Russische Söldner in Nord-Mali - ein Bild des französischen Militärs ohne Datumsangabe
analyse

Nach gescheitertem Aufstand Was wird aus den Wagner-Söldnern in Afrika?

Stand: 03.07.2023 06:54 Uhr

Als Russlands verlängerter Arm mischen die Wagner-Truppen seit Jahren in Afrika mit - militärisch, politisch, wirtschaftlich. Was passiert mit ihnen, nachdem Söldner-Chef Prigoschin im Kreml in Ungnade gefallen ist?

Es war für Fatoumata Hama Diallo nicht mehr länger auszuhalten. Erst wurde ihr Bruder getötet, dann nahmen die Übergriffe durch islamistische Extremisten auf der einen und durch die Regierungsarmee auf der anderen Seite immer mehr zu. Seit die malische Regierungsarmee mit der Wagner-Truppe aus Russland verbündet ist, scheint sich der Terror nochmal verstärkt zu haben.

Fatoumata floh mit ihren drei Kindern aus ihrem Dorf in Zentralmali in mehreren Etappen bis nach Bamako. "Ich sehe nicht, dass es durch Wagner mehr Sicherheit gibt", sagt sie. "Es gibt zu viele Tote."

Wo Wagner auftaucht, verbreiten seine Kämpfer Angst und Schrecken. Ein aktueller Bericht der UN legt nahe, dass Wagner-Söldner an einem Massaker im Dorf Moura in Zentralmali vor einem Jahr beteiligt waren. Mehr als 500 Menschen starben, offenbar meist Unbeteiligte. Die meisten seien hingerichtet worden, so der Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk.

Es ist wenig wahrscheinlich, dass es sich bei den etwa 100 "weißen Männern" um andere als Wagner-Söldner gehandelt habe, sagen Menschenrechtsorganisationen. Der Bericht war für die malische Regierung der willkommene Auslöser, die UN-Friedensmission samt deutschem Kontingent bis zum Jahresende aus dem Land zu werfen.

Was machen die Wagner-Söldner in Afrika?

Norbert Hahn, ARD Nairobi, tagesthemen, 02.07.2023 22:45 Uhr

Mali von russischer Militärhilfe abhängig

Mali ist nun komplett auf die russische Militärhilfe angewiesen, bei der die Söldner einen wichtigen Teil ausmachen. Russland hat die Stimmung in Mali zunächst gegen die Präsenz der Truppen Frankreichs - der ehemaligen Kolonialmacht - ausgenutzt und über Desinformationskampagnen weiter angefacht. Mittlerweile gibt es eine Stimmung in Teilen der Bevölkerung, die sich gegen den Westen an sich richtet. Es ist ein Muster, mit dem Wagner schon in der Zentralafrikanischen Republik Erfolg hatte.

Dort hat Wagner seit Jahren nicht nur mehr als 1800 russische Söldner im Einsatz, die mutmaßliche Islamisten bekämpft und den Präsidenten im Amt gehalten haben. Wagner betreibt auch Unterfirmen, die Diamanten und Gold abbauen oder neuerdings groß ins Geschäft mit Tropenholz einsteigen, so ein Bericht des Netzwerks "Global Initiative against Transnational Organized Crime" (GIATOC).

"Wagner exportiert Gold aus der Zentralafrikanischen Republik, das entweder nach Russland oder nach Dubai geht", weiß Thierry Vircoulon, einer der Autoren des Berichts. "In Dubai kann das Gold in internationale Devisen gewechselt werden, die nützlich sind für den russischen Staat." Auch aus dem Sudan heraus gibt es demnach einen schwunghaften Handel mit Gold durch Wagner.

Alternative zu China und dem Westen

In einem knappen Dutzend Länder Afrikas war oder ist Wagner militärisch aktiv, wirtschaftlich oder politisch sind es weit mehr. Gerade auch der neue Einfluss, den Wagner durch die verstärkte Zusammenarbeit im nichtmilitärischen Bereich erreicht hat, brachte den Kreml auf die afrikanische Bühne zurück. Dort sind viele Regierungen froh, nach China einen weiteren potenziellen Partner zu haben, der Optionen mitbringt und sie aus einer gefühlten westlichen Umklammerung löst.

Moskau spielt seinerseits dabei gern mit der guten Erinnerung, die viele Afrikaner an die Rolle der Sowjetunion beim Befreiungskampf vieler Länder des Kontinents vor allem in den 1950er- und 1960er-Jahren haben. Dass sich bei der Verurteilung des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine in der UN-Vollversammlung nur eine Minderheit afrikanischer Staaten klar auf die Seite des Westens gestellt hat, hat auch mit all dem zu tun.

Kreml könnte nach der Söldnertruppe greifen

Aber was wird aus den neuen Allianzen, wenn nach dem Aufstand von Prigoschin in Russland nichts mehr von seiner Firma und ihrem Netzwerk übrig bleiben sollte? "Einige Söldner sollen bereits in Syrien von der russischen Armee verhaftet worden sein, in einer gemeinsamen Operation mit den syrischen Streitkräften", sagt Thierry Vircoulon.

Es sei gut möglich, dass der Kreml nach der Organisation greife. Die Operationen in Ländern wie der Zentralafrikanischen Republik oder Mali würden aber wohl kaum gestoppt. "Moskau könnte Wagner aber umbenennen, der Organisation ein anderes Aussehen geben oder ein paar Dinge innerhalb von Wagner ändern."

So sieht es auch Ulf Laessing vom Regionalprogramm Sahel der Konrad-Adenauer-Stiftung: "Wenn Wagner oder Prigoschin das nicht überstehen, dann wird bestimmt etwas anderes kommen. Das Geschäft ist so lukrativ für Russland mit Rohstoffen und geopolitischen Einfluss - das werden sie sicher fortsetzen."