Das Verlagsgebäude der "Nowaja Gaseta"

Unabhängige russische Zeitung Gericht entzieht "Nowaja Gaseta" Lizenz

Stand: 05.09.2022 12:23 Uhr

Ein Moskauer Gericht hat der wichtigsten unabhängigen Zeitung Russlands die Lizenz entzogen. Die "Nowaja Gaseta" hatte versucht, dem zu entgehen, indem sie ihr Erscheinen im März selbst aussetzte.

Die russischen Behörden haben der wichtigsten unabhängigen Zeitung im Land die Drucklizenz entzogen. Dies teilte die "Nowaja Gaseta" in Online-Netzwerken mit. Ein Gericht in Moskau habe die Drucklizenz für die Zeitung "für ungültig erklärt".

Das Gericht gab einem Antrag der russischen Medienaufsicht Roskomnadsor statt. Die Aufsicht wirft der Zeitung vor, Dokumente zu einem Eignerwechsel 2006 nicht vorgelegt zu haben.

Zeitung setzte selbst Erscheinen aus

Die "Nowaja Gaseta" hatte im März im Zuge der Kampagne gegen Kritiker der russischen Militärintervention in der Ukraine ihre Veröffentlichung eingestellt. Das galt auch für die Website und alle Aktivitäten in Online-Netzwerken. Ursprünglich sollte dies gelten, bis der Krieg gegen die Ukraine vorbei sei.

Zur Begründung nannte die "Nowaja Gaseta" damals, dass die Redaktion inzwischen die zweite Verwarnung der Medienaufsicht Roskomnadsor erhalten habe, weil sie es versäumt habe, bei einem Artikel den Zusatz "ausländischer Agent" zu erwähnen.

Wer etwa als Nichtregierungsorganisation oder als Medium Geld aus dem Ausland erhält, muss sich auf Anweisung der russischen Behörden so bezeichnen. Bei zwei solchen Verwarnschreiben der Behörden drohe in Russland der Entzug der Lizenz, hieß es.

Der Chefredakteur der Zeitung, Dmitri Muratow, kündigte an, gegen den Entzug der Lizenz in Berufung zu gehen. "Das ist ein Scheinurteil auf politische Bestellung", sagte er. "Es hat nicht die geringste gesetzliche Grundlage."

Muratow war wegen seiner Verdienste um die Meinungsfreiheit im vergangenen Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden. Er hatte den russischen Präsidenten Wladimir Putin öffentlich wegen des Ukraine-Krieges kritisiert.

Die Friedensnobelpreismedaille ließ er versteigern - für den Rekorderlös von 103,4 Millionen US-Dollar. Mit dem Geld sollten Kinder unterstützt werden, die wegen des Ukraine-Kriegs ihr Zuhause verloren haben.

Annette Kammerer, Annette Kammerer, ARD Moskau, zzt. Berlin, 05.09.2022 12:34 Uhr