EU-Türkei-Deal Viel Arbeit für den umstrittenen Flüchtlingspakt

Stand: 17.03.2016 18:01 Uhr

Beim EU-Gipfel in Brüssel ringen die Staats-und Regierungschefs um einen Flüchtlingspakt mit der Türkei. Das Abkommen ist auch wegen rechtlicher Vorbehalte umstritten. Bundeskanzlerin Merkel äußerte sich "vorsichtig optimistisch", dass es eine Einigung geben wird.

Die europäischen Staats- und Regierungschefs beraten in Brüssel über eine Flüchtlingsvereinbarung mit der Türkei. Mit Hilfe der Türkei sollen die Flüchtlingsbewegung eingedämmt und illegale Flüchtlinge von Griechenland in die Türkei zurückgebracht werden. Im Gegenzug soll die EU sechs Milliarden Euro zahlen, Türken Visa erlassen und die EU-Beitrittsverhandlungen mit Ankara beschleunigen.

Mehrere Teilnehmer erklärten zum Auftakt des zweitägigen Gipfels, es sei noch viel Arbeit zu tun. Sie äußerten Bedenken gegen den geplanten Türkei-Deal. Der belgische Premier Charles Michel sagte: "Die Türkei verlangt wirklich eine Menge, und ich weigere mich, Verhandlungen zu akzeptieren, die manchmal einer Form von Erpressung ähneln."

Litauens Präsidentin Dalia Grybauskaite erklärte in Brüssel: "Ich verstehe und unterstütze einen Teil der Kritik, denn ich denke, dass das vorgeschlagene Paket sehr kompliziert ist, die Umsetzung wird sehr schwierig sein, und es ist am Rand internationalen Rechts."

Merkel: Abkommen muss Flüchtlingsrechte wahren

Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte sich vor Beginn der Gespräche vorsichtig optimistisch zu einer Einigung in der Flüchtlingspolitik geäußert. Sie wolle sich der Bewertung von EU-Gipfelchef Donald Tusk anschließen, dass sie "vorsichtig optimistisch, mit der Betonung auf vorsichtig" sei.

Für die geplanten Rückführungen aller Neuankömmlinge aus Griechenland in die Türkei müssten die internationalen Asylschutzstandards eingehalten werden, erklärte Merkel. Es sei wichtig, "dass jeder Flüchtling individuell betrachtet wird und seine Rechte wahrnehmen kann". Intensive Beratungen seien nötig, um einen Interessenausgleich zwischen der Türkei und der EU zu finden, sagte sie weiter.

Zuvor hatten bereits mehrere andere EU-Regierungschefs betont, dass die geplante Rückführung von Flüchtlingen aus Griechenland in die Türkei sowohl mit EU-Recht als auch mit den Bestimmungen der Genfer Flüchtlingskonvention vereinbar sein müsse.

Tsipras dringt auf schnelle Hilfe

Der griechische Ministerpräsident Alexis Tsipras forderte schnelle Hilfe für die in seinem Land festsitzenden Flüchtlinge und verwies auf der Schicksal der Schutzsuchenden an der mazedonischen Grenze in Idomeni: "Wir haben es mit einer humanitären Krise zu tun - wegen der einseitigen Aktionen auf der Balkanroute."

Das vorige Woche bereits in Grundzügen ausgehandelte Abkommen soll Ankara verpflichten, den Menschenschmuggel nach Griechenland einzudämmen und illegal einreisende Migranten zurückzunehmen. Im Gegenzug soll die EU sechs Milliarden Euro zahlen, Türken Visa erlassen und die EU-Beitrittsverhandlungen mit Ankara beschleunigen.

Vor allem aber soll die EU eine legale Übersiedlung von syrischen Flüchtlingen aus der Türkei ermöglichen. So ist vorgesehen, dass für jeden in der Ägäis gestoppten Migranten ein syrischer Flüchtling in Europa aufgenommen wird. Entwürfen zufolge gilt dies aber nur bis zu einer Obergrenze von 72.000. Das UN-Flüchtlingshilfswerk soll den Prozess begleiten.

Heftige Kritik an Plänen

Aus Sicht des Menschenrechtskommissars des Europarats, Nils Muisznieks, ist der Plan schlicht "illegal". Er unterminiere das fundamentale Menschenrecht des Einzelnen, Asyl zu suchen und zu finden, schreibt Muiznieks in einem Gastbeitrag auf tagesschau.de.

Mit Informationen von ARD-Korrespondent Kai Küstner.