
Japans Flüchtlingspolitik Kein Asyl, keine Rechte in Abschiebehaft
Japan erkennt nur ein Prozent aller Asylgesuche an. Wer das Land wieder verlassen muss, sitzt mitunter jahrelang in Abschiebehaft - unter extremen Bedingungen. Auch der Tod einer Frau im Gefängnis stieß kein Umdenken an.
Die Zahlen sind verschwindend gering: Nicht einmal ein Prozent aller Asylbewerber in Japan hat in den vergangenen zehn Jahren eine Aufenthaltsgenehmigung erhalten. 2020 waren es gerade einmal 47 Menschen.
Wer ausreisepflichtig ist, verbringt oft viel Zeit im Abschiebegefängnis. So wie der Afrikaner Luis. Er kam 2002 nach Japan, saß seitdem insgesamt sieben Jahre in Abschiebehaft. Dort, so erzählt er, habe man ihm Grundrechte verwehrt. "Rund anderthalb Jahre habe ich Blut gespuckt. Ich konnte kaum richtig essen, aber niemand brachte mich ins Krankenhaus." Seine japanische Ehefrau sei zudem gedrängt worden, ihn zu verlassen und das gemeinsame Kind abzutreiben, erzählt er dem Club ausländischer Journalisten in Tokio.
Verschärfung nach Todesfall ausgesetzt
Erst im Frühjahr starb Vishma, eine junge Frau aus Sri Lanka, in einer solchen Einrichtung. Sie ist bereits die achtzehnte Tote. Auch ihr soll ärztliche Hilfe verwehrt worden sein. Sie hatte knapp 20 Kilo verloren, immer wieder Bittbriefe geschrieben.
Ihre Mutter sagte nach Wishmas Tod, ihre Tochter habe Japan geliebt: "Sie war ein Kind, das zu jedem freundlich war und Hilfe anbot. Es bricht mir wirklich das Herz, wenn ich daran denke, dass sie, bevor sie starb, dachte: 'Niemand hilft mir'." Immerhin hat sich nach ihrem Tod etwas verändert: Eine geplante Gesetzesverschärfung wurde nach heftigen Protesten ausgesetzt - vorerst.

"Flüchtlinge willkommen" - dieser Slogan ist in Japan eine Minderheitenmeinung. Bild: picture alliance / NurPhoto
Auch nach Entlassung keine Integrationschance
Den US-amerikanischen Dokumentarfilmer Ian Thomas Ash, der seit mehr als 20 Jahren in Japan lebt, hat das, was er im Abschiebegefängnis Ushiku bei Tokio als freiwilliger Helfer erlebt hat, so erschüttert, dass er heimlich seine Gespräche mit den Inhaftierten filmte. Interviews sind dort verboten. Während der Gespräche ist man - so hat es auch das ARD-Studio Tokio erlebt - durch eine Glasscheibe getrennt.
Neun Männer gaben später ihre Zustimmung zur Ashs Aufnahmen. Daraus entstand ein bewegender Film, der kürzlich beim Nippon Festival in Frankfurt gezeigt wurde. Ash sagt, die Menschen würden nicht nur in der Haft wie Kriminelle behandelt - auch wenn sie für kurze Zeit freigelassen werden, würde ihnen jede Chance zur Integration verwehrt: "Sie haben keine Arbeitserlaubnis, keine Krankenversicherung. Sie dürfen ihr Bundesland nicht verlassen. Die provisorische Entlassung ist wie ein Gefängnis ohne Mauern."
Kein Thema in der Öffentlichkeit
Ash will mit seinem Film vor allem die Japanerinnen und Japaner aufrütteln, ihnen zeigen, was in ihrem Land passiert. "Es gibt sehr viele Menschen in der japanischen Öffentlichkeit, die sich dieses Problems gar nicht bewusst sind", sagt er. "Deshalb müssen wir zuerst einmal ein Bewusstsein dafür schaffen, was da passiert und sie dann dazu anregen, über Fragen wie diese nachzudenken: Was wollen wir als Bürger für unser Land? Inwiefern sind wir Komplizen unserer Regierung?"
Auch internationale Organisationen wie das Menschenrechtskomitee der Vereinten Nationen haben Japan aufgefordert, die Bedingungen für Geflüchtete zu verbessern. Bislang zeigte sich die Regierung davon jedoch unbeeindruckt.