Ein Schild, auf dem "Exit" steht neben einer britischen Flagge.

Nach dem Brexit Briten wandern nach Europa aus

Stand: 04.08.2020 15:10 Uhr

Zuerst verlässt Großbritannien Europa, jetzt verlassen die Briten das Vereinigte Königreich - und zwar in Richtung Europa. Viele beantragen die deutsche Staatsbürgerschaft.

Seit dem Brexit-Referendum im Juni 2016 verlassen viele Briten das Vereinigte Königreich, emigrieren aufs europäische Festland und beantragen die Staatsbürgerschaft eines EU-Landes. Das zeigen die Zahlen des Europäischen Statistikamts Eurostat und der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD).

Allein in Deutschland hat die Zahl der Briten, die die deutsche Staatsbürgerschaft erhalten haben, um 2000 Prozent zugenommen. Und zwar zwischen dem Jahr des Referendums 2016 und Ende 2019. Rund 120.000 Briten leben mittlerweile in der Bundesrepublik. Etwa die Hälfte von ihnen wird nach Expertenschätzungen bis Ende des Jahres neben der britischen auch die deutsche Staatsbürgerschaft haben.

Die meisten Briten gehen nach Spanien

Das Vereinigte Königreich rückte damit bei Einbürgerungen in Deutschland auf den zweiten Platz nach der Türkei. Polen und Rumänien belegen die Plätze drei und vier. Der Ausstieg Großbritanniens aus der EU ist laut Untersuchungen des Berliner Wissenschaftszentrums für Sozialforschung in Kooperation mit der Oxford-University mittlerweile für viele Briten wichtigster Emigrationsgrund. 

Die meisten von ihnen sind nach dem Brexit-Referendum nach Spanien und Frankreich ausgewandert. 380.000 Briten wurden allein in Spanien registriert.

"Die Uhr tickt"

Für britische Staatsangehörige, die dauerhaft in der EU leben und arbeiten möchten, drängt die Zeit - denn die Übergangsfrist, in der Großbritannien noch als Mitgliedsstaat der EU gilt, läuft am 31. Dezember ab. Wer also die britische Staatsangehörigkeit behalten und die deutsche beantragen möchte, muss dies vor Ende des Jahres tun.

Ab ersten Januar 2021 ist eine Doppel-Staatsbürgerschaft für Briten in der Bundesrepublik nicht mehr möglich. Die Uhr ticke, mahnte EU-Chefunterhändler Michel Barnier. Die Chancen, dass es bis Ende des Jahres noch zu einem umfassenden Partnerschaftsvertrag zwischen der EU und Großbritannien kommt sind gering.

Barnier bereitet die EU auf einen No-Deal-Brexit am 31. Dezember vor. Bürger und Unternehmen müssten sich auf Veränderungen einstellen, teilte er heute per Twitter mit und fügte hinzu, diese seien unvermeidlich.

Künftige Regelungen noch offen

So erhalten zum Beispiel Schüler mit Wohnsitz im Vereinigten Königreich nach Januar 2021 nicht mehr automatisch eine visumfreie Einreise in die EU. Auch das Telefonieren via Handy wird teurer. Das Roaming zu Inlandspreisen gilt dann für EU-Urlauber in Großbritannien nicht mehr und auch nicht für britische Urlauber in der EU.

Wer aus der Europäischen Union nach Großbritannien einreist, muss bereits jetzt seinen Personalausweis vorzeigen, denn das Vereinigte Königreich ist kein Mitglied des Schengen-Raums. Welche Regelungen nach dem 31. Dezember für Reisende und Touristen gelten werden, ist bislang unklar.

Die britische Regierung hat zwar bereits zugesichert, dass EU-Bürger ohne Reisepass werden einreisen dürfen, ob es aber zum Beispiel eine Visumspflicht geben wird, wie sie von Ex-Premierministerin Theresa May ins Gespräch gebracht wurde, ist nicht bekannt. Klar ist schon jetzt, dass sich britische Touristen ab dem kommenden Januar höchstens 90 Tage am Stück in der EU aufhalten dürfen.

Ralph Sina, Ralph Sina, WDR Brüssel, 04.08.2020 14:11 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 04. August 2020 um 16:37 Uhr.