Pressekonferenz der Angehörigen der "Bloody Sunday"-Opfer

"Bloody Sunday" 1972 Mordanklage nach 47 Jahren

Stand: 06.09.2023 18:06 Uhr

Ein britischer Soldat wird wegen zweifachen Mordes am "Bloody Sunday" angeklagt. Er war Mitglied des Fallschirmjägerregiments, das am 30. Januar 1972 im nordirischen Londonderry 13 Demonstranten tötete.

Ein britischer Ex-Soldat, der am "Bloody Sunday" 1972 in der nordirischen Stadt Londonderry beteiligt war, muss sich wegen zweifachen Mordes vor Gericht verantworten. Zudem wird ihm versuchter Mord in vier weiteren Fällen vorgeworfen, wie die Staatsanwaltschaft in Nordirland bei einem Treffen mit Angehörigen der Opfer bekannt gab.

Die Staatsanwaltschaft ermittelte auch gegen 16 seiner Regimentskameraden. Gegen sie soll aber keine Anklage erhoben, weil nicht genügend Beweismaterial vorliegt. Das ändere aber nichts an der Tatsache, dass eine jahrzehntelange Untersuchung festgestellt habe, dass die Soldaten auf unbewaffnete Demonstranten gefeuert hätten, die keine Bedrohung für sie darstellten, sagte der Leiter der nordirischen Staatsanwaltschaft, Stephen Herron. Er verstehe, dass einige der Angehörigen deshalb enttäuscht seien.

Leiter der Staatsanwalt Stephen Herron

Die Soldaten hätten auf unbewaffnete Demonstranten gefeuert, die keine Bedrohung für sie darstellten, erklärte Staatsanwalt Stephen Herron.

Wende in Aufarbeitung des Soldateneinsatzes

Die Entscheidung der Staatsanwaltschaft gilt als bedeutender Schritt in der Aufarbeitung des Nordirlandkonflikts. Der Fall hatte für die verantwortlichen Sicherheitskräfte bisher keine strafrechtlichen Konsequenzen.

Eine von der britischen Regierung eingesetzte Kommission kam kurz nach dem "Bloody Sunday" zu dem Schluss, die Elitesoldaten hätten in Notwehr gehandelt. Auch ein britisches Gericht wertete das Vorgehen der Soldaten als legitime Notwehr gegen irische Terroristen. Eine 2010 veröffentlichte Studie war zu dem Schluss gekommen, dass die Schüsse am "Bloody Sunday" nicht gerechtfertigt waren.

"Bloody Sunday" verschärfte Nordirlandkonflikt

Das Jahr 1972 war eines der blutigsten im Konflikt um Nordirland. Britische Fallschirmjäger erschossen am 30. Januar, dem "Bloody Sunday" von Londonderry (Derry), in der nordirischen Stadt 13 katholische Demonstranten. Ein weiterer starb Monate später an seinen Verletzungen.

Als Folge verschärfte sich der Konflikt zwischen Katholiken und Protestanten. Aus Vergeltung verübte die irisch-republikanische Untergrundorganisation IRA in den Monaten danach mehrere Anschläge. Auch gegen zwei ehemalige IRA-Mitglieder war ermittelt worden, doch die Beweislage reichte laut Staatsanwaltschaft nicht aus.

In dem über Jahrzehnte währenden Konflikt standen katholische Nationalisten, die eine Vereinigung mit Irland anstreben, protestantischen Unionisten gegenüber. Diese wollten weiterhin zu Großbritannien gehören.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete SWR3 am 14. März 2019 um 16:00 Uhr.