Ein Schild mit der Aufschrift "Wegen Lockdown geschlossen" hängt in einem Geschäft in Köln
#faktenfinder

Protestaktion #WirMachenAuf Aufruf zum Regelbruch

Stand: 06.01.2021 17:04 Uhr

Zahlreich wird auf diversen Plattformen der Aufruf verbreitet, Läden trotz des Lockdowns zu öffnen. Unterstützung kommt unter anderem aus der "Querdenken"-Bewegung. Dabei kann eine Öffnung für Unternehmer schwerwiegende Konsequenzen haben.

Friseure, Restaurants, Freizeit-, Kultureinrichtungen und zahlreiche Geschäfte - mit der Verlängerung des Lockdowns bleiben sie alle bis mindestens Ende Januar weiterhin zu. Doch damit wollen sich einige Einzelhändler, Unternehmer und Kunden offenbar nicht abfinden. Mit der Protestaktion #WirMachenAuf rufen sie dazu auf, Läden und Einrichtungen ab dem 11. Januar wieder zu öffnen. Mehr als 55.000 Abonnenten hat der dazugehörige Telegram-Kanal, auch bei Twitter wird viel über die Aktion diskutiert. Zudem wurde zum Austausch eine Webseite angelegt.

Ins Leben gerufen hat den Telegram-Kanal ein Unternehmer aus Krefeld, der sich darin von jeglichen politischen Bewegungen distanziert. "Es geht hier weder um Querdenken, noch irgendwelche andere Bewegungen, Seiten, Kanäle... Ich bin ein einfacher Kosmetikstudio-Besitzer, der alles umsetzte, was erwartet wurde und am Ende seiner Existenz ist und die Nase voll hat", schreibt er.

Unter seinem Pseudonym existiert bei Telegram jedoch ein weiterer Kanal. Darin finden sich gängige Verschwörungsmythen, so etwa die angebliche Beteiligung von Bill Gates an der Corona-Pandemie, oder geteilte YouTube-Videos, mit denen "Fakten und Beweise" geliefert werden sollen für die Behauptung, dass die Bevölkerung "von vorne bis hinten vom System verarscht und hingehalten" werde.

Als Sprecher auf "Querdenken"-Demo

Wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) berichtet, trat der Krefelder Kosmetiksalon-Besitzer zudem bei einer "Querdenken"-Demonstration im August 2020 als Redner auf. Aus der Bewegung bekommt die Kampagne #WirMachenAuf nun Rückendeckung - von namhaften "Querdenken"-Aktivisten wie Samuel Eckert oder dem Anwalt Markus Haintz.

Auch aus der Politik kommt Unterstützung. So ruft die AfD Thüringen unter diesem Hashtag auf Twitter zur "Solidarität mit dem Einzelhandel" auf. Auch der AfD-Bundestagsabgeordnete Jens Maier benutzt die Aktion. Er spricht im Zusammenhang mit der Verlängerung des Lockdowns von "Volksverdummung auf niedrigstem Niveau".

Es drohen Geld- und Freiheitsstrafen

Der Bayerische Rundfunk berichtete von einem Rosenheimer Sportartikelhändler, der nach einer ersten Ankündigung, zwei seiner Läden ab dem 11. Januar zu öffnen, einen Rückzieher machte. Der Unternehmer begründete seine Entscheidung gegenüber dem BR damit, dass die rechte Szene auf ihn aufmerksam geworden sei, die seine Aktion offenbar für ihre Zwecke ausnutzen wollte. "In dieses Fahrwasser" sollten seine Läden nicht gezogen werden, "da ist eine Grenze für mich erreicht", so der Händler.

Wer sich als Einzelhändler trotzdem entscheidet, sein Geschäft während des Lockdowns zu öffnen, muss mit Konsequenzen rechnen. Der Würzburger Anwalt Chan-jo Jun erklärt auf seinem Youtube-Kanal, dass es sich dabei sowohl um eine Ordnungswidrigkeit als auch um eine Straftat handeln könnte, die mit hohen Geld- oder gar Freiheitsstrafen geahndet wird.

Seit Anfang November sind Restaurants, Freizeit- und Kultureinrichtungen geschlossen, im Dezember kamen zahlreiche Läden des Einzelhandels, Friseure oder Kosmetiksalons hinzu. Mit dem Lockdown soll die Ausbreitung des Coronavirus in Deutschland gebremst und das Gesundheitssystem vor einer Überlastung bewahrt werden.

Kritik vom Handelsverband

Der Handelsverband HDE kritisiert die Aktion: Auch wenn sie die Verzweiflung vieler Handelsunternehmen deutlich mache, könne die Öffnung der Geschäfte im Widerspruch zu geltenden Verordnungen aus Sicht des Verbands keine Lösung sein, sagte ein Sprecher dem RND. Stattdessen sieht der Verband den Staat stärker in der Pflicht: "Wir müssen gemeinsam durch diese schwierige Zeit und der Handel bringt derzeit ein großes Opfer im Rahmen der Pandemiebekämpfung. Deshalb muss der Staat auch für entsprechende Hilfen sorgen, damit die Unternehmen die wochenlangen Schließungen auch wirtschaftlich überstehen können."