Reaktionen auf Niederlande-Referendum "Hooray" aus Großbritannien

Stand: 07.04.2016 11:19 Uhr

Nach dem Referendum in den Niederlanden reiben sich Europakritiker wie UKIP-Chef Farage aus Großbritannien die Hände. Er schielt schon auf die dortige Volksbefragung im Sommer. EU-Kommissionschef Tusk sagte, er wolle die Entscheidung der Regierung in Den Haag abwarten.

Von Mit Informationen von Kai Küstner, ARD-Studio Brüssel

Eine offizielle Stellungnahme der Europäischen Union zum Referendum in den Niederlanden gibt es noch nicht. Doch nach dem zu urteilen, was Kommissionschef Jean-Claude Juncker vor der Abstimmung erklärt hatte, markiert es einen weiteren Tiefschlag für die Staatengemeinschaft. Ein Votum gegen das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine "könnte die Tür zu einer Krise auf dem Kontinent aufstoßen", hatte er noch kurz vor dem Referendum gesagt.

Nun ist genau dieser Fall eingetreten: Die Niederländer haben "Nee" gesagt in einem Referendum, dessen Initiatoren zuvor erklärt hatten, es gehe ihnen nicht um die Ukraine, sondern sie wollten der EU einen Denkzettel verpassen.

Farage jubelt

Europakritiker wie UKIP-Chef Nigel Farage aus Großbritannien reiben sich die Hände. "Hooray", twitterte er. Das niederländische Votum scheine der Beginn zu sein für ein großes Nein zu Europa. Viele der niederländischen Initiatoren planten nun, den "Brexit"-Wahlkampf seiner Partei zu unterstützen. Die Briten stimmen im Juni über einen möglichen Austritt aus der EU ab. Anders als in den Niederlanden ist dieses Votum bindend. Farage und seine Partei werben massiv für den "Brexit".

Tusk: Ergebnis zur Kenntnis genommen

Die EU-Spitzen in Brüssel zeigten sich ernüchtert. Er habe das Ergebnis zur Kenntnis genommen, erklärte Kommissionpräsident Donald Tusk knapp. "Ich werde mit dem niederländischen Regierungschef Mark Rutte in Kontakt bleiben und abwarten, welche Schlussfolgerungen er aus der Abstimmung ziehen wird und welche Strategie seine Regierung nun verfolgt." Das Abkommen zwischen der EU und der Ukraine bleibe aber provisorisch in Kraft.

Mehr Bürgernähe gefordert

Der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei im Europaparlament, Manfred Weber, fordert nach der Entscheidung der Niederländer mehr Bürgernähe und -beteiligung. "Wir müssen Europa demokratisieren", sagte der CSU-Politiker im Deutschlandfunk. Es müsse Schluss sein mit Entscheidungen in Brüsseler Hinterzimmern. Vielmehr sollten die politisch Verantwortlichen stärker auf die Bürger zugehen, für Europa werben und zeigen, dass sie deren Sorgen ernst nehmen.

Das Ergebnis markiere eine große Niederlage der niederländischen Regierung. Es sei nun Sache dieser Regierung, Vorschläge zu machen, wie damit umzugehen sei. "Die Populisten haben ihr Spiel gespielt", sagte Weber. Den EU-Assoziierungsvertrag mit der Ukraine hält er aber noch nicht für gescheitert. Schließlich hätten alle übrigen EU-Länder ihm bereits zugestimmt.

Ähnlich sieht das auch der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Europaparlaments Elmar Brok. Das Abkommen, das alle EU-Staaten unterschrieben hätten, sei ja bereits vorläufig in Kraft und könne auch in Kraft bleiben, sagte er dem ARD-Studio Brüssel.

Andere EU-Politiker warnen zudem vor dem Signal, dass an die Ukraine ausgeht. Die Grüne Rebecca Harms meint: Die EU trage nicht nur für sich selbst Verantwortung. "Wir haben dieses Assoziierungsabkommen vorangetrieben. Und die Ukrainer jetzt einfach wieder vor die Tür zu setzen, kommt für mich nicht infrage." Dies gelte auch angesichts der vielen Toten, die während der Maidan-Proteste - die sich an dem Assoziierungsabkommen entzündet hatten - ums Leben kamen.

Poroschenko: Kooperation nicht gefährdet

Auch die Ukraine sieht die Kooperation mit der EU nicht gefährdet. "Strategisch gefährdet es den Weg der Ukraine nach Europa nicht", erklärte Staatschef Petro Poroschenko. Die Ukraine habe allerdings "auf ein besseres Ergebnis gehofft", sagte Außenminister Pawel Klimkin. Er betonte: "Bei der praktischen Umsetzung ändert sich nichts. Das Abkommen wird wie bisher vorläufig angewendet." Der Freihandel, der Teil des Abkommens ist, entwickele sich weiter.

Markus Sambale, M. Sambale, ARD Moskau, 07.04.2016 10:54 Uhr