Eine Zeichnung zeigt Trump zwischen seinen Anwälten Blanche und Lauro beim Verlesen einer Anklage in Washington D.C. (USA)
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Die Verfahren gegen Trump Jede Menge Ärger

Stand: 15.08.2023 08:49 Uhr

Gegen Ex-Präsident Trump laufen inzwischen so viele Verfahren, dass die Gerichte Mühe haben, die Termine zu koordinieren. Die Verfahren drehen sich um mutmaßliche Straftaten vor und nach Amtsantritt, aber auch gegen ihn als Geschäftsmann. Ein Überblick.

Von Eckart Aretz, tagesschau.de

Auch wenn Donald Trump nichts gegen Superlative hat, wenn sie sich um Donald Trump drehen - auf diesen einen hätte er wohl gerne verzichtet: Trump ist der erste ehemalige Präsident der USA, der wegen mutmaßlicher Straftaten im Amt angeklagt wurde. Darüber hinaus muss er sich mehreren zivilrechtlichen Verfahren stellen.

Politisch hat ihm all das zumindest bei den Republikanern bislang nicht geschadet - in den Umfragen liegt er deutlich vor den anderen republikanischen Bewerbern um die Präsidentschaftskandidatur. Andererseits werden Trumps Auftritte vor Gericht im Wahljahr 2024 kontinuierlich für Schlagzeilen sorgen - das kann ihm bei Wählern schaden, die nicht felsenfest in einem der beiden Lager verankert sind. Wo also ist der 77-Jährige weshalb angeklagt?

Der Fall Stormy Daniels

Seit Donald Trump 2016 erstmals für die US-Präsidentschaft kandidierte, begleitet ihn und sein Team der Fall Stormy Daniels. Der frühere Pornostar, dessen bürgerlicher Name Stephanie Clifford lautet, hatte nach eigenen Aussagen im Jahr 2006 eine kurze Affäre mit Trump, was dieser bestreitet. Kurz vor der Wahl überwies Trumps damaliger Anwalt Michael Cohen 130.000 US-Dollar als eine Art Schweigegeld an Daniels. Diese Summe bekam der Anwalt später von Trumps Familienholding zurückerstattet. Trump selbst räumte die Zahlung nach anfänglichem Leugnen ein.

Die Zahlung von Schweigegeld an sich ist nicht illegal. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft New York hat Trump aber gleich 34 Mal Geschäftsunterlagen gefälscht, um die Zahlungen zu vertuschen. Zudem habe er damit gegen Gesetze zur Wahlkampffinanzierung verstoßen. Im Frühjahr wurde Anklage gegen Trump erhoben - das Verfahren soll im Mai 2024 beginnen.

Trumps früherer Anwalt Cohen wurde schon 2018 zu einer Freiheitsstrafe von drei Jahren verurteilt. Im Prozess hatte er sich unter anderem der illegalen Wahlkampffinanzierung für schuldig bekannt. Cohen, dem eine wichtige Rolle im Verfahren gegen Trump zukommt, hat jedoch ein Glaubwürdigkeitsproblem. Sein Geständnis, die Öffentlichkeit und den US-Kongress angelogen zu haben, dokumentiert ein opportunistisches Verhältnis zur Wahrheit. In New York wird deshalb eine wichtige Frage sein, ob und wie weit ihm die Geschworenen glauben.

US-Bundesstaat Georgia verklagt Ex-US-Präsident Trump wegen versuchter Wahlmanupulation

Torben Börgers, ARD Washington, Morgenmagazin

Der Fall E. Jean Carroll

Noch weiter zurück reichen die Anschuldigungen, die die Autorin E. Jean Carroll gegen Trump erhebt. 1996 habe er sie in einem Kaufhaus vergewaltigt, warf sie ihm 2019 vor. Ein Geschworenengericht wies diese Darstellung in einem Zivilprozess im Mai 2023 zwar zurück, sprach ihn aber des sexuellen Missbrauchs sowie der Verleumdung für schuldig und sprach Carroll fünf Millionen Dollar Schadenersatz und Schmerzensgeld zu.

Trump verklagte daraufhin seinerseits Carroll wegen Verleumdung, scheiterte damit aber Anfang August. Carroll wiederum hat eine weitere Verleumdungsklage gegen Trump angestrengt, weil er sie nach dem ersten Urteil im TV-Sender CNN beleidigt habe. Dieser Prozess soll Mitte Januar 2024 beginnen.

