
Rettungsschiff "Ocean Viking" Frankreich weist 123 Geflüchtete ab
Eine Woche nach dem Einlaufen des Rettungsschiffs "Ocean Viking" hat Frankreich mehr als der Hälfte der Geflüchteten offiziell die Einreise verweigert. 26 Minderjährige reisten auf eigene Faust weiter.
Nach dem Tauziehen um das letztlich von Frankreich aufgenommene Seenotrettungsschiff "Ocean Viking" mit 234 Geflüchteten an Bord hat Paris 123 von ihnen abgewiesen. Nach Abschluss der Überprüfung aller vor einer Woche angekommener Geflüchteten habe sich gezeigt, dass die 123 keinen Anspruch auf ein Asylverfahren hätten, sagte Innenminister Gérald Darmanin. Vor einigen Tagen hatte er bereits erklärt, die Rückführung der abgewiesenen Migranten solle so schnell wie möglich mit den Herkunftsländern organisiert werden.
Nach der italienischen Weigerung, das Seenotrettungsschiff aufzunehmen, konnte die "Ocean Viking" vor einer Woche in Toulon in Südfrankreich anlegen, wobei Frankreich sich verärgert über Italien zeigte. Italien hätte internationales Recht missachtet und sich eigentlich um das Schiff kümmern müssen.
Frankreich macht Italien erneut Vorwürfe
Die Regierung in Paris warf dem Nachbarland nun erneut vor, dem Schiff keinen Hafen geöffnet zu haben. "Eine üble Geste", hieß es. Die Migranten halten sich derzeit in einem Feriendorf auf der südfranzösischen Halbinsel Giens auf, das sie nicht verlassen dürfen. Die Asylbehörde prüft dort, ob ein Asylantrag Aussicht auf Erfolg haben könnte.
Hilfsorganisationen kritisieren, dass es nicht genügend Übersetzer, Anwälte und Psychologen gebe. Die französische Regierung hatte das Feriendorf zur internationalen Wartezone erklärt, wodurch es offiziell nicht zum französischen Staatsgebiet zählt.
26 minderjährige Geflüchtete reisen weiter
Frankreich, Deutschland und neun andere Länder erklärten sich bereit, die Geflüchteten mit Aussicht auf Asyl aufzunehmen. Für Wirbel in Frankreich sorgte am Donnerstag bereits die Nachricht, dass 26 der 44 minderjährigen Geflüchteten von der "Ocean Viking" aus ihrem vorübergehenden Quartier geflohen seien.
Es sei absehbar gewesen, dass viele von ihnen weiterreisen würden, sagte Christophe Paquette, der Solidaritätsbeauftragte des Départements Var. Die meisten der Jugendlichen stammten aus Eritrea und wollten weiter zu Angehörigen oder Freunden, unter anderem nach Deutschland und in die Niederlande. "Sie haben sich vorbildlich benommen und sich bei ihrem Abschied bedankt", fügte er hinzu.
Rechte kritisieren Frankreichs Migrationspolitik
Anders als das Aufnahmezentrum für die erwachsenen Migranten ist die Unterkunft für Minderjährige nicht abgesperrt. "Die Unterbringung ist Teil des Schutzes für Kinder, das kann nicht bedeuten, sie einzuschließen", betonte der Staatsanwalt von Toulon, Samuel Finielz.
Rechtspopulistische Politiker nutzten den Vorfall, um die Migrationspolitik der Regierung zu kritisieren. "Unsere Regierung ist vorgeführt worden durch das Abhauen der 26 'Minderjährigen' der Ocean Viking", schrieb Marine Le Pen, Fraktionsvorsitzende des rechtsgerichteten Rassemblement National, auf Twitter. "Die Franzosen sehen einmal mehr, dass alles außer Kontrolle geraten ist." Konservative und rechte Politiker hatten bereits die Entscheidung der Regierung kritisiert, das Schiff überhaupt aus humanitären Gründen aufzunehmen.