vorgehen und die Rücknahmefrist für erschlichene Einbürgerungen von fünf auf zehn Jahre erhöhen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 03. Januar 2019 um 17:00 Uhr.