Ein Mitarbeiter des US-Gesundheitssystems macht einen Corona-Test.

Untersuchungsbericht vorgelegt Welche Lehren die USA aus der Pandemie ziehen

Stand: 27.04.2023 08:53 Uhr

Was haben die USA aus der Corona-Pandemie gelernt? Darauf gibt nun ein US-Untersuchungsbericht Antworten. Federführend war der Historiker Zelikow, der schon der Kommission zu den Anschlägen vom 11. September vorsaß.

Schon der Titel des Untersuchungsberichts ist provozierend: "Lehren aus dem Covid-Krieg". Krieg? Ja, das Wort Krieg ist nach Ansicht von Philip Zelikow gerechtfertigt, schon durch die mehr als 1,1 Millionen Toten allein in den USA.

Es war die weltweit teuerste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg, sagt der Historiker. Sein Fazit im Radiosender NPR: "Wir hatten die beste Wissenschaft. Wir waren bereit, das meiste Geld auszugeben. Das war nicht das Problem. Das Problem lag im Wissen, was zu tun ist. Und in der Bereitschaft, es zu tun."

Das heißt: Die USA als reichstes Land der Welt hatten nicht das Wissen, wie man einer Pandemie effektiv begegnet und nicht die Fähigkeit, Entscheidungen schnell genug zu treffen und wirksam umzusetzen.

Zu spätes und zu zögerliches Handeln

Die größten Fehler zu Beginn der Pandemie Anfang 2020 waren laut Zelikow: zu spät zu warnen, nicht rechtzeitig Geld für Notfallprogramme bereitzustellen und zu zögerlich ein Covid-Testprogramm zu entwickeln. "Sobald eine Pandemie ausbricht, zählt jede Minute", betont der Historiker.

Im Zentrum sieht er dabei die Schulen. Wird in den Schulen nicht früh wirksam eingegriffen, verbreitet sich ein Virus in Windeseile in Familien, in Städten und Gemeinden, in Altenheimen. Es muss schnell entschieden und dann klar und einheitlich kommuniziert werden.

Das gilt laut Zelikow für alle Entscheidungen und Empfehlungen, auch zum Testen oder Impfen: "Die Kommunikation war fürchterlich“, sagt Zelikow und lacht bitter. Er vermeidet eine Namensnennung, aber es ist klar, wer über weite Strecken der Pandemie hauptverantwortlich war: Ex-Präsident Donald Trump.

Föderalismus als Teil des Problems

Dazu kommt ein strukturelles Problem: der Föderalismus - der in den USA noch ausgeprägter ist als in Deutschland. 50 Bundesstaaten haben speziell in der Gesundheitspolitik eigene Kompetenzen, Landkreise, Städte, Gemeinden, private Träger noch dazu. Die politischen Strukturen der USA, geformt im 19. Jahrhundert, sind für das 21. Jahrhundert völlig ungeeignet, heißt es im Untersuchungsbericht.

Verschärfend kam die aktuelle Spaltung des Landes dazu. Die Fragen: Testen, Impfen, Maske tragen - ja oder nein - wurden zum Teil des Kulturkampfs zwischen Republikanern und Demokraten.

"Dieses Virus hat sich nicht darum geschert, ob du Republikaner oder Demokrat, ob du alt oder jung bist. Es ging auf dich los", betont der Mitautor des Untersuchungsberichts, der Epidemiologe Michael Osterholm im Fernsehsender CNN.

Zentraler Pandemie-Beauftragter gefordert

"Zu den vielen Empfehlungen der Studie gehört, den Posten eines zentralen Pandemie-Beauftragten zu schaffen, der über allen beteiligten Behörden steht. Sozusagen einen "Dr. Fauci plus".

Anthony Fauci war Berater, erst von Trump, dann von Präsident Joe Biden. Entscheidungskompetenz hatte er kaum. Auch Fauci hat sich aus dem Ruhestand mit einem Corona-Fazit bei CNN zu Wort gemeldet: "Wir haben es nicht so gut bewältigt, wie es möglich gewesen wäre. Und wir müssen es künftig besser machen."

Nach Faucis Worten ist die Covid-Pandemie keineswegs ganz vorbei. "Wir haben in den USA immer noch etwa 150 Tote am Tag", betont er.

Zur Frage, ob es ein nächstes, anderes Virus, ob es eine nächste Pandemie geben wird, heißt es auch im Untersuchungsbericht: Die Frage ist nicht ob, sondern wann.

 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 27. April 2023 um 05:20 Uhr.