
US-Präsident Was über die Aktenfunde bei Biden bekannt ist
Sowohl im Büro als auch im Wohnhaus Bidens wurden Dokumente gefunden, die dort nicht hätten sein dürfen. Was über die Aktenfunde bekannt ist - und welche Folgen sie für den US-Präsidenten haben könnten.
Worum geht es?
US-Präsident Joe Biden war von 2009 bis 2017 Stellvertreter des damaligen Präsidenten Barack Obama. In den vergangenen Tagen wurde bekannt, dass Verschlusssachen aus dieser Zeit an verschiedenen Orten entdeckt worden sind - dazu zählen private Büroräume Bidens in der Hauptstadt Washington sowie das Haus des Demokraten in der Stadt Wilmington im Bundesstaat Delaware. Am Donnerstag verkündete Bidens Justizminister Merrick Garland, dass ein Sonderermittler den Komplex untersuchen soll.
Wie kam es zu den Entdeckungen?
Ein erster Schwung war bereits am 2. November entdeckt worden - beim Ausräumen der privaten Büroräume in Washington, wie Bidens Sonderberater Richard Sauber mitteilte. Das war kurz vor den Kongresswahlen in den USA. Das Weiße Haus erklärte, Bidens Anwälte hätten umgehend das Nationalarchiv informiert, das für die Aufbewahrung solcher Dokumente zuständig ist. Die Öffentlichkeit erfuhr allerdings erst rund zwei Monate später durch Medienberichte davon.
Und der weitere Fund?
Als Reaktion auf die erste Entdeckung sollen Mitarbeiter des US-Präsidenten nach weiteren Unterlagen gesucht haben und schließlich in dessen Haus fündig geworden sein, so Sauber. Neben einem Fund in einer Garage sei in einem angrenzenden Raum zwischen gelagerten Materialien noch ein Dokument entdeckt worden. Biden sprach von seiner "persönlichen Bibliothek".
Was steht in den Dokumenten?
Offizielle Informationen gibt es dazu nicht. Medienberichten zufolge geht es in einem Großteil des Materials um andere Staaten - wie zum Beispiel die Ukraine.
Warum ist es problematisch, dass Biden die Akten zu Hause aufbewahrt hat?
Regierungsdokumente an solchen Orten zu lagern, ist nicht erlaubt. Das Nationalarchiv ist für die Aufbewahrung zuständig. Handelt es sich darüber hinaus um Geheimunterlagen und gerieten diese in die falschen Hände, könnte das Menschen, Institutionen oder etwa Infrastruktur gefährden.
Wie erklärt Biden die Situation?
Ein Reporter des Fernsehsenders Fox News fragte den US-Präsidenten, was dieser sich dabei gedacht habe, Verschlusssachen neben einem Oldtimer - einer "Corvette" - aufzubewahren. "Meine 'Corvette' steht in einer abgeschlossenen Garage, okay?", gab Biden zurück und schob nach: Es sei nicht so, als hätten die Unterlagen auf der Straße gelegen. Diese Reaktion wird als trotzig und unangemessen gewertet.
Auch die Kommunikationspolitik von Bidens Team stößt auf Kritik - schon deshalb, weil es die Öffentlichkeit über Wochen im Dunkeln ließ und nur scheibchenweise Informationen herausgab. Bidens Sprecherin Karine Jean-Pierre wiederholte immer wieder, das Vorgehen in dem Fall sei transparent und vorbildlich, der Präsident nehme den Umgang mit Verschlusssachen sehr ernst. Zu Details könne sie wegen der laufenden Untersuchungen nichts sagen.
Bidens Berater Sauber räumte ein, es sei ein "Fehler" beim Umgang mit den Unterlagen passiert: "Wir sind zuversichtlich, dass eine gründliche Überprüfung ergeben wird, dass diese Dokumente versehentlich verlegt wurden und dass der Präsident und seine Anwälte nach der Entdeckung dieses Fehlers sofort gehandelt haben."
