Rishi Sunak | REUTERS
Porträt

Rishi Sunak Premier der Premieren

Stand: 25.10.2022 12:59 Uhr

Rishi Sunak ist durch König Charles III. zum neuen britischen Premierminister ernannt worden. Sunak ist reicher als der König. Doch er will dem Land mit Integrität und Demut dienen. Wer ist der neue Regierungschef?

Von Imke Köhler, ARD-Studio London

Rishi Sunak steht für viele erste Male: Er ist der erste nicht-weiße Mann an der Spitze der britischen Regierung, der erste gläubige Hindu in der Downing Street und der erste Premierminister, der reicher ist als der Monarch im Buckingham Palast. Tatsächlich gehört Rishi Sunak zu den Reichsten des Landes, das Vermögen von ihm und seiner Frau wird auf 730 Millionen Pfund geschätzt.

Imke Köhler ARD-Studio London

Dass Sunak viel Geld für Kleidung ausgibt, hat ihn im Sommer - während des Wahlkampfes gegen Liz Truss - angreifbar gemacht. Eine prominente Unterstützerin von Truss versuchte das auszuschlachten, der "Evening Standard" berichtete darüber: Ein Anzug für 3500 Pfund und Prada-Schuhe für knapp 500 Pfund, während Liz Truss Ohrringe für 4,50 Pfund trage. Truss - so war zwischen den Zeilen zu lesen - sei da viel bürgernäher und dichter dran am Otto-Normal-Verbraucher.

Tatsächlich war es im Wahlkampf aber Rishi Sunak, der sich für die kleinen Leute einzusetzen schien: "Liz sagt, sie glaubt an Steuersenkungen, nicht direkte Hilfen. Ich halte das nicht für richtig. Das ist kein Plan, der für unser Land richtig ist", so Sunak damals. "Wenn wir nicht direkt den Schwachen helfen, den Menschen mit den niedrigsten Einkommen, den Rentnern, dann ist das ein moralisches Versagen der konservativen Regierung, und ich glaube nicht, dass uns die britische Bevölkerung das verzeihen wird."

 Reichtum warf Fragen auf

Sunak wurde 1980 im südenglischen Southampton als Sohn indisch-stämmiger Eltern geboren. Sein Vater war Arzt, seine Mutter Apothekerin. Im Wahlkampf hat Sunak oft erzählt, dass er seiner Mutter bei der Buchhaltung geholfen hat. Mit Zahlen konnte er offenbar schon immer umgehen. Er besuchte eine Privatschule und studierte später an den Elite-Universitäten Oxford und Stanford, wo er auch seine Frau kennenlernte: Akshata Murthy, die Tochter eines indischen Software-Magnaten - sie gehört zu den reichsten Frauen der Welt. 

Sunak verdiente aber auch selbst viel Geld, unter anderem als Analyst bei der Investmentbank Goldman Sachs und als Partner eines Hedge Fonds. Das Ehepaar Sunak/Murthy, das zwei Töchter hat, besitzt mehrere exklusive Immobilien im In- und Ausland. In sein Haus in seinem Wahlkreis in North Yorkshire soll Sunak einen 400.000 Pfund teuren Pool- und Spabereich gebaut haben, was für Diskussionen sorgte. Der "Guardian" warf sogar die Frage auf, ob Rishi Sunak zu reich sein könnte, um Premier zu werden. Diese Frage ist nun beantwortet.

Allerdings hat das Geld Sunak auch schon in anderer Hinsicht in Bedrängnis gebracht, etwa als sich herausstellte, dass seine Frau einen sogenannten Non-Dom-Status hatte, wodurch sie ihr internationales Einkommen nicht in Großbritannien versteuern musste - was legal war, aber für ihren Mann politisch sehr heikel. 

In der Pandemie mehr Staat statt weniger Staat

Rishi Sunak gilt als "klassischer" Konservativer, der für niedrige Steuern und niedrige Staatsausgaben steht - zumindest in normalen Zeiten. In der Corona-Pandemie hat er anerkannt, dass diese Politik nicht durchzuhalten war. Um Unternehmen und Jobs zu schützen, kündigte er milliardenschwere Hilfsprogramme an und führte eine Art Kurzarbeitergeld ein, das es so vorher in Großbritannien nicht gegeben hatte.

Bei der Ausgabenpolitik gab es aber auch Streit mit Boris Johnson. Johnson hätte gern noch mehr Geld für seine Pläne zur Verfügung gehabt, während Sunak versuchte, die Ausgaben in Zaum zu halten. Dass Sunak eher Realpolitiker als Ideologe ist, scheint sich auch gerade beim Thema Steuersenkungen zu zeigen. Obwohl er sie grundsätzlich will, hat er im Sommer Liz Truss dringend davon abgeraten, zu diesem Zeitpunkt schuldenfinanzierte Steuergeschenke zu machen und hat - zu Recht, wie jetzt jeder weiß - vor katastrophalen Folgen gewarnt.

Im Wahlkampf ist er Truss bei ihren finanzpolitischen Plänen öfter in die Parade gefahren: "Dein eigener Wirtschaftsberater hat gesagt, dass die Zinsen bei Deinen Plänen auf etwa sieben Prozent steigen würden." Und ans Publikum gewandt: "Denken Sie doch mal nach, was das für all ihre Hypotheken bedeutet."

In die Politik ist Rishi Sunak erst 2014 gegangen, startete dann aber auch gleich durch. Ein Jahr später war er schon Abgeordneter für die Konservativen im Unterhaus. Sunak hat den Brexit gewollt und Boris Johnson in seinem Bemühen unterstützt, Parteichef und Premier zu werden. In Johnsons Kabinett war Sunak bis zum Juli 2022 Finanzminister. Durch seinen Rücktritt als Finanzminister - so werfen ihm seine Kritiker vor - habe er den Sturz von Boris Johnson eingeleitet. Nun sitzt Sunak selbst auf dem Stuhl, den Johnson räumen musste. Sunak hat gelobt, dem Land mit Integrität und Demut zu dienen.