"Kreativer" Umgang mit Bilanzen

Trump übertreibt notorisch, wenn es um das eigene Handeln geht und untertreibt ebenso notorisch, wenn es um Misserfolge geht. In dieser Manier sollen er und seine Kinder Donald Junior, Eric und Ivanka auch ihre Geschäfte betrieben haben. Die New Yorker Generalstaatsanwältin Letitia James verklagte sie im September 2022 unter dem Vorwurf, gegen eine ganze Reihe von Gesetzen des US-Bundesstaats verstoßen zu haben - durch Bilanzfälschung, falsche Bescheinigungen, Versicherungsbetrug und die Absprache, solche Verbrechen zu begehen.

Die Masche dahinter: Die Angeklagten hätten je nach Bedarf ihre Finanzen größer oder kleiner gerechnet, um einfacher an Kredite zu kommen, geringere Zinssätze zu zahlen oder um weniger Steuern zahlen zu müssen. 200 falsche oder irreführende Bewertungen des Vermögens über einen Zeitraum von zehn Jahren führt James in ihrer Anklageschrift auf - dafür strebt sie Geldstrafen in Höhe von insgesamt 250 Millionen Dollar an. Trump und seiner Familie soll es außerdem dauerhaft verboten werden, Geschäfte im Bundesstaat New York zu machen. Ein Berufungsgericht wies im Juni die Vorwürfe gegen Ivanka Trump zurück - sie seien verjährt. Der Prozess soll im Oktober beginnen.

Mitnahme von Geheimunterlagen

Als Trump im Januar 2021 das Weiße Haus in Washington verlassen musste, nahm er kistenweise Geheimdokumente mit und lagerte sie an verschiedenen Stellen auf seinem Privatanwesen Mar-a-Lago in Florida - unter anderem in einem Ballsaal, in einem Badezimmer und in einer Dusche. Bei den Dokumenten soll es sich auch um Unterlagen zur nationalen Verteidigung und den nuklearen Fähigkeiten eines anderen Landes gehandelt haben. Einige Dokumente seien mit der höchsten Geheimhaltungsstufe des Landes versehen gewesen. Ein weiterer Vorwurf: Trump habe Dokumente auch anderen Personen gezeigt.

Nach Ansicht von Sonderermittler Jack Smith verstieß Trump damit gegen eine ganze Reihe von US-Gesetzen - insgesamt trug er 40 Anklagepunkte zusammen. Dazu gehört auch, dass Trump sich gegenüber den Behörden nicht nur unkooperativ verhalten, sondern die Ermittlungen regelrecht behindert haben soll, etwa indem er Mitarbeiter anwies, mögliche Beweise zu vernichten. Trump ist hier nicht allein angeklagt: Mit ihm werden zwei Mitarbeiter auf der Anklagebank sitzen. Der Prozess soll im Mai 2024 beginnen - mitten in der heißen Phase des Vorwahlkampfs der Republikaner.

Verschwörung gegen Wahlergebnis

Die - neben der Causa Geheimdokumente - zweite Anklage gegen Trump auf Bundesebene zielt auf die schwerste Krise der US-amerikanischen Demokratie in jüngerer Zeit: das Ringen um die Anerkennung der Präsidentschaftswahl 2020, das am 6. Januar 2021 in dem Sturm auf das Kapitol gipfelte.

Trumps Versuche, den Sieg seines Gegenkandidaten Joe Biden zu leugnen, sich selbst zum Gewinner der Präsidentschaftswahl zu machen und die Anerkennung des Wahlergebnisses zu verhindern, gelten in insgesamt vier Anklagepunkte als "Verschwörung": Verschwörung zum Betrug an den Vereinigten Staaten, Verschwörung zur Behinderung der Beglaubigung des Wahlsieges von Präsident Joe Biden am 6. Januar 2021 sowie Verschwörung gegen das Wahlrecht. 

Die Anklage zeichnet auf 45 Seiten das Bild eines Komplotts im Weißen Haus. Wochenlang habe es den Versuch gegeben, Druck auf Abgeordnete und andere auszuüben, die offiziell mit der Organisation der Wahl zu tun hatten. Es habe Überlegungen gegeben, gefälschte Listen mit Pro-Trump-Wahlleuten zu erstellen, die im Kongress das Wahlergebnis kippen sollten. Trump habe trotz besseren Wissens falsche Behauptungen über die Wahl verbreitet und dafür auch Personen im Justizministerium instrumentalisiert. Und er habe sehr wohl gewusst, dass seine Betrugsbehauptungen nicht wahr seien.

