Emmanuel Macron und der Mohammed bin Salman geben sich die Hand

Kronprinz von Saudi-Arabien Kritik an Macron wegen Treffen mit bin Salman

Stand: 29.07.2022 07:58 Uhr

Frankreichs Präsident Macron heißt den saudischen Kronprinzen bin Salman im Élysée-Palast für ein gemeinsames Abendessen willkommen - und handelt sich massive Kritik ein. Die französische Regierung nimmt den Staatschef in Schutz.

Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron hat den saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman trotz massiver Kritik im Élysée-Palast empfangen. Macron begrüßte bin Salman bei dessen Ankunft mit einem langen Handschlag, wie Bilder von AFP TV zeigten. Menschenrechtsgruppen hatten gegen das Treffen protestiert, das bin Salman auf der internationalen Bühne weiter rehabilitiere. Nach Erkenntnissen des US-Geheimdienstes hatte bin Salman den Mord an dem Journalisten und Königshauskritiker Jamal Khashoggi im saudi-arabischen Konsulat in Istanbul im Jahr 2018 persönlich gebilligt. Viele westliche Regierungen gingen auf Abstand zum Kronprinzen.

Alternative Energiequellen zu Russland gesucht

Die französische Premierministerin Élisabeth Borne verteidigte die gestrige Einladung. Man könne darauf zählen, dass Macron im Gespräch mit dem Kronprinzen das Thema Menschenrechte erwähnt und sich zugleich um eine Energieversorgung aus anderen Orten statt Russland bemüht habe, sagte sie. "Natürlich geht es nicht darum, unsere Prinzipien beiseite zu schieben." Doch vor dem Hintergrund, dass Russland Gaslieferungen kürze und Spannungen wegen Energiepreisen bestünden, würden es die Franzosen nicht verstehen, "wenn wir nicht mit Ländern sprechen, die eben Energieproduzenten sind."

Frankreich und andere EU-Länder wollen mit der Sicherung anderer Energiequellen ihre Abhängigkeit von Öl- und Erdgaslieferungen aus Russland verringern. Auch der Élysée-Palast hatte zuvor mitgeteilt, dass Macron beim Abendessen mit dem Kronprinzen auf Menschenrechte zu sprechen kommen werde. Ein Sprecher ergänzte mit Blick auf den Mord, dass "wir stets gesagt haben, dass die Fakten geklärt werden sollten". Laut Élysée-Palast wollten Macron und Mohammed auch über den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine beraten.

Menschenrechtsorganisation reicht Klage ein

Stunden vor dem Abendessen reichte die Menschenrechtsgruppe Democracy for the Arab World Now (DAWN) vor einem Pariser Gericht Klage gegen den Kronprinzen ein. Frankreichs Justiz müsse strafrechtliche Ermittlungen gegen bin Salman einleiten, hieß es in der Klageschrift der Organisation mit Sitz in Washington D.C. Darin wirft sie ihm Mittäterschaft bei der Folter Kashoggis im saudischen Konsulat in Istanbul 2018 und dessen anschließendem Verschwinden vor.

Laut der Gruppe unterstützen zwei weitere Menschenrechtsgruppen ihre Forderung nach französischen Ermittlungen. Dem saudischen Kronprinzen dürfe keine Immunität vor Strafverfolgung genießen, da er nicht das Staatsoberhaupt seines Landes sei, hieß es. Mit der Unterzeichnung der UN-Konventionen gegen Folter und erzwungenes Verschwinden habe sich Frankreich verpflichtet, gegen einen Verdächtigen wie den Prinzen zu ermitteln, wenn er sich auf französischem Territorium befinde, sagte die Exekutivdirektorin von Dawn, Sarah Leah Whitson.

Khashoggi war am 2. Oktober 2018 ins saudische Konsulat in Istanbul gegangen, um Dokumente für die Heirat mit seiner Verlobten Hatice Cengiz abzuholen. Er kam aber nie heraus. Nach längeren Dementis räumte die Führung in Riad unter internationalem Druck ein, dass Khashoggi im Konsulat getötet worden sei. Westliche Geheimdienste attestierten dem Kronprinzen eine Beteiligung an dem Mord des saudischen Journalisten und Kritiker des Königshauses. Bin Salman pocht darauf, er habe kein Wissen über den Einsatz gehabt, den ihm direkt unterstellte Personen ausgeführt hatten.

Auch Biden traf sich mit bin Salman

Erst kürzlich hatte US-Präsident Joe Biden im Rahmen seiner Nahost-Tour auch Dschidda besucht und war dort mit bin Salman zusammengetroffen. Die beiden Staatsoberhäupter hatten sich mit einem Faustschlag begrüßt. Im Wahlkampf hatte Biden noch erklärt, Saudi-Arabien wie einen Paria-Staat behandeln zu wollen. 

Das verstärkte Interesse an Saudi-Arabien ist auch eine Folge des Ukraine-Kriegs und der damit verbundenen Explosion der Energiepreise. Der Westen versucht bislang vergeblich, Saudi-Arabien zu einer erhöhten Öl-Produktion zu bewegen, damit der Ölpreis sinkt und die Inflation eingedämmt wird.  

Stefanie Markert, Stefanie Markert, ARD Paris, 29.07.2022 13:09 Uhr