In Höhe der Insel Ziegenwerder liegt ein toter Fisch am Ufer der Oder

Ermittlungen in Polen Fischsterben in der Oder bleibt ungeklärt

Stand: 28.12.2022 22:00 Uhr

Tonnen qualvoll verendeter Fische - die Katastrophe in der Oder hat in Deutschland und Polen Bestürzung ausgelöst. Doch die Ermittlungen zur genauen Unglücksursache dauern nun schon Monate und drohen zu versanden.

Den oder die Schuldigen für das große Fischsterben hat die polnische Seite bislang nicht beim Namen genannt: Jene also, die für den kräftigen Anstieg des Salzgehalts der Oder im vergangenen Sommer verantwortlich waren, der wiederum - so die Annahme - Algenbildung begünstigt hat und damit auch das massenhafte Fischsterben.

Keine Hinweise auf illegale Einleitungen

Zwar hatte die zuständige Breslauer Staatsanwaltschaft nach eigenen Angaben bis Weihnachten 400 Zeuginnen und Zeugen befragt. Zu einer Anklage aber reichten die Ermittlungen bislang nicht. Zuvor hatte bereits die polnische Umweltbehörde mitgeteilt, Hinweise auf illegale Einleitungen gebe es nicht. Behördenleiter Andrzej Szweda-Lewandowski sagte im September: "Keiner der kontrollierten Betriebe hat mehr Abwasser als gewöhnlich eingeleitet. Für alle Einleitungen, denen wir nachgingen, lagen wasserrechtliche Genehmigungen vor."

Was für Kritiker nur den Schluss zulässt, dass eben zu viel genehmigt wird. Und das vor allem in den Sommermonaten, wenn Sonne, Hitze und niedrige Wasserstände der Oder noch mehr zusetzen als üblich. Laut Recherchen der Zeitung "Rzeczpospolita" liegen 751 Einleitungsgenehmigungen in die Oder oder ihre Zuflüsse vor. Die Behörden hätten die Genehmigung nur in einem Fall versagt, heißt es weiter.

WWF: "Rechtsmäßig vergiftet"

Zu den größten Emittenten gehören dem Vernehmen nach große staatliche Bergbauunternehmen, Industriebetriebe und der staatliche Kupferförderer KGHM - die sich aber unter Verweis auf Geschäftsgeheimnisse nicht in die Karten schauen lassen. Piotr Nieznanski vom polnischen Ableger des Naturschutzbundes WWF meint:

Vereinfachend gesagt, wurde die Oder rechtsgemäß vergiftet, wenn man darauf schaut, dass diese Genehmigungen erteilt und auch überprüft wurde, dass niemand die erlaubten Mengen überschritten hat.

Nicht bekannt ist, dass Genehmigungen als Konsequenz nun eingeschränkt worden wären. In der polnischen Umweltbehörde führt das zu Stirnrunzeln. Vize-Umweltminister Jacek Ozdoba widersprach jedenfalls deutschen Warnungen nicht grundsätzlich, der Salzgehalt der Oder habe bereits wieder ein Niveau erreicht, das im Sommer zur Ökokatastrophe führte.

Der Salzgehalt sei enorm und könne tatsächlich erneut zu einem Anstieg giftiger Stoffe führen. Und damit auch zu einem Fischsterben, "solange das Problem mit den Einleitungen nicht gelöst wird", warnt Ozdoba. "Hier sollten wir uns grundsätzlich Gedanken machen."

Parteizugehörigkeit statt Expertise?

Doch lägen die Einleitungsgenehmigungen im Kompetenzbereich der polnischen Wasserbehörde, so der Vize-Umweltminister. Dies ist eine von der PiS-Regierung neugeschaffene Institution, deren Mitarbeiter, wie unter der Hand kritisiert wird, oft eher nach Parteizugehörigkeit als nach Expertise ausgewählt worden seien.

Und der Druck auch aus Deutschland, in Sachen Einleitung endlich Ross und Reiter zu nennen, produziert im politischen Polen Gegendruck: Auch bei anderen Themen heißt es im Umfeld von PiS-Chef Kaczynski gern, die Umwelt diene Berlin doch nur als Vorwand, um Polen wirtschaftlich klein zu halten.

Jan Pallokat, Jan Pallokat, ARD Warschau, 28.12.2022 21:10 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete NDR Info am 28. Dezember 2022 um 13:05 Uhr.