Sollten die Geschworenen Trump auch nur in einem einzigen der Anklagepunkte für schuldig erkennen, könnte ihn das für viele Jahre hinter Gitter bringen. Trump hält auch dieses Verfahren für politisch motiviert und spielt nach Ansicht von Beobachtern auf Zeit. Sollte er vor einem Urteil erneut zum Präsidenten gewählt werden, könnte er das Justizministerium dazu bringen, die Anklage zurückzuziehen. Möglicherweise könnte er sich sogar begnadigen, da es hier um Verstöße gegen Bundesgesetze - und nicht gegen Landesgesetze - geht. Dies würde nach Ansicht von Beobachtern eine massive Verfassungskrise heraufbeschwören.

Außerdem greift Trump schon jetzt die Richter und den Gerichtstand an und drängt jeweils auf Änderungen. Die Aussichten, dass er damit Erfolg hat, werden von Beobachtern aber als gering eingeschätzt.

Druck auf Landesminister in Georgia

Auf Landesebene - aber für Trump nicht minder brisant - gibt es es eine weitere Anklage gegen ihn im Zusammenhang mit seinem Kampf gegen den Wahlausgang 2020. Im Bundesstaat Georgia wirft ihm die Staatsanwaltschaft vor, sich mit Verbündeten verschworen zu haben, um dort das Wahlergebnis der Präsidentenwahl 2020 zu kippen. Trump hatte am 2. Januar 2021 in einem mittlerweile legendären Telefonat Landesminister Brad Raffensperger gedrängt, 11.780 Stimmen für ihn zu "finden". Mit diesem Stimmenplus hätte Trump den Bundesstaat Georgia gewonnen. Ein Mitschnitt des Telefonats wurde später von der "Washington Post" veröffentlicht.

Raffensperger hatte als "Secretary of State", eine Art Innenminister des Bundesstaats, dort die Aufsicht über den Wahlgang. Vor einem Untersuchungsausschuss des Repräsentantenhauses zum Sturm auf das Kapitol schilderte Raffensperger, wie sehr er in jenen Tagen von Trumps Team unter Druck gesetzt wurde. Ähnlich äußerten sich auch Wahlhelfer, die von Trumps Team fälschlicherweise der Wahlmanipulation bezichtigt worden waren.

Neben Trump sind 18 weitere Personen des Komplotts und der Falschaussagen über das Wahlergebnis angeklagt, unter anderem sein ehemaliger Anwalt Rudy Giuliani. Im Falle einer Verurteilung droht ihnen auch hier eine mehrjährige Haftstrafe. Und: Trump kann, sollte er unterdessen ins Weiße Haus zurückkehren, nicht - wie auf Bundesebene - in den Prozess eingreifen, indem er einen neuen Staatsanwalt einsetzt. Eine Selbst-Begnadigung kommt ebenfalls nicht in Betracht: Dieses Mittel gilt, wenn überhaupt, nur für die Bundesebene, nicht aber für einen Bundesstaat.

Was bleibt?

Trump ist in den vergangenen Wochen wiederholt von Richtern ermahnt worden, Zeugen nicht unter Druck zu setzen und die Gerichte nicht zu attackieren. Das aber passt so gar nicht zu Trumps Temperament. Nach der ersten Anhörung zur Anklage wegen Verschwörung zum Betrug an den Vereinigten Staaten schrieb Trump auf seiner Online-Plattform "Truth Social": "Wenn ihr mich verfolgt, werde ich euch verfolgen."

Das wertet Sonderermittler Smith als Drohung gegen die Justiz und beantragte eine Anordnung, die Trump die Offenlegung heikler Informationen zum Fall verbieten soll. Trumps Anwälte halten das für einen "Maulkorberlass". Eine Richterin soll Trump jedoch ermahnt haben, die Einschüchterung von Zeugen oder die Behinderung der Justiz sei eine Straftat.

Gleich, wie die Verfahren am Ende ausgehen: In den Prozesssälen dürfte erbittert gerungen werden - und außerhalb mit allen Mitteln um eine Deutung gekämpft werden.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 05. August 2023 um 13:16 Uhr und BR24 am 15. August 2023 um 09:32 Uhr.