Wladimir Putin

Umgang mit Russen in Lettland Putins Worte, die wie eine Drohung klingen

Stand: 05.12.2023 17:14 Uhr

Seit Jahrzehnten wirft der Kreml Lettland vor, russischsprachige Einwohner zu unterdrücken. Vor dem russischen Menschenrechtsrat fand Präsident Putin deutliche Worte, die auch als Drohung verstanden werden können.

Von Jürgen Buch, ARD Moskau

Es ist kein aggressiver Tonfall, mit dem russische Präsident Wladimir Putin Lettland kritisiert, doch manche könnten es als Drohung verstehen, was er in Moskau auf einer Sitzung des Rates für die Entwicklung der Zivilgesellschaft und der Menschenrechte gesagt hat.

Ich glaube nicht, dass das Glück in die Häuser derjenigen kommt, die so eine Politik verfolgen. Wenn sie so eine Politik gegenüber Menschen betreiben, die in diesem oder jenem Land leben wollten, dort arbeiteten, diesem Land Vorteile verschafften und jetzt wie Schweine behandelt werden, dann werden sie am Ende selbst solche Schweinerei erleben, innerhalb ihrer Länder.

Die "Nichtbürger Lettlands"

Was Putin meint: In Lettland spricht ein großer Teil der etwa 1,8 Millionen Einwohner Russisch als Muttersprache. Ungefähr ein Viertel der Menschen in Lettland sind ethnisch gesehen Russen. Aber nur etwa die Hälfte davon hat die lettische Staatsbürgerschaft. Die meisten anderen, also etwa 180.000, haben einen besonderen Status: Sie sind nicht staatenlos, sondern sogenannte "Nichtbürger Lettlands".

Putins mögliche Drohung Richtung Lettland: Wenn ihr die Russen bei euch in Lettland "wie Schweine behandelt", dann wundert euch nicht über die Folgen in eurem Land. Was er genau meint oder für möglich hält, ist unklar. Politische Auseinandersetzungen innerhalb Lettlands? Eine Protestwelle der Russen im Land? Szenarien wie im ukrainischen Donbass, wo Russland mit der Begründung intervenierte, Russen schützen zu müssen? Das ließ Putin offen.

Putin sieht Status "außerhalb des Rechtssystems"

Die meisten Russen in Lettland sind in der sowjetischen Zeit dorthin gekommen oder nach dem Ende der Sowjetunion in Lettland geboren worden. Dass es in Lettland und auch im Nachbarland Estland die Kategorie der "Nichtbürger" gibt, kritisiert Russland seit Langem - und Putin hat es jetzt noch einmal wiederholt.

"Das steht natürlich außerhalb des Rechtssystems fast aller zivilisierten Länder, so eine solche Kategorie von Menschen als 'Nicht-Staatsbürger'", meint Putin. "Das ist schon eine seltsame Erfindung derjenigen, die behaupten, sie seien demokratische Länder. Es ist natürlich hässlich und wir alle sehen und verstehen das."

Ständiges Aufenthalts- und Arbeitsrecht

"Nichtbürger" haben auf nationaler Ebene kein Wahlrecht und dürfen nicht im Staatsdienst arbeiten. Sie haben aber ein ständiges Aufenthalts- und Arbeitsrecht. Sie können mit ihrem speziellen Pass im gesamten Schengenraum reisen, ebenso ohne Visum nach Russland fahren. Und natürlich können sie die lettische Staatsbürgerschaft beantragen und haben dann alle politischen Rechte im Land.

Dann gibt es aber noch etwa 20.000 weitere Personen in Lettland, die einen russischen Pass haben. Von denen verlangt Lettland in Zukunft, dass sie auf Alltagsniveau Lettisch können, wenn sie dauerhaft im Land leben wollen.

Eigentlich sollte der Sprachnachweis bis Ende September schon erbracht werden müssen. Von den gut 8.000 russischen Staatsbürgern in Lettland hat aber mehr als die Hälfte den Test im ersten Anlauf nicht bestanden. Damit droht der Verlust der Aufenthaltsgenehmigung. Das lettische Parlament hat die Frist jetzt aber noch einmal um fast zwei Jahre verlängert. Spätestens dann kann sich Putin also neue Sorgen um Russen in Lettland machen.

Jürgen Buch, ARD Moskau, tagesschau, 05.12.2023 16:23 Uhr