Griechische Marineschiffe während einer Militärübung im Mittelmeer.

Streit um Erdgasvorkommen Griechenland will Seegrenze ausweiten

Stand: 26.08.2020 16:16 Uhr

Der Streit zwischen Griechenland und der Türkei verschärft sich weiter. Die Regierung in Athen will die Seegrenzen im Ionischen Meer noch ausweiten, während Erdogan auf seinen Ansprüchen bei den Erdgasvorkommen im Mittelmeer beharrt.

Griechenland will seine Seegrenze in Richtung Italien ausweiten. Damit reagiert die griechische Regierung auf den wieder aufgeflammten Streit mit der Türkei um die Erdgasvorkommen im Mittelmeer. Ministerpräsident Kyriakos Mitsotakis sagte in einer Rede im Parlament, sein Land habe das Recht zu einem solchen Schritt. Die Regierung beende damit Jahrzehnte einer passiven Außenpolitik.

Abgeordnete applaudieren dem griechischen Ministerpräsidenten Mitsotakis nach einer Rede im Parlament.

Der griechische Ministerpräsident Mitsotakis bekommt Applaus von Parlamentariern für seine Pläne die Seegrenzen auszuweiten.

Bei der Ausweitung geht es um das Ionische Meer zwischen Griechenland und Italien. Die Territorialgewässer sollen von sechs auf zwölf Seemeilen vergrößert werden. Weiter östlich, in der Ägäis, liefert sich Griechenland einen erbitterten Streit mit der Türkei um Meeresgebiete. Ein türkisches Forschungsschiff sucht dort nach Öl- und Gasvorkommen, für die Griechenland exklusive Nutzungsrechte beansprucht, weil die dortigen Inseln zu seinem Territorium gehören. Ankara argumentiert dagegen, Inseln sollten bei der Berechnung der Seegrenzen zwischen den Ländern nicht berücksichtigt werden.

Große Wirtschaftszone durch kleine Inseln

Griechenland gehören mehrere tausend Inseln und Inselchen im Mittelmeer, nur weniger als 200 sind bewohnt. Nach einem internationalen Abkommen von 1982 steht den Inseln eine ausschließliche Wirtschaftszone in einem Radius von 200 Seemeilen zu. Ein Beispiel ist die kleine griechische Insel Kastellorizo, die nur zwei Kilometer vor der türkischen Südwest-Küste liegt, aber knapp 600 Kilometer vom griechischen Festland entfernt. Sie bringt Athen, wie auch in vielen weiteren Regionen im Östlichen Mittelmeer, eine Wirtschaftszone, die bis kurz vor die türkische Küste reicht.

Die türkische Wirtschaftszone beträgt dadurch nur einen Bruchteil der griechischen. Seerechts-Experten gestehen Athen zwar das Recht auf die Seegebiete grundsätzlich zu. Sie geben aber auch zu bedenken, dass die Aufteilung so verzerrt wird.

Erdogan ist nicht zu Kompromissen bereit

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan bleibt im Streit um Territorien und Bodenschätze kompromisslos. Die Türkei sei entschlossen, alles Notwendige zu tun, um ihre Rechte im Schwarzen Meer, in der Ägäis und im Mittelmeerraum zu erlangen, sagte Erdogan. Niemand solle die Geduld und die Entschlossenheit der Türkei auf die Probe stellen.

Für weiteren Konfliktstoff sorgt dabei ein Militärmanöver, das Frankreich, Griechenland und Zypern heute vor der zypriotischen Küste begonnen haben. Auch hier geht es um Erdgasvorkommen, an denen die Türkei starkes Interesse hat. Ein türkisches Forschungsschiff ist seit Monaten in dem Gebiet unterwegs - allerdings ohne die Genehmigung Zyperns.

NATO fordert Dialog

Die NATO rief die Türkei und Griechenland inzwischen zum Dialog auf. Das Bündnis sei "besorgt über die Situation", sagte NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg in Berlin. "Was wir brauchen, ist Deeskalation, ist Dialog." Er begrüße die Vermittlungsversuche der Bundesregierung, erklärte Stoltenberg.

Der Gasstreit im Mittelmeer ist auch Thema beim heutigen Treffen der EU-Verteidigungsminister in Berlin, an dem auch Stoltenberg teilnimmt.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 26. August 2020 um 15:00 Uhr.