Ein Migrant (M) geht mit einem Fahrrad zwischen Beamten an der finnischen Grenzstation Vartius

Finnisch-russische Grenze Migranten weichen auf Grenzübergang im Norden aus

Stand: 20.11.2023 14:48 Uhr

Hunderte Menschen sind bereits illegal von Russland über die Grenze nach Finnland gekommen. Finnland schloss vier Übergänge, nun weichen die Migranten Richtung Norden aus. Russland dementiert jede Beteiligung.

Nach der Schließung von vier finnischen Grenzübergängen haben sich illegale Grenzübertritte aus Russland in Richtung Norden verlagert. Seit vergangener Woche kommen Asylbewerber auch zum Grenzübergang Vartius. Hier würden jetzt zusätzliche Sperren errichtet, um die Sicherheit zu gewährleisten, teilte der Grenzschutz mit.

Am Sonntag stellten nach Angaben des Grenzschutzes 16 Menschen in Vartius einen Asylantrag, am Samstag waren es 67 Anträge. Aus dem Südosten wurden am Sonntag dagegen keine Asylbewerber mehr gemeldet.

Migranten aus dem Nahen Osten, Afrika, Irak und dem Jemen

In den Wochen zuvor waren Hunderte Menschen ohne gültige Papiere aus Russland über die Grenze gekommen. Die Behörden registrierten in den vergangenen Monaten einen deutlichen Anstieg der Zahl von Migranten aus dem Nahen Osten und Afrika, vor allem aus dem Irak, dem Jemen und aus Somalia.

Finnland hatte schließlich am Samstag die für Anreisen aus St. Petersburg verkehrsgünstig gelegenen Grenzübergänge Vaalimaa, Nuijamaa, Imatra und Niirala geschlossen. Asylanträge können jetzt nur noch im Hunderte Kilometer entfernten Vartius und im noch weiter nördlich gelegenen Salla gestellt werden. Seit vergangener Woche kommen Asylbewerber auch nach Vartius - laut Grenzschutz zum ersten Mal in diesem Jahr, nun aber täglich.

Finnische Grenzschützer: "Sie drängen die Menschen an die Grenze"

Der Leiter der Grenzübergangsstelle Vartius, Jouko Kinnunen, sagte der Nachrichtenagentur STT, russische Beamte arbeiteten aktiv daran, Asylbewerber über die Grenze zu bringen. "Sie drängen die Menschen an die Grenze und schließen die Grenztore hinter ihnen", sagte er. Nach seinem Eindruck hätten einige der Menschen gar nicht über die Grenze gewollt und sich gewehrt. Außerdem hätten nicht alle einen Asylantrag gestellt.

Grenzübergang zwischen Finnland und Russland bei Kuhmo

Beamte führen Fahrzeugkontrollen durch. Seit Finnland vier Grenzstationen zur Russland geschlossen hat, kommen die meisten Flüchtlinge in Vartius an.

Kreml: "Vorwürfe an den Haaren herbeigezogen"

Der Kreml dementierte erneut, Russland lasse Migranten ohne gültige Papiere nach Finnland passieren. "Die Grenzübergänge werden von denen genutzt, die das gesetzliche Recht dazu haben, und unsere Grenzschützer halten sich in diesem Sinne an alle Dienstvorschriften", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der Agentur Interfax zufolge. Die finnischen Vorwürfe bezeichnete als "an den Haaren herbeigezogen".

Leider habe die jetzige finnische Führung die traditionell guten Beziehungen "durch eine einseitig russophobe Haltung" untergraben.

NATO-Beitritt Finnlands verärgerte Russland

Russland und Finnland teilen eine 1340 Kilometer lange Landgrenze. Die Beziehungen zwischen den Ländern haben sich seit dem Beginn des Ukraine-Krieges im Februar 2022 deutlich verschlechtert. Im April war Finnland nach jahrzehntelanger Bündnisneutralität der NATO beigetreten. Die Führung in Moskau hatte dies als "Angriff auf die Sicherheit" Russlands verurteilt.

Bisher sind die finnischen Grenzen vornehmlich mit leichten Holzzäunen gesichert, die vor allem Viehbestände im Land halten sollen. Das 5,5-Millionen-Einwohner-Land erbaut aber derzeit einen 200 Kilometer langen Zaun entlang eines Teils der finnisch-russischen Grenze. Er soll im Jahr 2026 fertiggestellt sein.

Westliche Länder hatten zuvor bereits Russlands engem Verbündeten Belarus vorgeworfen, als Vergeltungsmaßnahme für EU-Sanktionen im Jahr 2021 zehntausende illegale Migranten über die Grenze nach Polen und Litauen getrieben zu haben.

Julia Wäschenbach, ARD Stockholm, tagesschau, 21.11.2023 20:59 Uhr

Dieses Thema im Programm: Dieser Beitrag lief am 20. November 2023 um 08:10 Uhr im Deutschlandfunk.