Von der Leyen im Europaparlament

Rede vor EU-Parlament Wen hat von der Leyen überzeugt?

Stand: 16.07.2019 14:11 Uhr

Mit starken Worten hat von der Leyen um das Europaparlament geworben. Einige Abgeordnete konnte sie überzeugen, andere bleiben skeptisch. Wie kam die Rede an? Wer will sie wählen? Eine Übersicht.

Eine gute halbe Stunde dauerte die Bewerbungsrede Ursula von der Leyens im Europaparlament. Dreisprachig, lächelnd und mit viel Leidenschaft präsentierte sich die 60-Jährige in Straßburg. Doch reicht das, um am Abend zur neuen EU-Kommissionschefin gewählt zu werden? Schafft sie als erste Deutsche seit Jahrzehnten den Sprung an die Spitze der mächtigen Brüsseler Behörde?

Christdemokraten, Liberale und ein Teil der Sozialdemokraten nahmen die Rede positiv auf und spendeten ihr wiederholt langen Applaus. Die Grünen, die Linksfraktion und Rechtspopulisten kündigten erwartungsgemäß an, sie nicht wählen zu wollen.

Für einen Erfolg bei der ab 18 Uhr stattfindenden Wahl benötigt von der Leyen die absolute Mehrheit der derzeit 747 Abgeordneten. Es müssten also mindestens 374 Abgeordnete für sie stimmen. Eine Übersicht über die Fraktionen und ihre Haltung zu von der Leyen.

EVP

Fraktionschef Manfred Weber (CSU) sagte der scheidenden Bundesverteidigungsministerin die Unterstützung seiner Gruppe - mit 182 Abgeordneten die größte im EU-Parlament - zu. Er verband dies aber mit der Forderung, vor der nächsten Europawahl das sogenannte Spitzenkandidatenprinzip zu verankern.

Renew Europe

Auch der Fraktionschef der liberalen Fraktion "Renew Europe" (108 Mandate), Dacian Ciolos, signalisierte seine Zustimmung. Er erwarte von der designierten Kommissionspräsidentin ein "pro-europäisches leadership". Ebenfalls positiv nahm die liberale EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager von der Leyens Rede auf. Sie rief die Abgeordneten zur Wahl der CDU-Politikerin auf. "Starke, warme, ausbalancierte Rede", schrieb sie auf Twitter.

Markus Preiß, ARD Brüssel, zu der Rede von der Leyens vor dem EU-Parlament

tagesschau24 11:00 Uhr

S&D

Auf die sozialdemokratische Fraktion wird es für von der Leyen ankommen. Die mit 153 Abgeordneten zweitgrößte Gruppe ist tief gespalten. Um gewählt zu werden, braucht die CDU-Politikerin aber Stimmen aus der S&D-Fraktion.

Die Sozialdemokraten wollen am Nachmittag über ihr Abstimmungsverhalten diskutieren. Die Vorsitzende der Fraktion, Iratxe García Pérez, betonte, von der Leyens Zusagen gingen "in die richtige Richtung". In einigen Punkten müsse sie aber konkreter werden. Vor allem die 16 SPD-Abgeordneten lehnen die CDU-Politikerin weiter strikt ab. Spanische, portugiesische und italienische Sozialisten haben angedeutet, die 60-Jährige unterstützen zu wollen. Auch der sozialdemokratische Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans signalisierte Unterstützung.

Grüne/EFA

Die Grünen bewerteten von der Leyens Auftritt zwar positiv, wollen aber dennoch gegen sie stimmen. "Ihre Zusagen waren zu vage", sagte der Co-Vorsitzende der Grünen, der Belgier Philippe Lamberts. Dies gelte für den Klimaschutz, die soziale Krise oder auch die Verteidigung der Rechtsstaatlichkeit. "Ihre Rede war gut, ihre Inhalte waren nicht gut genug", resümiert der Grünen-Europapolitiker Sven Giegold.

ID

Nicht überzeugen konnte von der Leyen die rechte Fraktion Identität und Demokratie (ID) mit 73 Sitzen. Der EU-Abgeordnete Jörg Meuthen von der AfD kündigte an, sie nicht wählen zu wollen. "Ich bin geradezu erleichtert, dass ich von Ihnen keine Stimme bekomme", sagte von der Leyen.

EKR

Die nationalkonservative Fraktion im Europaparlament, die mit 62 Sitzen ebenfalls eine Rolle spielen dürfte, hält sich die Wahl weiter offen. Die Ziele in der Klimapolitik würden immer höher gesteckt, ohne dass gesagt werde, wie das zu schaffen sei, kritisierte der EKR-Co-Chef Raffaele Fitto. Seine Fraktion werde erst am Nachmittag entscheiden, ob sie ihre Stimmen der Kandidatin gebe. Vorab gab es bereits viel Kritik, sollte die CDU-Politikerin den EU-Kommissionschefposten mit Stimmen der Rechtskonservativen bekommen. Zu der Parteienfamilie gehören Parteien wie die rechtsnationale polnische Regierungspartei PiS.

GUE/NGL

Die 41 linken Abgeordneten werden von der Leyen nicht wählen. Die Frakion wirft der CDU-Politikerin vor, keine Vision zu haben. Die Linken-Europaabgeordnete Özlem Alev Demirel kritisiert von der Leyen. "Mit rhetorischen Blendgranaten kann man keine Sozialpolitik machen", sagte sie.