Welche politische Bedeutung hat der Fall?
Das Kommunikationsverhalten Bidens und seines Umfelds könnte sich auf die politische Glaubwürdigkeit des Präsidenten auswirken. Laut Justizminister Garland hatte Bidens Team das Ministerium bereits am 20. Dezember über den Fund weiterer Verschlusssachen in der Garage in Wilmington informiert. Warum diese Entdeckung nicht bereits in der ersten öffentlichen Stellungnahme vor wenigen Tagen eigeninitiativ bestätigt wurde - sondern wieder erst als Reaktion auf Medienberichte -, dazu äußerte sich das Weiße Haus auf Nachfragen von Reportern nicht.
Den Vorwurf, verantwortungslos mit geheimen Regierungsunterlagen umzugehen, hatte Biden in der Vergangenheit seinem Amtsvorgänger Donald Trump gemacht. Den jüngsten Machtkampf bei den Republikanern im Repräsentantenhaus nannte der Demokrat "peinlich". Genau diese Attribute muss sich der Demokrat nun von der politischen Konkurrenz anhören.
Mit ihrer neuen Mehrheit im Repräsentantenhaus können die Republikaner nun parlamentarische Untersuchungen zu dem Fall anstoßen. Außerdem steht eine Ankündigung Bidens dazu aus, ob er bei der Präsidentenwahl 2024 für eine zweite Amtszeit antreten wird oder nicht.
Welche Parallelen gibt es zum Aktenfund bei Trump?
Im Sommer hatte das FBI Ex-Präsident Donald Trumps Anwesen in Florida durchsucht und dabei Tausende Dokumente beschlagnahmt, darunter rund 100 Verschlusssachen. Anders als bei Biden hatten Ermittler zuvor bereits vermutet, dass Trumps Team rechtswidrig wichtige Unterlagen zurückhalte. Konkrete Straftatbestände, die bei Trump im Raum stehen, sind Behinderung der Justiz, das Verlieren von Geheiminformationen und das Entfernen oder Zerstören offizieller Dokumente.
Alle Punkte können jeweils mit mehrjährigen Haftstrafen geahndet werden. In Trumps Fall hat ebenfalls ein Sonderermittler übernommen und prüft die Vorwürfe. Es ist aber auch hier völlig offen, ob Anklage gegen Trump erhoben werden könnte. Auch die Zahl der Dokumente dürfte sich unterscheiden, das Weiße Haus spricht beim Fall Biden von einer geringen Menge. Eine konkrete Angabe wird aber nicht gemacht.
Was genau soll der eingesetzte Sonderermittler tun?
Ein Sonderermittler ist im US-Rechtssystem ein Staatsanwalt, der eigens für die Untersuchung - oder eine mögliche strafrechtliche Verfolgung - eines Falls bestellt wird, in dem das Justizministerium sich als befangen sieht. Der Jurist Robert Hur soll die Untersuchungen zu Biden leiten. Der 50-Jährige arbeitete in der Vergangenheit für das Justizministerium. Er war später unter anderem Staatsanwalt im US-Bundesstaat Maryland und wurde für diese Position von Trump nominiert. Zuletzt arbeitete Hur als Anwalt für eine Kanzlei in Washington.
Mit Blick auf die Einsetzung des Sonderermittlers betonte Bidens Sprecherin Jean-Pierre, das Weiße Haus sei nicht vorab darüber informiert worden. Das Ministerium arbeite unabhängig.
Sind auch juristische Konsequenzen zu erwarten?
Grundsätzlich schon. Es ist aber unbekannt, welche konkreten Vorwürfe gegen Biden untersucht werden - und damit auch, ob es zu einer Anklage kommen könnte. Das dürfte davon abhängen, welchen Inhalt die Dokumente haben.
Mit Informationen der Nachrichtenagentur dpa