Baumstämme und Steine liegen im Guldenbach.

Klimawandel Was tun, damit Bäche nicht austrocknen?

Stand: 26.08.2022 06:36 Uhr

Austrocknende Bäche sind ein zunehmendes Problem in Deutschland. Sie sind auch eine Gefahr für Tiere, die in den Gewässern leben. Was lässt sich dagegen tun?

Massenhaft verendete Forellen, Elritze und Gründlinge wurden vor zwei Wochen im vertrockneten Bachbett des Gräfenbachs entdeckt. Diesen Anblick werden sie in der kleinen Gemeinde Gutenberg in der Nähe von Bad Kreuznach so schnell nicht mehr vergessen.

"Es hat blankes Entsetzen ausgelöst", erzählt Jens Wichmann vom Angelsportverein Bad Kreuznach. Verantwortlich dafür, dass dem Gräfenbach an manchen Stellen komplett das Wasser ausging, seien nicht nur Trockenheit und Hitze, sondern auch Anlieger, die für ihre Privatgärten illegal Wasser absaugten, kritisiert Wichmann. Dieses Abpumpen hatte die ohnehin angespannte Wassersituation des Bachs verschlimmert.

Hans Jürgen Hahn

Hans Jürgen Hahn von der Universität Koblenz-Landau warnt vor verheerenden Folgen fürs Ökosystem.

Bäche, die zu Rinnsalen werden

Bäche, die zu Rinnsalen werden oder ganz verschwinden, sind ein Phänomen, das nach Experteneinschätzung in Deutschland zunimmt. "Das liegt an fehlenden Niederschlägen, aber auch niedrigen Grundwasserständen, aus beidem speisen sich Bäche", erklärt Hans Jürgen Hahn von der Universität Koblenz-Landau. Es gebe mehrere Regionen in Deutschland wie zum Beispiel den Oberrheingraben, Mittelfranken oder Brandenburg, in denen das kritische Ausmaße annehme.

Dort bekommen Gewässer weder von oben noch aus der Tiefe genügend Wasser als Nachschub. Zum einen weil es dort zu wenig regnet, außerdem entsteht dort als Folge des Klimawandels zunehmend weniger Grundwasser. Ist der Stand des Grundwassers zu niedrig, könne es eben nicht mehr in die Bäche drücken und diese mit ausreichend Wasser versorgen.

"Keine Einzelfälle"

"Das sind keine Einzelfälle, sondern wegen des Klimawandels ist damit zu rechnen, dass versiegende Gewässer künftig immer häufiger auftreten", warnt Gewässerökologe Hahn. Mit verheerenden Folgen fürs Ökosystem. Denn je weniger Wasser, desto bedrohlicher würden die Bedingungen für die Lebewesen: "Durch die Kombination aus Hitze und Sauerstoffmangel im Wasser droht den Tieren dort der Erstickungstod."

Angelsportler in Sorge

Wenige Kilometer entfernt von der Gemeinde Gutenberg in Guldental fließt der Guldenbach. Auch hier ist die Lage angespannt. Der Wasserstand liegt in diesen Tagen an vielen Stellen bei ein bis zwei Zentimetern, normal sind 20 Zentimeter. Natürlich kennen sie hier die schrecklichen Bilder der verendeten Fische im Gräfenbach. Deshalb kontrollieren Mitglieder des Angelsportvereins Guldental regelmäßig die Wassertemperatur.

Warmes Wasser

21 Grad lesen Dennis Höning und Jürgen Hess vom Thermometer ab, das sie an einer Stelle in den Guldenbach tauchen, an der aktuell viele Jungfische schwimmen. "Zum Glück ist die Temperatur nicht weiter gestiegen", gibt sich Höning erleichtert. "Das ist zwar bei der Temperatur schon Stress für die Forellen und Lachse, die wir hier im Bach haben. Aber bei 24 Grad ist Schluss, da ist das Ökosystem hinüber", sagt Hess.

Natürliche Schleifen

Die Angelsportler sind in Sorge um den Guldenbach, doch gleichzeitig sind sie überzeugt, es könnte noch viel schlimmer um ihn stehen. Sie verweisen auf die positiven Auswirkungen jahrelanger Renaturierungsbemühungen ihres Vereins. So hat der Angelsportverein in einigen Bereichen die Uferverbauung, nämlich Flussbausteine und Mauerwerk, entfernt, damit der Bach wieder seinen ursprünglichen Verlauf nehmen kann. Der Bachlauf kann in diesem Bereich wieder natürliche Schleifen bilden.

Im Bachbett selbst finden sich stellenweise auch wieder tiefe Senken, in denen sich kühleres Wasser sammelt, das den Fischen als Rückzugsort dient. "Das sind tiefere Bereiche, mit 1,50 bis zwei Metern Tiefe. Und da können sich die Fische und die Lebewesen sehr schön hin zurückziehen."

Fördergelder für die Renaturierung

Jürgen Hess erklärt die erfolgreichen Renaturierungsmaßnahmen, die unter anderem durch Fördergelder finanziert wurden, und zeigt auf den Guldenbach: "Die Bachforellen sind gerade im Moment unter den Wurzeln versteckt, das heißt, die suchen da das kühle Versteck." Der Angelsportverein Guldental hat außerdem immer wieder Bäume in Ufernähe nachgepflanzt. Die sorgen für Beschattung des Bachlaufs und dämpfen so die Erhitzung des Wassers.

Nach Einschätzung von Hahn haben solche Maßnahmen Vorbildcharakter, der Gewässerökologe von der Universität Koblenz-Landau fordert hier grundsätzlich mehr Einsatz von der Politik. Für den Forscher steht fest: Maßnahmen nur in unmittelbarer Gewässernähe reichten nicht aus.

Weitere Maßnahmen geplant

"Wir müssen insgesamt mehr Wasser in der Fläche, also überall in der Landschaft halten, das macht sich dann auch beim Wasserstand in Flüssen und Bächen positiv bemerkbar, die davon profitieren." Dafür müsste die Landschaft insgesamt reökologisiert werden, erklärt Hahn, beispielsweise durch die Pflanzung von mehr Hecken und Bäumen, aber auch die Anlage von Regenrückhaltebecken und die Flächenentsiegelung in Städten.

In Guldental plant der Angelsportverein für diesen Herbst weitere Renaturierungsmaßnahmen. Auch hier braucht es außerdem mehr Rücksicht der Bach-Anwohner. Denn auch im Guldenbach wurden Schläuche und Pumpen entdeckt, mit denen Anwohner ihre Gärten bewässerten.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 23. August 2022 um 18:40 Uhr.