Atomprogramm Teherans Israel besorgt über Berichte zu Iran

Stand: 20.02.2023 15:04 Uhr

Die UN-Atomenergiebehörde hat im Iran einem Medienbericht zufolge Uran nachgewiesen, das fast auf einen waffentauglichen Reinheitsgrad angereichert wurde. In Israel löst das große Besorgnis aus.

Der Bericht über die jüngsten Fortschritte im Iran bei der Anreicherung von Uran besorgt Sicherheitskreise in Israel. Bloomberg hatte am Wochenende unter Berufung auf zwei anonyme Diplomaten berichtet, Iran sei es gelungen, Uran auf bis zu 84 Prozent anzureichern. Für den Bau von Atomwaffen wird rund 90-prozentiges Uran benötigt.

Bericht laut Ex-General ein Weckruf

Zwar wird in der israelischen Öffentlichkeit schon seit Längerem über die Fortschritte des iranischen Atomprogramms berichtet. Aber nun gehen Fachleute davon aus, dass Iran im Laufe eines Jahres Atomwaffen bauen könnte. Einer von ihnen ist Tamir Hayman. Er ist Ex-General und Direktor am Israelischen Institut für Nationale Sicherheit. Hayman hält den Bericht für wichtig - er sei eine Art Weckruf.

Es ist die Gelegenheit, in den Spiegel zu schauen und sich einzugestehen, dass die jetzige Strategie das Nuklearprogramm des Iran nicht stoppt.

Die Option für einen möglichen, effektiven militärischen Angriff werde mit jeder weiteren Anreicherung größer, erklärt Hayman weiter. "Aber je weiter sie kommen und von der Anreicherung zur Fertigstellung übergehen, wird der operative, geheimdienstliche Aufwand immer komplizierter." Die Situation sei bereits sehr kompliziert.

Verschiedene Operationen gegen Atomprogramm

Auch wenn das von israelischer Seite nicht offiziell kommentiert wird: Es gab bereits verschiedene Operationen gegen das iranische Atomprogramm. Berichtet wird von der gezielten Tötung von am Programm beteiligen Wissenschaftlern, von Cyberangriffen auf wichtige Infrastruktur und auch von Drohnenangriffen auf Anlagen. Weil sich die iranischen Anlagen aber zum Teil in tiefen unterirdischen Bunkern befinden sollen, gilt ein Angriff als schwierig.

UN-Botschafter fordert weitere Sanktionen

Derweil hat Israels Botschafter bei den Vereinten Nationen, Gilad Erdan, den Bericht über das iranische Atomprogramm genutzt, um weitere Sanktionen zu fordern. Er erklärte: "Das mörderische Regime in Iran verstößt weiterhin gegen alle Verpflichtungen und ist nur einen Schritt davon entfernt, Atomwaffen zu produzieren."

Jetzt stehe fest, dass nur eine militärische Bedrohung zusammen mit Sanktionen Iran noch aufhalten können. Erdan erwarte vom UN-Sicherheitsrat, "sofort wieder alle internationalen Sanktionen anzuheben, um das Eiltempo des Iran in Richtung Atomwaffen aufzuhalten".

Iran setzt laut Netanyahu Aggression fort

Auch Israels Premierminister Benjamin Netanyahu spricht viel über das iranische Atomprogramm. Einerseits, um vor der realen iranischen Bedrohung zu warnen und Entschlossenheit zu demonstrieren - andererseits sieht er in dem Thema auch eine Möglichkeit, das Land im Kampf gegen diese Bedrohung zu einen. Während der Kabinettssitzung gestern sagte er:

An der Iran-Front sind unsere Anstrengungen ungebrochen, einfach, weil Iran seine Aggression fortsetzt.

Iran schicke weiterhin tödliche Waffen, die viele unschuldige Zivilisten fernab seiner Grenzen angreifen, so Netanyahu. Iran versuche außerdem weiterhin, überall auf der Welt den Staat Israel und seine Bürgerinnen und Bürger anzugreifen.

"Wir werden nicht erlauben, dass Iran in den Besitz von Atomwaffen kommt und sich an unserer nördlichen Grenze verschanzt", fügte Netanyahu hinzu. Israel werde alles tun, um seine "Leute zu verteidigen". Man werde kraftvoll auf die Angriffe gegen Israel antworten.

Viele Bedrohungen aus israelischer Sicht

Sicherheitsexperte Hayman weist allerdings auch darauf hin, dass die Themen, die die neue israelische Regierung innenpolitisch derzeit vorantreibt, eine Schwächung in diesem Kampf bedeuten könnten. Er glaubt: "Wir müssen uns mit den großen Bedrohungen auseinandersetzen. Die palästinensische Front steht vor einer großen Explosion, wir sehen eine Eskalation in Ostjerusalem, der Ramadan steht vor der Tür, das Nuklearprogramm wird stärker."

Solange man die internationale Staatengemeinschaft mit Dingen wie der Legalisierung illegaler Außenposten oder der Justizreform beschäftige, werde die Zeit mit diesen anderen Dingen verschwendet, bekräftigte Hayman.

Als sicher gilt nur: Israel wird nicht abwarten, bis Iran Atomwaffen baut. Deshalb ist ein größerer Schlag gegen das iranische Atomprogramm in den nächsten Wochen oder Monaten wahrscheinlich.

Jan-Christoph Kitzler, Jan-Christoph Kitzler, ARD Tel Aviv, 20.02.2023 13:15 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 20. Februar 2023 um 14:51 Uhr.