Medikamente in einer Apotheke (Archivbild)
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Corona-"Wundermittel" Guter Rat ist teuer - schlechter tödlich

Stand: 26.03.2020 12:35 Uhr

Im Internet häufen sich Ratschläge zu angeblichen Therapie- und Heilungsmethoden gegen das Coronavirus, die von Medien, Regierungen und Schulmedizin unterdrückt würden. Einige davon sind lebensgefährlich.

Heiß baden, viel Bier trinken, große Mengen Vitamin C konsumieren, Bleichmittel schlucken oder Zwiebeln auslegen - im Internet, auf Messengern und in den sozialen Medien kursieren die absurdesten Vorschläge zur Vorbeugung oder Heilung einer Infektion mit Coronaviren.

Homöopathen einig - größtenteils

Helfen Globuli gegen eine Pandemie? Daran glauben auch die Homöopathie-Verbände in Deutschland nicht: Der Deutsche Zentralverein homöopathischer Ärzte (DZVhÄ) und der Verband klassischen Homöopathen Deutschlands empfehlen ausdrücklich, sich an die Empfehlungen der Behörden und des Robert Koch-Institutes zu halten.

Der Hals einer Arzneiflasche und homöopathisches Arzneimittel in Form von kleinen Kügelchen, sogenannten Globuli.

Keine Globuli gegen Corona - die Homöopathieverbände sind sich weitgehend einig, nicht jedoch einige Ärzte und Heiler.

Trotzdem geben einzelne Homöopathen weiterhin Empfehlungen zur Prävention und Behandlung der Covid-19-Erkrankung. So verbreitet Jens Behnke, Programmleiter Homöopathie in Forschung und Lehre bei der Karl und Veronica Carstens-Stiftung auf Twitter, das indische Gesundheitsministerium habe ein homöopathisches Präparat zur Corona-Prävention empfohlen.

Wie man bereits in dem von Behnke im Tweet verlinkten Text sehen kann, stammte die Behauptung allerdings nicht vom Gesundheitsressort des Landes, sondern von dem auch in Indien unter heftiger Kritik stehenden Ministerium für Ayurveda, Yoga und Naturheilkunde, Unani, Siddha und Homöopathie.

Ärztekammer geht gegen Ex-Homöopathie-Funktionärin vor

Das gleiche Präparat wurde ebenfalls von der Ärztin Cornelia Bajic, der ehemaligen Vorsitzenden des Deutschen Zentralvereins homöopathischer Ärzte, ihren Patienten empfohlen. Nachdem die zuständige Ärztekammer eine Untersuchung eingeleitet hatte, wurde das entsprechende Posting durch Bajic gelöscht.

Bei dem Hersteller wird das erwähnte Präparat aktuell als zurzeit nicht lieferbar gelistet. Gegenüber tagesschau.de erklärte eine Sprecherin, dass das Unternehmen ebenfalls keine Prophylaxe mit homöopathischen Mitteln empfiehlt.

Der Homöopathie-Lobbyist Christian J. Becker berichtet sogar von einem Arzt, der sich angeblich selbst mit homöopathischen Mitteln von Covid-19 geheilt haben soll. Namen und Details nennt er nicht - und suggeriert, dass der Mediziner sonst wohl um sein Leben fürchten müsse.

Trump preist Wundermittel - eigene Experten widersprechen

Ein weiteres angebliches Wundermittel wird von höchster Stelle propagiert: US-Präsident Donald Trump empfahl in einem Tweet persönlich, Chloroquin und Azithromycin als Therapie gegen Covid-19 einzusetzen.

Trump legt nahe, dass die US-Arzneimittelbehörde FDA die Anwendung der Mittel zur Therapie genehmigt habe, was nicht der Fall ist. Aus gutem Grund: Chloroquin hat starke Nebenwirkungen und interagiert mit zahlreichen anderen Medikamenten. Für Patienten mit mehreren Krankheiten ist die Gabe also durchaus gefährlich.

In Nigeria haben sich bereits zwei Menschen mit einer selbst verabreichten Chloroqin-Überdosis vergiftet, wie die örtliche Gesundheitsbehörde meldet. In den USA kam es zu einem Todesfall, als ein Mann eigenmächtig ein für Tiere bestimmtes Präparat mit dem Wirkstoff einnahm.

Mehrere Studien legen nahe, dass die von Trump empfohlene Kombination eine gewisse Erfolgsaussicht haben könnte. Die Datenbasis ist jedoch sehr klein. Zudem gebe es methodische Probleme, die an der Aussagekraft zweifeln lassen, wie Virologe Christian Drosten erklärt: "Es gibt leider in dieser Studie mehrere Dinge, bei denen man diskutieren muss, ob man das so machen kann", sagte er dem NDR.

"Uns umarmend begegnen"

Noch extremere Ratschläge gibt die Sozialpädagogin Birgit Assel auf einem Online-Portal. Sie sieht in der Coronaepidemie eine "Massenpanik" und empfiehlt, die Maßnahmen zur weiteren Ausbreitung des Cororonavirus aktiv zu unterlaufen:

Nähe, Zuwendung und liebevoller Kontakt werden als große Gefahr hochstilisiert. Ganz ehrlich, das alles ist so ein Irrsinn, dass es zum Himmel schreit! Was wir stattdessen tun sollten: uns umarmend begegnen - das ist nährender Körperkontakt. Geben wir uns ganz viel liebevolle Zuwendung, denn damit stärken wir unser Immunsystem.

Mit solchen Äußerungen können verunsicherte Menschen dazu verleitet werden, die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie, die übereinstimmend von Wissenschaftlern, Institutionen und Fachleuten empfohlen werden, zu unterlaufen. Die Folgen so einer "liebevollen Zuwendung" könnten dramatisch sein, insbesondere für Risikogruppen, wie beispielsweise die Zahlen der Todesopfer in Italien und Spanien zeigen.

Assel hat sich auf Anfrage, ob sie angesichts der aktuellen Lage bei ihren Ratschlägen bleibt, bislang nicht geäußert.