Die Ryanair-Maschine nach der erzwungenen Landung auf den Flughafen in Minsk | AFP

Nach Vorfall in Minsk UN untersuchen erzwungene Landung

Stand: 28.05.2021 10:30 Uhr

Die Vereinten Nationen wollen die von Belarus erzwungene Umleitung einer Ryanair-Maschine nach Minsk untersuchen lassen. Russland hat offenbar Airlines aus der EU Alternativ-Routen verweigert.

Das Abfangmanöver gegen eine Ryanair-Maschine bei Minsk steht nun auch auf die Tagesordnung der UN. Sechs Tage nach dem Zwischenfall hat die Internationale Zivilluftfahrtorganisation ICAO angekündigt, die erzwungene Umleitung zu untersuchen.

In einer Mitteilung bezeichnete der Rat der UN-Organisation, der Vorfall habe "starke Besorgnis" ausgelöst. Die Luftfahrtbehörde wolle die Fakten ermitteln und klären, ob ein ICAO-Mitgliedsstaat gegen internationales Luftverkehrsrecht verstoßen habe könnte.

Irlands Verkehrsminister Eamon Ryan sagte, die ICAO werde bis zum 25.Juni einen Zwischenbericht vorlegen. Die Vereinigten Staaten und mehrere Verbündete hatten eine Untersuchung des Vorfalls gefordert. Die ICAO hat nur durch die Aussetzung von Stimmrechten die Möglichkeit, ihre Mitgliedsstaaten zu bestrafen.

EU kündigte Sanktionen an

Belarus hatte am Sonntag eine Ryanair-Maschine auf dem Flug von Griechenland nach Litauen mit einem Kampfjet nach Minsk umgeleitet und dort dann den regierungskritischen Journalisten Roman Protasewitsch und seine Freundin festgenommen.

Die EU-Staats- und Regierungschefs hatten daraufhin ihre Außenminister beauftragt, Wirtschaftssanktionen gegen Belarus vorzubereiten. Airlines aus Belarus wurde die Start- und Landeerlaubnis für EU-Flughäfen entzogen. Airlines aus der EU sollen den Luftraum über Belarus meiden.

Mehrere Flüge abgesagt

Nun verschlechtert sich wohl auch das Verhältnis zwischen der Europäischen Union und Russland, dem wichtigsten Verbündeten von Belarus, weiter. Russland scheint nicht gewillt zu sein, einigen Airlines alternative Routen nach Moskau zu genehmigen.

Sowohl die österreichische Gesellschaft Austrian Airlines als auch die französische Air France mussten Medienberichten zufolge deswegen Flüge in die russische Hauptstadt absagen. Die österreichische Nachrichtenagentur APA berichtete, ein für Donnerstag geplanter Linienflug von Wien nach Moskau habe abgesagt werden müssen, weil die russischen Behörden keine Genehmigung erteilt hätten, Belarus zu umfliegen.

Zuvor seien aus diesem Grund auch Air France-Flüge von Paris nach Moskau gecancelt worden. In einer Stellungnahme forderte Österreich Russland auf, "den freien Luftverkehr zwischen Russland und Europa nicht künstlich zu behindern". Der Außenbeauftragte der EU, Josep Borrell, sagte, es bestehe nach diesem Vorgang das Risiko einer Eskalation. Es sei noch unklar, ob Moskaus Weigerung gegenüber Austrian Airlines eine generelle Maßnahme sei. Es habe einige Flugzeuge gegeben, die nicht hätten landen können und einige, die nicht hätten starten können.

Blogger trifft Anwältin

Der inhaftierte Blogger Protasewitsch durfte nach vier Tagen im Gefängnis inzwischen seine Anwältin sehen. "Alles ist gut, er ist guter Dinge, positiv und fröhlich", sagte Inessa Olenskaja der unabhängigen Nachrichtenagentur Belapan.

Aus Verschwiegenheitsgründen könne sie nicht mehr sagen. Protasewitschs im polnischen Exil lebende Eltern hatten zuvor betont, in einem von der belarusischen Staatspropaganda verbreiteten Video Spuren von Misshandlung im Gesicht ihres Sohnes entdeckt zu haben

Scholz ruft Putin zum Handeln auf

Heute wollen sich der belarusische Machthaber Alexander Lukaschenko und Russlands Präsident Wladimir Putin in Sotchi am Schwarzen Meer treffen. Vizekanzler Olaf Scholz appellierte an den Kreml-Chef, für die Freilassung von Protasewitsch zu sorgen. "Moskau darf diesen ungeheuerlichen Akt der Luftpiraterie nicht ignorieren", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe.

Zuvor hatte Außenminister Heiko Maas Lukaschenko "terroristische Züge" attestiert. Das Verhalten des belarusischen Machthabers sei "vollkommen inakzeptabel". Er drohte eine "lange Sanktionsspirale" an, sollte Minsk nicht einlenken.

Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 28. Mai 2021 um 08:00 Uhr in den Nachrichten.