Überfüllter Raum einer Klinik im Sudan.

Machtkampf im Sudan Amnesty wirft Konfliktparteien Kriegsverbrechen vor

Stand: 03.08.2023 09:02 Uhr

Gezielte Angriffe auf Krankenhäuser und Kirchen, vorsätzliche Tötungen und Vergewaltigungen: Amnesty wirft den Konfliktparteien im Sudan Kriegsverbrechen vor. Die internationale Gemeinschaft müsse mehr helfen.

Amnesty International wirft den Konfliktparteien im Sudan zahlreiche Menschenrechtsverletzungen und sexualisierte Gewalt gegen Frauen und Mädchen vor. "Überall im Sudan" erlebe die Zivilbevölkerung "tagtäglich unvorstellbare Gräuel", weil die RSF-Miliz und die sudanesische Armee "rücksichtslos um territoriale Kontrolle" kämpften, erklärte die stellvertretende Generalsekretärin der Menschenrechtsorganisation in Deutschland, Julia Duchrow.

Vorsätzliche Angriffe auf Zivilisten

Laut einem Amnesty-Bericht sind einige der Gräueltaten als Kriegsverbrechen zu werten. Zivilisten gerieten regelmäßig ins Kreuzfeuer, da beide Seiten dicht besiedelte Wohngebiete mit Explosivwaffen angriffen, erklärte Amnesty. Zahlreiche Menschen seien an Orten verletzt oder getötet worden, an denen sie Schutz gesucht hätten, etwa in Frauenschlafsälen einer Universität in Darfur. Zivilisten würden auch vorsätzlich angegriffen oder getötet.

"Meist geben Überlebende (...) an, dass Angehörige der paramilitärischen RSF für diese gezielten Angriffe verantwortlich waren", heißt es in dem Bericht der Menschenrechtsorganisation. Teilweise richte sich die Gewalt gegen bestimmte ethnische Gruppen. "In einigen Fällen wurden Frauen und Mädchen tagelang unter Bedingungen festgehalten, die sexueller Sklaverei gleichkommen", heißt es weiter.

Im ganzen Land seien zahlreiche medizinische und humanitäre Einrichtungen beschädigt oder zerstört worden, wodurch die Zivilbevölkerung keinen Zugang zu Nahrungsmitteln und Medikamenten mehr habe. In den meisten der dokumentierten Fälle seien Kämpfer der RSF-Miliz verantwortlich. 

Für den Bericht befragte die Organisation nach eigenen Angaben mehr als 180 Menschen, darunter fast 60 Überlebende und Zeugen von Gewalttaten.

Mehr humanitäre Unterstützung gefordert

"Die internationale Gemeinschaft sollte dem Sudan erheblich mehr humanitäre Unterstützung zukommen lassen. Die Nachbarstaaten müssen ihre Grenzen für Schutz suchende Zivilpersonen öffnen", forderte Duchrow weiter. Der UN-Menschenrechtsrat solle zudem einen unabhängigen Untersuchungs- und Rechenschaftsmechanismus für den Sudan einrichten. 

Im Sudan liefern sich die Armee von Militärmachthaber Abdel Fattah al-Burhan und die RSF-Miliz seines früheren Stellvertreters Mohamed Hamdan Daglo seit Mitte April einen blutigen Machtkampf. Mindestens 3900 Todesopfer wurden seit Beginn der Kämpfe gezählt, die tatsächliche Opferzahl dürfte aber weit größer sein.

Fast vier Millionen Menschen wurden nach UN-Angaben in die Flucht getrieben. Ein Großteil der Kämpfe erschütterte dicht besiedelte Stadtviertel der Hauptstadt Khartum. Zu massiver Gewalt kam es auch in der Region Darfur.