Verbraucherschutz im Europaparlament Einfach und publikumswirksam

Stand: 06.06.2009 12:01 Uhr

Glühbirnen-Verbot, Roaming-Gebühren, Verpackungsgrößen: Über die meisten Verbraucherthemen entscheidet die EU. Das Europaparlament nutzt hierbei seine Macht. Doch nicht alle Entscheidungen sind populär.

Von Wolfgang Landmesser, WDR-Hörfunkstudio Brüssel

Im Juli 2007 feierte das Europaparlament die Roaming-Verordnung. Zum ersten Mal diktierten EU-Kommission und Europaparlament den Mobilfunkanbietern die Preise für Handygespräche im Ausland. Europa sei doch gar nicht so schwer, fand die erfreute Bundeskanzlerin Angela Merkel, damals Präsidentin des Europäischen Rates. "Nicht jede Verordnung ist einfach zu erklären. Diese schon", sagte Merkel. Jeder könne künftig von einem europäischen Land ins andere einfacher und vor allem billiger telefonieren.

Günstige Handytarife sind populär

Einfach und publikumswirksam. Und so entschied das Parlament im April, die Preise für Auslandsgespräche weiter zu senken. Am Ende darf ein Handytelefonat von Frankreich nach Deutschland oder von Spanien nach Österreich ab 1. Juli höchstens 35 Cent pro Minute kosten statt derzeit 46 Cent. Der SMS-Preis sinkt auf 13 Cent - statt bis zu 40 Cent.

"Preisdiktat" nennt das der Branchenverband Bitkom. Durch die zwangsverordneten Niedrigtarife könnten die Unternehmen in der Wirtschaftskrise nicht mehr investieren. Die FDP-Europaabgeordnete Silvana Koch-Mehrin kann das verstehen - und stimmte gegen europaweit festgelegte Handytarife. Sie drängte auf eine Unterscheidung zwischen Großhandels- und Einzelhandelspreisen. "Dass die EU-Kommission die Einzelhandelspreise diktiert halten wir für falsch, das ist ein zu weitgehender Eingriff in die Preispolitik der Unternehmen", sagte sie.

Der Wettbewerb in allen Ehren. Aber wenn der Markt nicht für günstige Preise sorge, müsse Europa eben handeln, meint dagegen Monique Goyens vom europäischen Verbraucherschutzverband BEUC. "Die Telefonpreise sind noch zu hoch", sagte sie. "Die Kommission hat die Unternehmen aufgefordert, die Preise zu senken. Das ist nicht passiert, dann muss es halt durch Gesetzgebung passieren."

EU-Führerschein ja, Nacktscanner nein

Nicht nur bei der Telekommunikation greift das Europaparlament ein und setzt Regeln. Über 80 Prozent der für Verbraucher relevanten Gesetze werden in Brüssel und Straßburg gemacht. In den fünf Jahren einer Wahlperiode kommt da einiges zustande: EU-Spirituosen-Verordnung, Verpackungsgrößen-Richtlinie, Verbot von Ganzkörperscannern an Flughäfen, Pestizid-Verordung, einheitlicher EU-Führerschein.

Eine wichtige Rolle spielt das Europaparlament beim Schutz der Gesundheit. So entschieden die Abgeordneten, gefährliche Stoffe in Spielzeug zu verbieten. "Allergene Duftstoffe, erbgutschädigende Stoffe, die werden jetzt in Spielzeug verboten und das ist ein gutes Zeichen", sagte der CDU-Parlamentarier Andreas Schwab. Auch den Einsatz von erbgutverändernden und krebserregenden Pestiziden stoppte das Parlament, die Zulassung von Chemikalien regelten die Abgeordneten in einer Richtlinie namens Reach.

Kein Zweifel: Wenn die Gesundheit der europäischen Verbraucher auf dem Spiel steht, muss das Parlament handeln. Auch wenn es Verbraucherschützern manchmal nicht weit genug geht. "Was wir schade finden: Bei Fernsehreklame für ungesunde Lebensmittel, die zu viel Salz, zu viel Zucker oder zu viel Fett beinhalten, hätte das Parlament Kinder besser schützen müssen", findet Verbraucherschützerin Goyens.

Umstrittenes Aus für die Glühbirne

Was die Gemüter in Deutschland weit mehr bewegt, ist das vom Europaparlament beschlossene Aus für die Glühbirne. Für viele ein Musterbeispiel europäischen Regulierungswahns. Goyens kann den Widerstand nicht nachvollziehen. Schließlich sei die Energie schluckende Birne schlecht fürs Klima. "Das hat zu tun mit Nachhaltigkeit, wir müssen dazu beitragen, dass wir weniger CO2 in die Luft schicken", sagt sie.

Energiesparende Autoreifen, Energielabels, das Aus für Geräte mit hohem Standby-Verbrauch - all das soll helfen, den Klimawandel zu stoppen. Dafür müssen die Deutschen in Zukunft auch auf ihre geliebte Glühbirne verzichten.