Autos fahren am Neckartor in Stuttgart (Baden-Württemberg) an einer Messtation zur Messung der Luftqualität vorbei.

Europäischer Gerichtshof Jede Messstation zählt

Stand: 26.06.2019 12:52 Uhr

Bei der Schadstoffmessung in der Luft verstoßen schon einzelne Grenzwertüberschreitungen gegen EU-Recht. Mittelwerte zu bilden sei verboten, so der EuGH. Mehr Klarheit gibt es auch in der Frage nach dem Standort der Messstellen.

Von Mit Informationen von Bernd Wolf, SWR

Bei der Messung von Luftschadstoffen in Europa gelten nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs die strengstmöglichen Vorgaben. Schon die Überschreitung von Grenzwerten an einzelnen Messstellen gelte als Verstoß gegen EU-Regeln, befanden die obersten Richter.

Um zu verhindern, dass Luftverschmutzungsgrenzwerte geschönt werden, ist es laut EuGH zudem verboten, Mittelwerte zu bilden, etwa zwischen Messergebnissen aus der Innenstadt und solchen aus dem Stadtpark.

EuGH: Standort der Messstellen ist entscheidend

Die Luxemburger Richter wiesen außerdem in der Frage nach der Platzierung von Messstellen auf geltendes EU-Recht hin. Da stehe ganz klar, dass dort gemessen werden müsse, wo die Belastung am höchsten ist.

Der Standort sei entscheidend und müsse so gewählt werden, dass die Gefahr unbemerkter Überschreitungen von Grenzwerten minimiert werde. Umso wichtiger sei die Frage nach der Platzierung, wenn der Verschmutzungsgrad der Luft eine bestimmte Schwelle überschreitet, so die Richter.

Die Behörden sind verpflichtet, eine Mindestzahl von Messstationen einzurichten. Ziel der EU-Richtlinie sei der Schutz der Gesundheit der Menschen.

Gerichte dürfen Standorte prüfen

Die Auslegung der geltenden Regeln durch den EuGH gilt nun für alle EU-Staaten. Gerichte dürfen die Standorte der Messstellen für Luftschadstoffe überprüfen und auch Änderungen anordnen.

Mehrfach weisen die Richter darauf hin, dass jeder Bürger gerichtlich überprüfen lassen kann, ob Messstationen an einem zulässigen Standort im Sinne der EU-Richtlinie über Luftqualität und saubere Luft stehen. Stehen sie an einem ungeeigneten Ort, können die nationalen Gerichte die zuständigen örtlichen Messbehörden dazu anweisen, sie umzustellen.

Debatte um Diesel-Fahrverbote

Im konkreten Fall hatten Einwohner der belgischen Hauptstadt Brüssel und eine Umweltorganisation belgische Behörden auf Erstellung eines ausreichenden Luftqualitätsplans und Einrichtung der nötigen Messstellen verklagt.

Das belgische Gericht bat den EuGH um Auslegung des EU-Rechts. Die Platzierung von Messstellen und die Spielräume bei der Einhaltung von Grenzwerten sind in der Debatte über Diesel-Fahrverbote auch in Deutschland immer wieder strittig.

57 Überschreitungen in Deutschland

In Deutschland werden an vielen Stellen Schadstoffwerte überschritten. 2018 wurde dem Umweltbundesamt zufolge in 57 Städten gegen den EU-Grenzwert für Stickstoffdioxid verstoßen.

CSU-Politiker äußerten in der Vergangenheit immer wieder Zweifel an der Platzierung der Apparate und der Aussagekraft der Messwerte. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer von der CSU kritisierte etwa, dass Geräte direkt an Kreuzungen oder Busbahnhöfen aufgebaut würden.

Bernd Wolf, Bernd Wolf, SWR, 26.06.2019 12:05 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 26. Juni 2019 um 12:00 Uhr.